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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Ein Mann ist ermordet worden. Ein anderer liegt im Sterben. Bitte, helft uns!«
    Er blieb lange still sitzen, nachdem er aufgelegt hatte. Es gab nichts, was er noch tun konnte. Er konnte nicht zurückgehen. Er hatte versprochen zu warten, damit er der Polizei den Weg runter zum Farmhaus zeigen konnte. Er lehnte den Kopf an die Wand und schloß müde die Augen.
    Nach zwei Minuten war er fest eingeschlafen.

LXVII
    Kate blickte zu Jon auf, als sie Seite an Seite am Schlafzimmerfenster des Cottage standen und hinausschauten. Sie wußte noch immer nicht, wie und warum er gekommen war œ für Erklärungen war später noch Zeit -, aber es war tröstlich, daß er hier war, und sie war glücklich darüber. Hinter ihnen schlief Alison tief und fest. Unten in der Küche suchten Pete und Patrick nach Kerzen und Streichhölzern in den Schubladen der Anrichte.
    Patrick war nicht gern hier unten. Er konnte keinen Moment vergessen, daß im anderen Zimmer der Tote auf dem Sofa lag. Bill, im Leben ein liebenswerter, gerngesehener Gast auf der Redall-Farm, schien ihm tot eine entsetzliche Bedrohung zu sein.
    Sie waren auf halbem Weg nach oben, als Alison schrie. »Scheiße, was war das?« Pete war dicht hinter Patrick, der wie angewurzelt stehenblieb, das Gesicht kreidebleich. »Das war Allie.«
    »Okay, ich gehe hoch, und du wartest hier.« Pete schob sich an ihm vorbei und nahm zwei Stufen auf einmal.
    Im Schlafzimmer standen Jon, Kate und Anne neben dem Bett. Kate hielt Jons Arm umklammert œ die Finger, die sich in seinen Ärmel senkten, waren weiß. Alison lag auf dem Bett und wälzte sich hin und her, als ob sie Schmerzen hätte, die Arme über dem Kopf verschränkt. »Mummy!« schrie sie. »Mummy, hilf mir!«
    Anne setzte sich auf das Bett. Sie packte Alisons Handgelenke und versuchte, sie vom Gesicht des Mädchens wegzuziehen. »Allie. Allie, bitte, hör mir zu. Du hast einen bösen Traum. Hab keine Angst. Wach auf. Allie, wach auf.« Alison kratzte mit den Nägeln an ihren Schläfen. Auf ihrer Stirn erschien ein Streifen Blut, dann noch einer. »Allie, nicht, du tust dir weh. Bitte.«
    Alison hörte sie nicht. Sie waren wieder da, in ihrem Kopf. Aber diesmal lachte er.
    Verschwunden! Endlich im Meer verschwunden! Jetzt bist du vergessen. Für immer vergessen, du und dem Liebhaber!
    Claudias Schreie in ihrem Kopf waren so laut, daß sie dachte, ihr würde der Kopf platzen. Schmerz und Qual wirbelten in ihr herum; eine Flut aus Blut spülte hinter ihren Augen vor und zurück. Und jetzt, plötzlich, war da noch eine andere Stimme œ eine Männerstimme -, die Stimme von Claudias Geliebtem. Endlich war er gekommen. Er war jetzt bei ihnen. Und er war stark; stärker als Marcus, und seine Wut war nicht zu zügeln.
    Mit einem Stöhnen riß Alison an ihren Haaren, setzte sich auf und schaukelte mit solcher Heftigkeit hin und her, daß Anne vom Bett auf den Boden rutschte. »Alison!« Sie rappelte sich auf. »Kannst du mich verstehen? Hör mir zu!« Sie packte wieder die Hände des Mädchens. »Du mußt stark sein. Komm zurück zu uns, Allie. Mach die Augen auf und komm zurück. Was immer es ist, gegen das du ankämpfst, du mußt stark sein.« Sie keuchte, als Alison sich losriß und wieder begann, ihr Gesicht mit den Nägeln zu zerkratzen. »Alison, bitte!« Sie sah Jon verzweifelt an. »Wir müssen ihr die Hände fesseln. Sie kratzt sich sonst noch tot. Bitte hilf mir, schnell.«
    Jon sah sich aufgeregt um. Dann zog Kate den Gürtel aus ihrem Bademantel, der noch hinter der Tür hing. Erst zu dritt schafften sie es, sie zu halten, und es gelang ihnen, ihr die Handgelenke zusammenzubinden, sie zuzudecken und die Decke auf beiden Seiten festzustecken. Als sie es geschafft hatten, waren auch Anne und Kate böse zerkratzt. »Sie ist stark wie drei Männer!« Anne starrte auf das Mädchen, die sich unter der Decke noch immer hin und her warf. Sie legte die Hand auf Alisons feuchte Stirn.
    Alison spürte es nicht; sie wußte nicht, was mit ihr geschah. In ihrem Kopf gab es jetzt keinen Platz mehr zum Denken. Es gab überhaupt keinen Platz für sie. Sie hatte aufgehört, mit ihnen zu kämpfen. Sie hatten ihre Kraft. Das war alles, was sie wollten.
    Jon zitterte. Er bemerkte plötzlich, daß die Temperatur im Zimmer drastisch gesunken war. Verstohlen holte er sich seine Jacke zurück, die auf den Boden gefallen war, als sie Alison in das Bett gelegt hatten. »Was bedeutet das? Was ist los mit ihr?«
    Kate sah Patrick an, der hinter Pete in

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