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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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von Dschihadisten entsprachen. Derjenige, der vorneweg ging, war stämmig und hatte eine Maschinenpistole über der Schulter hängen. Derjenige, der zurückhing, war drahtig und hatte ein längeres Gewehr quer über dem Rücken hängen. Ein Scharfschütze.
    »Die Nachhut«, sagte Chet. »Sie versuchen, die Hauptgruppe einzuholen.« Er kicherte und hustete feucht. Richard hatte eine ziemlich gute Vorstellung davon, was er aushustete, und vermied es deshalb hinzusehen. Chet fuhr fort: »Sie sind so darauf konzentriert, die anderen einzuholen, dass sie sich nicht die Mühe gemacht haben, mal hinter sich zu schauen.«
    Richard nahm überrascht das Fernglas vom Gesicht, und seine alternden Augen hatten Mühe, sich auf Chet zu konzentrieren. Chet nickte ihm zu und warf vielsagende Blicke nach oben. Er hatte sich einen dünnen Blutschleier aufs Kinn gehustet, wo er in den grauen Bartstoppeln hängen geblieben war. Richard fand die Dschihadisten wieder und suchte dann weiter oben den Hang ab, bis er etwas sah, das sich bewegte. Schwer auszumachen, weil seine Färbung sich optisch dem gelbbraunen Ton des verwitterten Gesteins anglich. Mit einer Bewegung wie ein Tropfen Glyzerin rann es gleichsam von einem Felsblock zum nächsten. Den Blick fest auf dieses Ziel gerichtet, hob er das Fernglas vor die Augen. Nach kurzem Suchen hatte er das Ding gefunden und erkannte es deutlich als Berglöwen, der sich von der Kammlinie aus hangabwärts bewegte. Im Licht der aufgehenden Sonne leuchteten seine Augen wie Phosphor. Diese Augen waren auf die beiden Männer gerichtet, die sich unterhalb von ihm den Hang hinunterkämpften.
    »Ach du Scheiße«, sagte Richard. Chet bekam einen weiteren Lach- und Hustenanfall. »Diese Typen sind so was von fehl am Platz. Hoffen wir, dass der Bursche sie bald einholt.«
    »Das hat er schon«, antwortete Chet. »Zula hat mir erzählt, dass er schon einen von ihren Nachzüglern erledigt hat.«
    »Ha. Ein Menschenfresser.«
    »Sie haben Angst vor Menschen. Lass sie in Ruhe, dann lassen sie dich auch in Ruhe«, sagte Chet in spöttischer Nachahmung dessen, was ein frömmelnder Ökofreak sagen würde. In dieser Gegend kam es ständig zu Angriffen von Pumas auf Menschen, und die hartnäckige Weigerung von Naturliebhabern zu akzeptieren, dass es in den Augen eines Raubtiers keinen Unterschied zwischen Menschen und anderen Formen von Fleisch gab, war in der Bar des Schlosses zum Gegenstand bitterer Heiterkeit geworden.
    Darin sah Richard nun eine Gelegenheit. »Tja, Scheiße, Chet, damit ist die Sache entschieden. Ich kann dich nicht einfach hierlassen. Das Biest hat dich wahrscheinlich schon gerochen.«
    »Stinke ich so übel?«
    »Du weißt, was ich meine. Ich kann dich nicht einfach wehrlos hier liegen lassen. Wenn dich die Dschihadisten nicht kriegen, dann kriegt dich der Berglöwe.«
    »Ich bin nicht wehrlos«, sagte Chet. Er zog den Reißverschluss seiner Motorradjacke herunter, die aufklaffte, sodass sich ein grausiges, absonderliches Bild bot. Chets unterstes Kleidungsstück war ein Thermounterhemd, das an einer Seite vollständig mit Blut durchtränkt und – entweder von einem Verband oder von einer Schwellung – klumpig war. Darüber hatte er seine Lederjacke angezogen. Aber zwischen diesen beiden Schichten hatte er sich einen großen Gegenstand an der Brust befestigt: eine dicke, leicht konvexe Metallplatte, die mit einem wirren, unregelmäßigen Kreuzundquer aus Fallschirmschnur an seinem Oberkörper und um seinen Hals festgebunden war. In die Platte waren auf kyrillisch Worte eingestanzt.
    »Ich glaube, da steht so was wie ›Diese Seite in Richtung Feind‹«, sagte Chet. Dann, als er Richards noch immer verständnislose Miene sah, fügte er hinzu: »Das ist eine russische Antipersonenmine.«
    Richard brachte einige Augenblicke lang kein Wort heraus.
    »Wenn die das können«, sagte Chet, »kann ich es auch.«
    »Du meinst, dich selber in die Luft jagen?«
    »Ja.«
    »Ich habe dich eigentlich nie als Selbstmordattentäter gesehen.«
    »Das ist kein Selbstmord«, sagte Chet, »wenn man schon tot ist.«
    Darauf fiel Richard keine Antwort ein.
    »Hör zu«, sagte Chet. »Es wird Zeit, dass du von hier verschwindest. Du bist schon in Reichweite von dem Typen mit dem Gewehr. Dein Längengrad ist noch nicht zu Ende, du hast noch ein ganzes Stück in Richtung Süden vor dir. Ich, ich krümme mich schon auf den Pol zu. Ich kann ihn schon sehen. Die Typen da oben, die werden zur gleichen Zeit dort

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