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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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dieser ganzen Schlägertypen am Flughafen zur Folge haben würde. Der MI 6 war sehr daran interessiert, sie sicher nach London zurückzubringen, sodass sie sich in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen brauchte. Sokolow stand jedoch auf einem anderen Blatt. Der MI 6 wusste noch nicht, wie sie nach Kinmen gekommen war. Sie wussten nichts von ihrem Reisegefährten. Jetzt, wo sie es auf taiwanesischen Boden geschafft hatte, war er – um trockenes britisches Understatement zu benutzen – unbequem. Aber wenn sie ihn hier im Stich ließe – was nicht schwer wäre –, würde sie den Rest ihres Lebens damit verbringen müssen, Spiegel zu meiden.
    Wenn sie sich noch in der guten alten Zeit des Kalten Krieges befunden hätten und Sokolow ein möglicher Überläufer gewesen wäre, der hinter dem Eisernen Vorhang feststeckte, hätten sie vielleicht irgendetwas eingefädelt, um ihn in den Westen hinauszuschmuggeln und ihm ein neues Leben aufzubauen. Im Tausch hätte er sie mit unbezahlbaren militärischen Informationen versorgt. Doch von dem wenigen, was sie hatte in Erfahrung bringen können, wusste sie, dass Sokolow seine Zeit zwischen Toronto, London und Paris teilte. Und in seinem Kopf war ziemlich wenig, was der MI 6 nicht ohnehin schon wusste.
    »Meng Anlan?«
    Der Sprecher war Chinese oder sah zumindest chinesisch aus: ein kräftiger Mann in den Fünfzigern mit getönter Brille und dem grellbunten Hemd eines Touristen, der sich nicht darum scherte, dass jeder gleich den Touristen in ihm erkannte. Er hatte sie durch diese getönten Gläser gemustert.
    Sie sah ihn nur an. Wenn er schon fragen musste …
    »Kann ich mich Ihnen anschließen?«, fragte er. Oder besser, schrie er, da sie zwei Meter von einem dieser Trennschleifer entfernt standen.
    Wie es aussah, würde die Unterhaltung in einem mit Fujianesisch durchsetzten Mandarin geführt werden. Ganz in ihrem Sinn.
    Sie nahm seinen Schritt auf, und dann begannen sie, sich immer weiter hinter die Hauptgruppe zurückfallen zu lassen. Er hängte sich eine Tasche über die Schulter. Sie hoffte, dass sie voll mit Essbarem war. Jetzt war jedoch nicht der richtige Zeitpunkt zu fragen.
    Sei’s drum. »Haben Sie irgendwas – einen Schokoriegel, eine Tüte Erdnüsse.« Es war ihr zwar gelungen, unterwegs Wasser zu kaufen, aber gegessen hatte sie seit fast vierundzwanzig Stunden nichts.
    »Verzeihen Sie«, sagte er auf Englisch, während er in seiner Tasche wühlte. Das Beste, was er zu bieten hatte, war eine Tüte Mandeln.
    Während sie sich die in den Mund stopfte, sagte er: »Ziemliches Theater.« Sein Akzent verriet ihr, dass er in England aufgewachsen war.
    »Ich kann mir denken, dass eine Menge Leute ziemlich wütend sind«, sagte sie. »Können wir das später besprechen?«
    »Hunger macht Sie reizbar.«
    »Es ist nicht der Hunger. Es ist der Zustand, nicht zu wissen, was als Nächstes passiert.«
    »Ihnen geht es gut«, sagte er. »Sie sind in Sicherheit. Sie fliegen nach Hause. Allerdings muss das mit dem angemessenen Respekt vor den Gefühlen dieser Leute passieren.« Er nickte zum Festland hinüber, das sie von hier aus nicht sehen konnten, das aber psychologisch gesehen über allem hing. »Sie beobachten die Fähren. Die Terminals. Wenn Sie einfach in ein Flugzeug schlendern und nach Taipeh fliegen würden, wäre das für diese Leute, als würden Sie … «
    »Es ihnen unter die Nase reiben.«
    »Anscheinend gab es eine Menge Leichen.«
    »Vier, um genau zu sein.«
    » In Ihrer Wohnung , ja. Da ist aber auch noch die Sache mit dem Wohnblock – oder hatten Sie das vergessen?«
    »Ich erinnere mich gut daran.«
    »Was in Gottes Namen ist denn da passiert?«
    »Lange Geschichte. Nicht der Ort dafür.«
    »Einverstanden«, sagte der Mann.
    »Entschuldigen Sie, wenn ich mich zu sehr auf praktische Fragen konzentriere«, sagte sie, »aber wie komme ich in ein Flugzeug, ohne den Eindruck zu erwecken, ich ›schlenderte einfach‹ hinein?«
    »Einen falschen Namen benutzen. Ihr Aussehen ändern. Und mit mir reisen.«
    »Glauben Sie, das wird sie täuschen?«
    »Das glaube ich tatsächlich«, sagte er, »aber selbst wenn es das nicht tut, der Sinn besteht darin …«
    »Angemessenen Respekt vor ihren Gefühlen zu zeigen.«
    »Ja.« Der Mann – irgendwie hatten sie es versäumt, sich förmlich vorzustellen – trat näher an sie heran und hängte ihr die Tasche über die Schulter. »Kleidung«, sagte er. »Geld. Britischer Pass. Nicht auf Ihren Namen, natürlich. Ein wahres

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