Erstens kommt es anders ... (German Edition)
irgendetwas Verborgenes in ihrem Kopf geklickt und sie endlich verstanden. Denn nicht nur seinen Zorn hatte er dabei zum Besten gegeben, oder?
Nein, da waren auch Liebe und seine Absichten, die er ihr bei der Gelegenheit gleich einmal mit offenbarte. Und die gestalteten sich so anders, als sie gedacht hatte und es im Grunde in ihr Weltbild passte.
Es war nicht erforderlich, aufzuheben, was er ihr vor die Füße geworfen hatte. Auch ohne es gesehen zu haben, wusste sie, worum es sich handelte. Was Stevie in einen tiefen, ausweglosen Zwiespalt stürzte.
Gehen stand außer Frage. Dies war ihre Liebe, nach der sie sich so sehr gesehnt, die sie aber für derart unmöglich gehalten hatte, dass sie sich nicht mal gestattete, von ihr zu träumen.
Nicht einmal das.
Zurück gehen zu ihm konnte sie aber auch nicht. Nicht, angesichts der Tatsache, dass er ihr soeben den Ring vor die Füße geworfen hatte. Er musste doch zwangsläufig davon ausgehen, dass sie von Anfang an das Ziel verfolgte, Mrs. Michael Rogers zu werden, wenn sie jetzt zu ihm ging. Alles passte perfekt zusammen! Die ewigen Zurückweisungen, immer und immer wieder. Und nachdem er sich ihr erklärt hatte, wurde sie mit einem Mal zugänglich?
Nein, das hätte ja nicht einmal sie geglaubt oder vielleicht gerade nicht sie.
Dabei hatte Stevie etwas Derartiges nie in Erwägung gezogen. Ehrlich nicht! Eine Ehe fand in ihrem Denken eben so wenig statt, wie die Chance, dass ihr Vater auferstand. Weder hatte sie davon geträumt, Michael zu heiraten, noch jemand anderen.
Und jetzt das!
Nie zuvor waren ihre Überzeugungen so gründlich widerlegt worden. Bisher hatte sie die felsenfeste Ansicht vertreten, dass alles, was sie über Michael zu wissen glaubte, auch der einhundertprozentigen Wahrheit entsprach. Und war sie nicht auch ständig darin bestätigt worden? All die Frauen, mit denen er sich herumtrieb, die Zeitungen waren voll davon! Wie hätte sie denn wissen sollen, dass die Dinge nicht so lagen, wie es der Anschein hatte?
Aber bei dir war er anders, Stephanie. Vergiss das nicht! Denk zurück, wie viele Frauen hatte er damals? Obwohl ihr euch nur am Freitag während dieser kurzen zwei Stunden saht. Um wie viele handelte es sich wirklich? Komm, sei ehrlich! Einmal!
Ja, was wusste sie denn? Seit wann folgte sie ihm auf Schritt und Tritt, he?
Je länger Stevie darüber nachgrübelte, auch wenn es zunehmend schwerer wurde, desto erschütternder fielen die Antworten aus. Sicher war er ein Idiot! Wenn er diese ekelhaften Frauen tatsächlich benutzt hatte, um in Stevie die Eifersucht zu wecken, dann konnte man daraus bedenkenlos sogar einen verdammten Idioten machen!
Aber er war eben ein lieber verdammter Idiot! Und sie hatte ihn wieder zurückgewiesen.
Gehen war unmöglich, doch zu ihm durfte sie auch nicht. Demnach blieb nur eine Alternative: totaler Stillstand.
Der Regen war ihr egal, der Wind auch. Vom Donner bemerkte Stevie ohnehin nicht viel und auch nicht davon, dass ihr zunehmend kälter wurde. Weshalb sollte es von Interesse sein? Durch ihre Dummheit hatte sie alles aufs Spiel gesetzt und am Ende zwangsläufig verloren. Ihre Überzeugungen existierten nicht länger, alles, was sie ausmachte, hatte sich inzwischen als falsch erwiesen.
Über endlose Monate hatte sie sich grundlos dieser Quälerei ausgeliefert, was ihr leider etwas zu spät aufgegangen war. Stevie hatte keinen Schimmer, wohin sie gehen sollte. Denn alles, was sie wollte, befand sich hier. Auch wenn es bereits verspielt war.
Daher blieb sie stehen und wartete auf … was auch immer.
Offenbar eignete sich Stevie tatsächlich zur geborenen Märtyrerin.
Und jetzt lag sie in seinem Bett, heulend und schluchzend und wusste nicht weiter.
Was sollte sie nur tun? Eben hatte er so unsagbar verletzt gewirkt, wofür sie allein die Verantwortung trug, das durfte ja auch nicht unter den Teppich gekehrt werden! So gern hätte sie ihm gesagt, wie es wirklich in ihr aussah, aber er würde es nicht mehr hören wollen. Seine Hilfe war ein Akt der Menschlichkeit gewesen, nicht der Liebe. Jeder andere hätte ähnlich gehandelt. Michaels soziale Ader war ihr bestens bekannt. Die Ethik und sein äußerst seltsames Moralverständnis hatten es nicht zugelassen, sie frierend im Regen stehen zu lassen. Das änderte jedoch nichts daran, dass er endlich aufgegeben hatte. Nichts, was sie jetzt noch sagen oder tun konnte, würde seine Meinung ändern.
Oh, seinen Stolz kannte sie nämlich auch sehr genau.
Daher
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