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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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ehe sie einen Blick zurück riskierte. Die Baumgrenze war nicht mehr zu sehen. Sie experimentierte damit, sich aus der Hocke zu erheben, und sah sie langsam wieder über dem Horizont auftauchen, dann zog sie den Kopf ein, bevor irgendwer auf sie zielen und abdrücken konnte. Sie rannte nun in vorgebeugter Haltung auf das wild geschwenkte T-Shirt zu und legte weitere zweihundert Meter zurück, ehe sie wieder zurückblickte. Sie konnte jetzt ganz aufrecht stehen, ohne sich zu exponieren. Außer Atem und zerschrammt, während die kalte Luft mit jedem Atemzug einen Eispickel in die Wurzel ihres ausgeschlagenen Zahns trieb, erlaubte sie sich, das letzte Stück in raschem Gehschritt hinter sich zu bringen und kam schließlich bis auf Gesprächsdistanz an die T-Shirt-Schwenkerin heran.
    Sie hatte auf vollkommen irrationale Weise gehofft, es wäre vielleicht Qian Yuxia, aber schon aus hundert Metern erkannt, dass das nicht der Fall war. Die Stimme, die sie nun begrüßte, sprach mit englischem Akzent. »Sie sind Zula?«
    Zula, die ihrer eigenen Stimme nicht traute, nickte bloß und zog eine Grimasse. Die Engländerin kam ihr entgegen und gab ihr am Fuß des Felsens die Hand. »Ich heiße Olivia. Das mit Ihrer Lippe tut mir ja so leid; ist es so schmerzhaft, wie es aussieht?«
    Zula verdrehte die Augen und nickte.
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, wir hätten einen Krankenwagen – einen Hubschrauber – irgendwas –, aber das ist leider nicht der Fall. Uns steht ein ziemlicher Fußmarsch bevor. Fühlen Sie sich dem gewachsen?«
    »Wer ist ›wir‹?«
    »Den Mann da oben«, sagte Olivia und richtete den Blick kurz auf den oberen Rand des Felsens, »kennen Sie, glaube ich, schon. Er heißt Sokolow.«
    »Irgendwer muss ihm mal einen Vornamen besorgen«, lispelte Zula.
    »Ich weiß, es ist ein bisschen grob, ihn ständig so zu nennen.«
    »Was zum Teufel macht Sokolow hier? Vom Offensichtlichen mal abgesehen, meine ich.«
    »Ich glaube, er hat das Gefühl, dass er Ihnen etwas schuldet.«
    »Das könnte man sagen.« Zula überließ nun Olivia die Führung, während sie an der Seite der großen Felszunge entlang nach oben kletterten. Der Hang war hier wieder steil geworden, und Zula konnte im Geröll die Spuren sehen, wo Olivia heruntergerutscht war.
    »Gleich kommt eine Stelle«, sagte Olivia und zeigte hangaufwärts, »wo wir den Kopf einziehen müssen. Die Burschen da unten können uns sonst wieder sehen.«
    Zula blickte zurück und nickte.
    »Er hat nicht damit gerechnet, dass die Sache so aus dem Ruder läuft«, sagte Olivia und kehrte damit zum Thema Sokolow zurück. »Er hat ein Auge auf Sie gehabt. Wollte nicht, dass Ihnen etwas zustößt.«
    »Gemerkt habe ich das irgendwie schon, aber es war schwer zu sagen.«
    »Dann, fürchte ich, als Jones ins Spiel kam, hat unser guter Sokolow das Ganze sehr persönlich genommen. Mit anderen Worten, ich glaube nicht, dass es noch um Sie geht.«
    »Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass es nicht mehr um mich geht.«
    »Na schön, sind Sie dann so weit?«
    »Ich denke schon«, sagte Zula, obwohl sie in Wirklichkeit kaum erschöpfter hätte sein können.
    »Gleich haben wir es geschafft.« Und Olivia begann die Füße ins Geröll zu wühlen und löste damit kleine Lawinen aus, über die Zula hinweghüpfen musste. Wahrscheinlich kamen sie auf diesem letzten Stück nicht so behände und schnell voran, wie Olivia es dargestellt hatte, und Zula riskierte, als sie an einer Stelle kurz feststeckte, einen Blick zurück und überzeugte sich, dass sie nun wieder von der Baumgrenze aus zu sehen waren. Aber die Entfernung war so groß, dass ein Schuss ohne Zielfernrohr unmöglich gewesen wäre, und die Schützen unten schienen von Sokolows Taktik, mit Hochgeschwindigkeitsgeschossen auf ihr Mündungsfeuer zu halten, gründlich demoralisiert worden zu sein. Als Zula das nächste Mal zurückblickte, konnte sie nur noch Steine sehen, und dann kletterten sie und Olivia ohne viel Mühe eine kleine Rinne hinauf und kamen auf der breiten und weitgehend flachen Oberseite der riesigen Felszunge heraus.
    Bis jetzt hatte Zula nur eine vage Vorstellung davon gehabt, wo genau auf der Landkarte sie sich eigentlich befand, aber das war in Ordnung gewesen, weil sie ohnehin nicht viel Muße gehabt hatte, sich über die Gesamtstrategie Gedanken zu machen. Von hier aus jedoch wurde das Ganze deutlich. Abandon Mountain lag in ihrem Rücken. Nach vorn über das Gelände, das sie gerade hinaufgestiegen war,

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