Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
Vom Netzwerk:
wieder unvollkommen und fehlerhaft zurück;blieb. Das war der Grund, warum Unsterbliche andere töteten, um an ihre Macht zu kommen. Das verstand ich jetzt. Natürlich wollte jeder mehr von diesem Gefühl haben, wollte, dass es stärker war und dass es länger anhielt. Wenn ich wirklich eine Terävä war, würde ich River jetzt soforttöten und ihre Macht für mich beanspruchen.
    Ich blinzelte und holte geschockt Luft, entsetzt von meinen schrecklichen Gedanken. Aber du wirst River nicht töten, dachte ich hastig. Das würdest du niemals tun. Nie im Leben. Du bist nicht nur schlecht. Du bist nicht jemand, der so etwas tun könnte. Das weißt du.
    Ich bekam kaum mit, wie River die Kerze auspustete. »Jeder ist es wert, gerettet zu werden«, sagte sie leise und ohne mich anzusehen. Ihre schmalen Hände lagen leicht auf ihren Knien. Mein Hintern war fast am Boden festgefroren und mein Rücken und meine Beine taten weh. Also, in Zukunft kam Magie für mich nur noch in einer Jogginghose und auf einem Wasserbett infrage. Auf kalte Fußböden konnte ich gern verzichten.
    »Du hast mal gesagt, dass du früher dunkel warst. War es das, was du damit meintest? Dass deine Familie mit Sklaven gehandelt hat?«, fragte ich.
    River lachte kurz und bitter auf, was mich stutzen ließ. So etwas hatte ich von ihr noch nie gehört. »Ja, das war ein Teil davon. Aber leider war es nicht der dunkelste Teil meiner Geschichte. Der Sklavenhandel war schlimm, wirklich schlimm, und er hat mein Karma im Klo runtergespült. Aber meine Vergangenheit war noch viel schlimmer als das. «

    Das zu glauben, fiel mir schwer, aber in meiner Erinnerung sah ich die junge und hübsche Diavola, die ohne Skrupel Familien auseinanderriss und Menschen in eine ungewisse Zukunft bei grausamen Sklavenhaltern schickte.
    »Damit wollte ich dir zeigen, dass jeder es wert ist, gerettet werden«, sagte sie energischer. »Wenn ich das nicht glauben würde, hätte ich das Ganze schon längst beendet.«
    Ich nickte, als wir aufstanden, ich mir das Heu von der Jeans klopfte und ein wenig mit dem Hintern wackelte, um die Durchblutung wieder in Gang zu bringen. »Ja, ich verstehe natürlich, dass der Sklavenhandel nicht richtig war.
    Aber damals gab es überall Sklaven. Die Gesellschaft hat das als normal angesehen. Zu jener Zeit hat es niemand verwerf;lich gefunden, dass du in diesem Geschäft warst.«
    Sie sah mich nachdenklich an. »Du meinst, dann war es nicht böse, sondern ganz okay?«
    »Ich denke, es war weniger böse«, antwortete ich ehrlich. »Man wird schließlich von der Gesellschaft geformt.« Ich brachte noch ein Zitat an, das ich mal irgendwo gehört hatte: »>Nichts ist gut oder schlecht, nur die Gedanken machen es dazu.<«
    »Hm«, machte River. »Das wäre ein interessantes Diskussions;thema fürs Abendessen. Wenn du also findest, dass die Gesellschaft entscheidet, wie schlecht etwas ist, würdest du dann auch sagen, dass Reyns Raubzüge und Plünderungen nicht so schlimm waren, weil das damals so üblich war?« Ich starrte sie an. Sie hatte mich wirklich geschickt mit meinen eigenen Waffen geschlagen. Ich suchte in ihrem Blick nach Gehässigkeit oder Triumph, aber ich fand nur Wärme und Mitgefühl.
    Ich brachte keine zusammenhängende, wohl durchdachte Antwort hervor. Stattdessen hängte ich das geputzte Sattelzeug weg und bekämpfte den Drang, sie wütend anzufauchen. »Das war etwas anderes«, sagte ich, obwohl mir natürlich klar war, wie lächerlich das klang und dass sie mich in die Enge getrieben hatte. Ich konnte keine Rechtfertigung für ihre Taten finden, ohne gleichzeitig die von Reyn zu entschuldigen, und daswürde ich ganz sicher nie tun.
    »Hm«, sagte sie wieder und sah auf die Uhr. »Es ist schon spät. Und ich glaube, du hast heute Küchendienst.«
    Sie brachte angesichts meines wenig begeisterten Blicks ein kleines Lächeln hervor, aber sie wirkte müde und verschlossen, als hätte dieser Ausflug in die Vergangenheit sie vollkommen erschöpft.
    Ich kam mir nicht mehr ganz so mies vor.

9
    Während meiner sinnlos vergeudeten Jahrhunderte hatte ich die meisten meiner praktischen Fähigkeiten verlernt. Und jetzt erfüllte mich erstaunlicherweise eine leise Zufriedenheit, dass ich vieles halbwegs geschickt zustande brachte. Sogar wenn ich es Seite an Seite mit Jess und dem niemals lächelnden Winterschlächter tun musste.
    Solange ich nicht zu dicht neben Reyn stehen musste, war alles

Weitere Kostenlose Bücher