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perplex, dann begriff sie, was er meinte. Sie griff in ihre Tasche und zog ihren chinesischen Pass hervor. Ihren Millionen Pfund schweren Meng-Anlan-Pass. Der Mann nahm ihn entgegen und schnippte ihn aus dem Handgelenk heraus dem Ofen in den Schlund. Noch ehe er die Kohlen berührte, ging er in Flammen auf und war innerhalb kürzester Zeit von ihnen verzehrt.
»Leben Sie wohl, Meng Anlan«, sagte er. »Guten Tag, wie immer der Name auf dem Pass in dieser Tasche lautet. Ich habe ihn bereits vergessen.«
»Natürlich freut es mich, dass Sie mich, wer immer ich jetzt bin, außer Landes bringen können«, sagte Olivia. »Ich bin aber nicht geneigt, zu gehen, ehe ich nicht weiß, was aus Mr. Y wird. Ich weiß, dass Sie ihm keinen Pass besorgen können. Aber gibt es nicht einen Weg …«
Der Mann nickte. »Doch, wir haben sogar einen Notplan.«
»Wirklich?«
»Ja. In solchen Dingen sind wir gut. Er hat viel mehr von der alten Schule. Aus dem Kalten Krieg. Ihrem Freund wird er gefallen?«
»Kleinst-U-Boot?«
»Noch ältere Schule. Es gibt ein Containerschiff«, sagte er. »Von der nördlichen Küste der Insel aus können Sie es sogar sehen. Liegt vor Anker. In Panama registriert. Besatzung Filipinos. In taiwanesischem Besitz. Hat in Xunjianggang Fracht aufgenommen. Legt in ein paar Stunden ab in Richtung Hafen von Long Beach. Wir hatten gehofft, wir könnten etwas nach Sydney bekommen – was schneller gewesen wäre –, aber es ist wichtiger, Sie und Ihre fantastisch mörderische Begleitung heute hier rauszubringen, bevor die Chinesen noch wütender werden können, als sie es schon sind. Nun ist es eben Long Beach. Die Großkreisroute braucht etwa zwei Wochen.«
»Wie stellen wir das an?«
»Er wird gleich nach Einbruch der Dunkelheit bei dem Schiff ankommen müssen. Das ist etwas, was Sie selbst arrangieren müssen, vorzugsweise ohne den Hafenbereich vorher mit Leichen zu übersäen. Wenn das Schiff aus der Meerenge Xunjianggang hinausfährt und gerade anfängt, Geschwindigkeit aufzunehmen, sollte es möglich sein, längsseits zu fahren und an Bord zu gehen. Solange Sie außer Sicht bleiben, sollte es gelingen.«
»Außer Sicht bleiben? Ist das Ihr Ernst?«
»Vom Festland aus. Fahren Sie an seine Steuerbordseite.«
»Und sie werden darauf vorbereitet sein?«
»Das sollten sie besser«, sagte er, »wenn man bedenkt, was wir ihnen dafür gezahlt haben.«
Die restlichen Stunden der Dunkelheit verbrachten sie damit, sich mit den physikalischen Gegebenheiten des Schiffs vertraut zu machen, was angesichts der Tatsache, dass sie alle jetzt vierundzwanzig Stunden am Stück wach gewesen waren, auch nicht gerade leicht war.
Mohammeds Leiche musste beseitigt werden. Das bedeutete, sie über Bord zu werfen, was ihnen, ganz unabhängig von dem Präzedenzfall mit Osama bin Laden, grausam und schändlich vorkam. Eine Zeitlang versuchten sie, der Angelegenheit auszuweichen, aber es kam für sie einfach nicht in Frage, die Brücke mit einem Toten zu teilen. Also ging Csongor nach einigem Zögern und Zaudern etwas suchen, was sie nicht anderweitig brauchen konnten und was dicht und schwer genug war, um die Leiche auf den Meeresgrund zu ziehen, aber wiederum nicht so schwer, dass sie es nicht hätten bewegen können. Schließlich entschied er sich für einen schwarzen Kasten, der mit 7,62-Millimeter-Patronen gefüllt war, von denen einige im Frachtraum verstreut waren. Den legte er auf Mohammeds Unterschenkel und hielt sie hoch, während Yuxia alles zusammen mit überschüssiger Palettenfolie umwickelte, dann zog er Mohammed aus der Brücke hinaus und hievte ihn auf die Reling. Dort balancierte die Leiche für einen Moment. Csongor fand es eigentlich angebracht, etwas zu sagen. Er merkte jedoch, dass es nichts gab, wovon er mit Sicherheit wusste, dass Mohammed und seine Leute es nicht für zutiefst gotteslästerlich gehalten hätten. So ließ er den Körper vollends über die Reling kippen. Die Schrumpffolie schien zu halten, und die Leiche verschwand.
Mit Eimern voll Meerwasser, die sie an einem Seil hochhievten, spritzten sie den Stahlboden der Brücke ab, bis er nicht mehr blutig war. Da sie sich auf dem Schiff allmählich immer besser auskannten, fanden sie auch Scheuerbürsten und Putzmittel und machten dem Raum jetzt noch gründlicher sauber, wobei sie auch von einigen senkrechten Flächen der Brücke Blutspritzer und Fingerspuren abschrubbten. Marlon zog das zerstörte Funkgerät aus seiner Halterung und ließ es, das
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