Erst ich ein Stück, dann du! Klassiker - Die Schatzinsel - Nahrgang, F: Erst ich ein Stück, dann du! Klassiker - Die Sc
ist der Schlimmste von allen.“ Ben Gunn begann zu jammern: „Wenn er mich findet, ist’s aus mit mir.“
Damit waren der seltsame Inselmensch und ich in derselben misslichen Lage. Deshalb fasste ich Vertrauen und erzählte ihm die ganze Geschichte unserer Fahrt. Mit leuchtenden Augen hörte Ben Gunn zu. Als ich fertig war, fragte er: „Glaubst du, dein Lord nimmt mich mit nach England?“
„Wenn er sein Leben und sein Schiff behält, dann wird er das wohl tun“, antwortete ich.
Da rief mein Gegenüber aufgeregt: „Erzähle ihm bloß von Ben Gunn! Ben Gunn hilft ihm aus der Patsche.“ Mitleidig schaute ich ihn an. Wie sollte so ein Bettler uns wohl beistehen können? Der Inselmensch merkte nichts von meinen Zweifeln.
„Sag ihm, Ben Gunn hat seine Zeit
auf dieser Insel nicht verschwendet“,
verlangte er. „Und sag ihm …“
Er senkte die Stimme zu einem Flüstern.
„Ben Gunn ist reich.“
Nun war ich sicher, dass der arme Kerl in seiner Einsamkeit verrückt geworden war.
„Schön und gut“, erwiderte ich. „Aber ich werde dem Lord gar nichts von allem sagen können, denn ich komme nicht mehr aufs Schiff zurück.“
„Ich habe ein Boot“, sagte Ben Gunn stolz. „Mit eigenen Händen habe ich es gebaut. Es liegt unter dem weißen Felsen.“
In diesem Augenblick erzitterte die Insel vom Donnerschlag eines Kanonenschusses. Die Kämpfe hatten begonnen.
Ich hatte alle Angst vergessen und rannte auf den Ankerplatz zu. Der Ausgesetzte trabte leichtfüßig neben mir her. Plötzlich entdeckte ich kaum eine Viertelmeile entfernt die englische Flagge, die über dem Wald flatterte. Ben Gunn hielt mich am Arm fest und sagte: „Dort steht Flints altes Blockhaus. Schätze, deine Freunde haben es bezogen.“
„Wohl eher die Piraten“, vermutete ich.
Doch Ben Gunn meinte: „Die würden die Totenkopfflagge aufziehen.“
„Dann muss ich mich beeilen!“, rief ich und wollte mich losreißen.
Aber Ben Gunn lockerte seinen Griff nicht. „Denk an mich!“, forderte er. „Ich habe ein Angebot zu machen und will darüber reden, von Mann zu Mann, dort, wo wir beide uns getroffen haben.“
Er wollte noch mehr sagen, aber da raste eine Kanonenkugel durch die Bäume und schlug dicht vor uns in den Sand. Im nächsten Augenblick hatten wir beide in verschiedene Richtungen Reißaus genommen. Eine gute Stunde dauerte die Kanonade. Ich lief von Deckung zu Deckung und entfernte mich dabei immer weiter von der Flagge. Endlich, die Sonne war schon untergegangen, pfiff die letzte Kugel durch die Luft.
Am Strand lärmten die Piraten
um ein großes Feuer.
Dabei klangen ihre Stimmen
verräterisch nach Rum. Schaudernd
trat ich meinen Rückweg an.
Auf einer Landzunge entdeckte ich einen Felsen, der selbst im Abendlicht weiß wie Marmor schimmerte. War das der Felsen, von dem Ben Gunn gesprochen hatte? Doch darüber konnte ich jetzt nicht länger nachdenken, denn die Sehnsucht nach meinen Leuten war zu groß.
Ich rannte das letzte Stück, kletterte hastig über einen Palisadenzaun und rief: „Jim Hawkins meldet sich zurück!“
Es waren wirklich meine Leute. Und wie sie sich freuten, mich noch am Leben zu sehen! Allerdings musste ich versprechen, nie mehr allein loszuziehen. Ich tat es von ganzem Herzen und ahnte nicht, dass ich dieses Versprechen schon am nächsten Tag brechen würde. Nun erfuhr ich auch, wie sie an diesen Ort geraten waren. Von bösen Vorahnungen geplagt war der Doktor unbemerkt zur Insel gerudert und hatte nach kurzer Suche das Blockhaus entdeckt. Es war aus dicken Baumstämmen errichtet worden und durch hohe Palisaden geschützt. Das Wichtigste aber war eine Quelle
mit frischem Wasser, die uns auch bei langer Belagerung vor dem Verdursten bewahren würde.
Der Doktor hatte geglaubt, dass diese Festung gegen eine Übermacht leichter zu verteidigen sei als das Schiff. Deshalb war er sofort zurückgekehrt und hatte den anderen von seinem Plan berichtet. Hastig war die Jolle beladen und die Vorräte ins neue Quartier gebracht worden. Dann war der Doktor zur HISPANIOLA zurückgerudert und hatte mehr Proviant und alle vertrauenswürdigen Menschen an Bord seines Fahrzeuges genommen. In letzter Sekunde war auch noch der Pirat Gray zu den „Ehrlichen“ übergelaufen. So hatte das kleine Boot schwer überlastet die Insel angesteuert.
Inzwischen war die Flucht nicht unbemerkt geblieben. An Deck hatten die Bösewichte die Kanone in Stellung gebracht und auf die Jolle gefeuert. Zwar
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