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Luft aus der Lunge.
»Wie fühlt sich’s an, tot zu sein, Miststück?«, fragte er sie.
Ihr blieb nur eine Möglichkeit, was ihr die Entscheidung sehr erleichterte.
Sie winkelte den Arm an, führte die rechte Hand nach hinten zu ihrer linken Schulter, tastete sich ein paar Zentimeter nach oben, fand die Griffe der Messer, packte das große. Zakirs Gewicht klemmte es fest, aber sie riss es mit einer krampfhaften Bewegung los. Dann kehrte sie die Bewegung ohne innezuhalten um und stieß, auf den Klang seiner Stimme zielend, gerade nach hinten.
Er stieß einen würgenden Schrei aus und wälzte sich von ihr. Sie spürte, wie sich der Messergriff in ihrer Hand mit seiner Bewegung drehte. Sie hielt es fest gepackt, riss es heraus, spürte Blut spritzen. Mit beiden Armen stemmte sie sich auf Hände und Knie, dann wälzte sie sich von ihm weg und hockte schließlich auf den Fersen.
Zakir kniete, beide Hände vor den Mund geschlagen, auf dem Boden. Seine Unterarme färbten sich rot. Blut begann von einem Ellbogen zu tropfen, dann vom anderen.
Sie hörte einen Ausruf. Nicht von Zakir, der seiner Sprachfähigkeit beraubt war. Im Aufblicken sah sie Sayed, der, die Flinte schlaff in den Händen, nur drei Meter entfert in seinen Crocs dastand und Zakir entsetzt anstarrte.
Sie befand sich nun eindeutig in Reichweite der Waffe. Sie saß auf dem Boden, von dem Rucksack behindert, der halb so viel wog wie sie selbst.
Zum ersten Mal seit einer ganzen Weile hatte sie keine besondere Idee, was sie jetzt tun sollte. Sie hatte es satt, sich ständig etwas einfallen lassen zu müssen.
Sie und Sayed starrten einander einige Momente lang an. Sein Blick fiel auf ihre Hand, und er sah das blutige Messer.
Wahrscheinlich wollte er Zakir zu Hilfe kommen, der nach hinten gegen einen Baum sank und immer mehr zusammensackte, während Blut und Atem aus ihm herausströmten. Aber er wollte nicht in Reichweite des Messers gelangen. Eigentlich müsste er sie einfach mit der Flinte wegblasen. Aber das brachte er nicht fertig.
Es war also eine Pattsituation.
Irgendetwas zuckte hinter ihm durch die Luft. Ganz ähnlich wie ein Vogel, nur dass es ungefähr so viel wog wie Zula. Aber die Art der Bewegung – eine seltsame, fast übernatürliche Kombination von Geschwindigkeit und Geräuschlosigkeit – war der eines Vogels ähnlich.
Sayed stürzte aufs Gesicht wie von einem Auto angefahren. Die Flinte flog ihm aus dem Händen und sprang und kullerte über den Boden auf Zula zu.
Sie war so von diesem einen Detail in Anspruch genommen, dass sie nichts anderes sah, bis sie die Arme von den Tragriemen des Rucksacks befreit hatte und sich nach vorn warf, um die Waffe aus der dicken Schicht aus alten, braunen Kiefernadeln und Laub zu wühlen, in der sie gelandet war.
Dann blickte sie auf und starrte in das goldene Gesicht einer riesigen Katze, die sie aus knapp zwei Metern Entfernung betrachtete. Das Tier hatte Blut an den Fangzähnen. Es hatte beide Vorderpfoten auf Sayeds Rücken gestellt; jede seiner Krallen saß in einem größer werdenden Blutfleck. Das meiste Blut aber kam von Sayeds Nacken, der zerfleischt worden war; das Tier hatte ihn mit einem gewaltigen Satz angefallen und im gleichen Augenblick die Halswirbelsäule durchgebissen.
Ihr fiel ein, dass sie eine Flinte in der Hand hatte. Sie richtete sie auf den Puma. Denn ihr Verstand hatte mit einiger Verzögerung auf Tierbestimmungsmodus umgeschaltet und das Tier als solchen identifiziert. Ohne Zweifel derselbe, der vergangene Nacht um das Lager geschlichen war und vorhin die Waschbären gejagt hatte. Sie fragte sich, ob Sayed die Geistesgegenwart besessen hatte, die Flinte durchzuladen und zu entsichern. Sie zog den Vorderschaft ein kleines Stück zurück, sah den gelben Schimmer einer Schrotpatrone im Patronenlager, verschloss es wieder. Blickte wieder zu dem Puma auf. Fand mit dem Daumen den Sicherungshebel, sah mit einem kurzen Blick, dass er auf »Gesichert« stand und drückte ihn nach oben, bis ein roter Punkt sichtbar wurde. Rot, du bist tot. Blickte erneut zu dem Puma auf. Er machte keine Anstalten, sie anzugreifen, betrachtete sie jedoch aufmerksam, knurrte und ließ deutlich erkennen, dass sie nicht erwünscht war.
Er bewachte seine Beute.
Die auf den Puma gerichtete Flinte in der rechten Hand behaltend, ging sie in die Hocke, schob den linken Arm unter einen Tragriemen des Rucksacks und hievte sich die Last auf den Rücken. Das irritierte den Puma, der mit kurzem
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