Erstens kommt es anders ... (German Edition)
mit Sicherheit nicht kontrollieren, doch sie hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Nicht einmal um einen Millimeter.
Mit großen Augen starrte sie in die Richtung, in die er verschwunden und aus der er soeben wieder aufgetaucht war.
Ehrlich!
Während er sein Hemd auszog und ihr um die Schultern legte, knurrte er. »Du bist total durchgeknallt, weißt du das?«
Eine Antwort erhielt er selbstverständlich nicht. Nur ihren Kopf drehte sie ein wenig, um ihn ansehen zu können. Und währenddessen zitterte und bebte jeder Teil von ihr im Takt.
Wie viel Grad mochten derzeit herrschen? Zehn? Eher weniger. Nicht unangenehm, sondern kalt. Schon ganz in diesem eisigen Dauerregen. Auch Michael spürte die Kälte mittlerweile, besonders mit nacktem Oberkörper. Sie trug bloß dieses leichte Ballkleid, so gut wie nichts darunter. Eindeutig durchgeknallt! Völlig irre!
Unwirsch nahm er ihre Hand. »Komm!«
Aber sie reagierte nicht. Starr betrachtete sie ihn und nur ihr Zittern, das sich immer weiter zu steigern schien, ließ vermuten, dass sie weiterhin unter den Lebenden weilte. Die blauen Lippen teilten sich und er hörte, wie ihre Zähne unaufhörlich aufeinander schlugen.
Das gab Michael den Rest.
Wie einen nassen Sack warf er sie über seine Schulter und marschierte zum Haus. Diesmal prügelten keine Fäuste auf seinen Rücken ein. Stevie brüllte auch nicht mit wachsender Hysterie. Es erfolgte überhaupt keine Reaktion. Wahrscheinlich war ihr zu kalt, um ein Wort von sich geben zu können, was ja durchaus von Vorteil sein konnte, aufgrund der zu erwartenden Dämlichkeiten, versteht sich.
Kurz darauf erreichte er den langen, schmalen Flur, der die Kanzlei mit dem Privathaus verband, durchquerte ihn eilig und trat wenig später in die hell erleuchtete, große Haupthalle. Inzwischen interessierte ihn nicht mehr, wer ihn auf dem kurzen Stück zur Treppe zu sehen bekam.
Der Anblick musste doch genial sein: Michael Rogers – mit nacktem Oberkörper – trug etwas, das entfernte Ähnlichkeit mit einem triefenden Menschen zeigte, über seiner linken – nackten – Schulter.
Hervorragender Stoff für die Klatschpresse. Aber wenigstens würden sie ihm somit nicht das nächste Verhältnis mit Renata andichten.
Aber das Glück war ihm hold – wenn man so wollte. Keine wichtigen oder einflussreichen Gäste befanden sich vor den Türen des Ballsaals. Stattdessen standen dort vier andere Personen: Diana, Marcel, Duncan und ...
Bianca!
Die Hand auf dem Geländer und die ersten Stufen der großen, ausladenden Treppe bereits erklommen, stöhnte er auf. Dieses kleine Miststück hatte ihm gerade noch gefehlt! Momentan war er absolut nicht in der Stimmung, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Und wenn irgendeine falsche Bemerkung erfolgte, würde er mit Sicherheit Dinge tun, die ihm möglicherweise in der Rückschau leidtun würden.
Möglicherweise.
Fassungslos betrachtete sie das seltsame Paar und unternahm einen unwillkürlichen Schritt auf sie zu. »Wa...?«
Weiter kam das Mädchen nicht, denn Diana deutete mit einem gebieterischen Finger auf sie: »Klappe halten!«
Und, oh Wunder! Der Mund schloss sich und Bianca machte keine Anstalten, noch einmal dämliche Fragen zu stellen oder Michael mit ihrer unmittelbaren Nähe zu belästigen. Trotzdem lief er jetzt schneller, nur für alle Fälle. Die halbe Treppe glücklich überwunden, hörte er Diana erneut hinter sich. Diesmal galt ihr Beitrag ihm.
»Brauchst du Hilfe?«
»Nein!«, knurrte Michael, ohne sich umzusehen. Sah er so aus? Mit total durchgeknallten Personen kam er bestens allein zurecht.
Herzlichen Dank!
Als er die Tür zu seinem kleinen Appartement erreichte, und feststellte, dass niemand ihm folgte, atmete er dennoch auf.
Besorgte Mütter hätte er im Moment nämlich auch nicht ertragen können.
Rasch trug er das zitternde Bündel in sein Bad und setzte es auf die Toilette.
Das Beben hielt unvermindert an. So massiv, dass ihr langes, tropfendes Haar bei jeder der vielen unwillkürlichen Bewegungen auf und ab hüpfte.
Drohend hob er einen Finger. »Sitzen bleiben!« Zwar schien sie noch immer erstarrt, doch er wollte es wenigstens gesagt haben.
Beim Wassereinlassen gab er aus Verzweiflung Shampoo als Zusatz hinein. Über so etwas wie Badeöl verfügte er nämlich nicht. Schließlich wandte er sich zu ihr um. Wie ein Häufchen Elend – ein ziemlich nasses und bebendes – saß sie auf der Toilette und starrte vor sich hin. Doch als er zu ihr trat, blickte
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