Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
verschwanden zu Elvira, Cordula, Bille und den Kindern in die Küche. Friedrich kam gerade zurück vom Einkaufen, rechts einen Kasten Schultheiss und links einen Kasten Bionade.
»Hoppla, da habt ihr ja ganz schön Party gemacht, und das in einer Viertelstunde!«, besah er sich die Bescherung und stellte sich höflich mit einem »Tag, Friedrich Schönbeck, hab ich was verpasst?« bei dem auf dem Boden festsitzenden Willi vor. Und ich thronte inmitten dieser Menschen wie die Königin von Saba, mit meiner besten Freundin an meiner Seite.
Schade, eigentlich begann es gerade richtig nett zu werden!
Mich erfüllte eine seltsam tiefe Ruhe.
»Schön, dass ihr alle da seid!«, holte ich tief Luft und strahlte in die Runde.
»Aber ich glaube, ich muss euch jetzt alleine lassen. Es geht los!«
»O Gott, die Fruchtblase! Ich bringe dich, nein, ich!«, schrien jetzt Krimi und Charlotte durcheinander. Meine Mutter geriet ebenfalls komplett aus dem Häuschen.
»Ich komme auch mit! Und du musst unbedingt noch schnell etwas essen, eine Geburt kostet Kraft, ein hart gekochtes Ei ist jetzt genau das Richtige, ich hol nur schnell die Kühltasche …«
»Quatsch, das kommt ihr doch alles wieder hoch, meine Cousine Marissa …«, begann jetzt Charlotte, aber als sie meinen Blick bemerkte, verbesserte sie sich, »… ich meine, ich, ich selbst habe gelesen, dass einem während der Geburt sowieso alles hochkommt!«
»Mit mir! Die Kleine kann mit mir fahren«, krakeelte jetzt Willi vom anderen Ende des Ladens. Er witterte wohl seine Chance, hier herauszukommen. »Mein Schlitten ist der schnellste, ich bring dich in die Klinik, Puppe, dass dir die Ohren schlackern!«
»Auf keinen Fall werde ich Ihnen meine Tochter anvertrauen, Sicherheit ist jetzt alles, was zählt, Heidi fährt selbstverständlich mit uns!«, brauste mein Vater auf.
»Du bist mit dem Zug da, Papi«, erinnerte ich ihn.
»Unser Family-Van wäre jetzt das Richtige, da kann man die Rückbank so schön ausklappen, wir legen einfach die neue Multifunktionsdecke unter, damit er nicht schmutzig wird!«, kam jetzt Bille aus der Küche.
Mein Bauch wurde wieder hart wie ein Brett und tat dabei weh. Ziemlich weh sogar.
»Toll! Darf ich mitfahren?«, rief jetzt Elvira. »Ich wäre dann live dabei! Hat man in einem Kreißsaal eigentlich Handyempfang?«
»Friedrich!«, stöhnte ich laut. »Ich will mit Friedrich fahren! Und mit Charlotte und mit sonst niemandem! Das sind die Vernünftigsten in diesem ganzen Laden hier!«
»Aber …«, kam es von allen Seiten, am lautesten von Willi.
»Aua! Und zwar schnell! Und was ich schon immer mal sagen wollte: Ich hasse hart gekochte Eier!«
48
Friedrich und Charlotte brachten mich mit Friedrichs VW -Bus in die Charité, während die anderen besorgt Spalier standen und mir ihre Ratschläge mit auf den Weg gaben.
Bille: »Auf keinen Fall eine PDA !«
Rainer (wo kam der eigentlich schon wieder her?): »Du musst die Hebamme vorher auspendeln, ob sie zu deinem Energielevel passt!«
Cordula: »Unbedingt ein Kaiserschnitt!«
Krimi: »Lass dir ein Zimmer mit hübscher Aussicht geben!«
Noch mal Rainer: »Ganz ungut, dass wir nicht im Geburtsvorbereitungskurs waren!«
Meine Mutter: »Wenigstens ein Leberwurstbrot? Die hast du doch als Kind immer so gemocht!«
Mein Vater: »Wie schreibt man Charité?«
Friedrich trug mich, schließlich wusste sogar ich, dass man sich mit Blasensprung nur noch so wenig wie möglich bewegen sollte. Er wuchtete mich beherzt durch Familie und Freunde, dass die Pinocchio-Knöpfe unter seinen Camelboots nur so knirschten.
Gegen diesen Zirkus war Friedrichs knatternder VW -Bus ein Ort der Stille und Erholung. Ich krümmte mich auf der hinteren Sitzbank zusammen, Charlotte hielt meine Hand, während Friedrich, der ein weißes Taschentuch ins Fenster geklemmt hatte, die Kurven schnitt, als gäbe es kein Morgen mehr.
»Da sind Sie ja wieder!«, empfing mich Frau Doktor Casper zehn Minuten später freundlich. »Sie haben trotzdem lange durchgehalten! Sehen Sie, es lohnt sich, wenn man kürzer tritt!«
»Auf jeden Fall«, sagte ich schwach und versuchte zu protestieren, als mir zwei Schwestern mit schnellen Handgriffen meine schicken Schwangerschaftsfummel vom Körper streiften, um mich in ein hinten offenes Kliniknachthemd zu stecken. Wenigstens war Schwester Ulla nicht unter ihnen.
»Ich habe ein eigenes Nachthemd in meinem Koffer, der ist noch im Auto!«
»Dafür werden wir keine Zeit haben, der
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