Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
Vom Netzwerk:
das Zimmer geschlüpft war. »Marcus hat sie wieder in der Gewalt.« Sie lachte nervös. »Mein Römer. Weißt du noch? Er hat Claudia getötet, von der wir glauben, daß sie seine Frau gewesen ist, und jetzt verfolgt er uns.« Sie sah hinunter auf das Bett. »Sie ist besessen von ihm, Jon.«
    »Nein!« schrie Anne. »Nein! Er kriegt sie nicht. Kämpfe dagegen an, Allie, kämpfe!« Sie brachte ihre Lippen nahe an Alisons Gesicht. »Konzentrier dich, Alison. Denke! Denk an irgend etwas. Gebrauche deinen Verstand. Kämpfe!« Sie nahm Alison bei den Schultern und schüttelte sie behutsam. »Gib nicht nach. Laß ihn nicht gewinnen. O mein Gott!« Sie warf mit einem wütenden Ruck ihres Kopfes das Haar zurück und ballte verzweifelt die Fäuste. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie ich ihr helfen soll! Alison. Hör mir zu. Kämpfe!«
    Pete starrte auf Anne wie die anderen auch. Schließlich wandte er den Blick von ihr ab und ließ ihn zu Alisons sich windender Gestalt gleiten. Er räusperte sich. »Dieses Kind muß ins Krankenhaus, Anne«, sagte er endlich. »Wo gibt‘s das nächste Telefon?«
    Kate schüttelte den Kopf. »Die Telefone funktionieren nicht.« Bildete sie es sich nur ein, oder war Alison wirklich ruhiger geworden? Sie starrte voll Entsetzen hinunter auf das gemarterte Gesicht des Mädchens.
    Schatten.
    Wirbelnde Schatten voller Haß.
    In ihrem Kopf starrte Allie hilflos in die Dunkelheit und sah die drei formlosen Gestalten herumschleichen. Sie spürte, wie jemand eiskalte Hände auf sie legte, hörte, wie eine Stimme ihren Namen rief, aber sie konnte nicht reagieren. Sie waren wie Löwen, die um ihre Beute kreisten: die Frau, die beiden Männer, die haßerfüllt nach Lebensenergie hungerten.
    Warum ich?
    Schrie sie es laut heraus? Sie wußte es nicht, aber als ihr Verstand aufbegehrte, zogen sich die Gestalten zurück.
    KÄMPFE
    Eine Stimme erreichte sie durch das stürmische Gebrüll des Hasses hindurch, eine Frauenstimme. KÄMPFE, ALISON. GEBRAUCHE DEINEN VERSTAND.
    Zu müde. Sie war zu müde, um zu kämpfen. Sie war leer. Sie hatten sie ausgesaugt.
    In der Dunkelheit zerrannen die schattenhaften Gestalten allmählich. Sie konzentrierten sich nicht mehr auf sie. Sie wandten sich anderswo hin; suchend, hungrig. Andere mußten gefunden werden, schnell, an denen sich ihre Gier nach Rache nähren konnte.
    »Wir müssen zurück zum Wagen.« Jon ging zurück ans Fenster. Alles, nur um einen Moment lang von der Qual des Mädchens auf dem Bett wegzukommen. Er atmete tief durch und starrte hinaus. Er zitterte. »Der Schnee wird immer höher.« Er blickte zurück zu Pete. »Sieh selbst. Glaubst du, daß die Straßen befahrbar sind?«
    Pete ging zu ihm und starrte hinunter in das trübe Licht. Er rieb sich die Augen. »Sag mir, daß ich mich täusche, Kumpel«, murmelte er leise. »Aber ist das da unten nicht das Meer?«
    In einer tiefgelegenen Ecke des Gartens, unter den Dünen, war eine Linie dunklen Wassers erschienen. Jon konnte zusehen, wie sie langsam breiter wurde, übersät mit kleinen Wellen, und bereits an das schneebedeckte Gras heranreichte. Er reckte den Hals zur Seite und kniff die Augen zusammen, als eine frische Ladung Schnee das Fenster traf. Hinter dem Baumgürtel konnte er die breite, vereiste Flußmündung sehen. Der Schlamm und die Dünen lagen unter einer gleichmäßigen Schneedecke. Das Meer stieg höher, vom Eis befreit, und kroch von hinten um das Cottage herum, als der Wind das Wasser landeinwärts trieb.
    Er wandte sich zurück zum Bett. »Patrick. Komm und schau dir das an.«
    Der Junge kam zu ihm. Er starrte hinaus in den Garten. »O Scheiße!«
    »Sind wir bald abgeschnitten?«
    Patrick nickte. »Wenn es erst mal hier ist, ist es durch nichts mehr aufzuhalten. Es muß über die Landzunge bei Redall Point gekommen sein.«
    »Also gut.« Pete sah Jon an. »Damit ist es entschieden. Wir müssen alle hier weg. Schnell. Wir machen eine Trage für das Kind.«
    »Was ist mit Bill?« Kate sah von Jon zu Pete und zurück.
    »Wir müssen ihn hierlassen, Kate.« Jon nahm sie in die Arme und hielt sie fest. »Er spürt es ja nicht mehr, Liebes. Und wenn doch, wird er es verstehen. Wir können ihn nicht mitnehmen.« Er senkte die Stimme. »Unser Leben ist in Gefahr. Das Wasser steigt sehr schnell. Wir müssen Alison wegbringen.«
    Sie bauten eine Trage aus einem Rechen und einem Besenstiel, die sie im Holzschuppen gefunden hatten, banden Laken darum, um eine Art Liege zu

Weitere Kostenlose Bücher