Erstens kommt es anders ... (German Edition)
sie auf.
Zitternd.
Aus nicht unbedingt nachvollziehbaren Gründen machte ihn der Anblick rasend vor Zorn.
»Weißt du«, knurrte er, während er ihr die Träger des ruinierten Kleides über die Schultern zerrte. »Du solltest dringend den Arzt wechseln.«
Er zog das schlotternde Elend auf die Füße, und es blieb zu seiner Verwunderung sogar stehen. Wütend fetzte er die Seide herunter. »Ich meine, so langsam wird der Scheiß, den du treibst, gesundheitsgefährdend!«
Missmutig schob er sie auf die Toilette zurück und riss die traurigen Reste des Ballkleides über ihre Füße. Als Nächstes machte er sich daran, ihr den ersten Schuh auszuziehen.
»Kannst du mir vielleicht mal verraten, was diese selten dämliche Nummer sollte?«
Konnte sie natürlich nicht, Stevie zitterte nur so vor sich hin. Aber um ehrlich zu sein, hatte er auch mit keiner Antwort gerechnet, die erfolgte in derartigen Situationen nie.
Diesbezüglich kannte er sich aus.
Unwirsch warf er den einen Schuh – der übrigens auch einen recht ruinierten Anblick bot – beiseite und widmete sich dem anderen.
»Nur zu deiner Information: Das Nasse dort draußen ist ein Herbststurm! Hmmm, in dieser Jahreszeit üblich, kommt meistens von oben! Scheint dir ja entgangen zu sein.« Er holte tief Luft, um sich irgendwie zu mäßigen und gleichzeitig, um endlich das auszusprechen, was ihn seit dem Moment, als er sie in dem unwirtlichen Regen sah, zusetzte: »Was, wenn ich nicht gekommen wäre?«
Der zweite Schuh nahm das Schicksal des ersten. Dann stand Michael auf und lehnte ihren Kopf an sich, um an den Verschluss des BHs reichen zu können. »Wie lange hattest du denn vor, dort stehen zu bleiben?«
Stevie machte keine Anstalten, ihn beim Ausziehen zu unterstützen. Also hob er erst ihren linken Arm und streifte den Träger darüber.
»... bis Weihnachten?«
Der rechte Arm folgte.
»... Ostern?«
Damit zog er den beinahe tiefgefrorenen Körper auf die wackeligen Füße. Diesmal musste er sie zunächst festhalten, weil sie leicht schwankte. Nach einer Weile meinte er, dass es sicher war, und fuhr fort.
»Aber wahrscheinlich weißt du das wohl selbst nicht genau ...«, murmelte Michael, während er ihr das Höschen hinunterzog. Schließlich blickte er zu ihr auf. »Festhalten!«
Folgsam legten sich zwei bebende Hände auf seine Schultern. »Links!«
Prompt wurde der linke Fuß gehoben und er zog den dünnen Stoff darüber.
»Re ...« Stöhnend verdrehte er die Augen. »Okay. Jetzt, Stevie, darfst du den linken Fuß wieder hinunternehmen.«
Der linke Fuß senkte sich zu Boden.
»Sehr schön und jetzt den Rechten ...«
Nichts geschah. Nach einer Weile runzelte er die Stirn. »Stevie, du sollst den Rechten jetzt heben, nach oben!«
Oh! Das funktionierte. Eilig zerrte er das Höschen über ihren Fuß, bevor ihre Kooperationsbereitschaft nachlassen konnte. »Runter!«, knurrte er. Der Fuß bewegte sich abwärts.
Dann stand er auf und wischte dabei ihre bebenden Hände von seinen Schultern. »Ehrlich. Du bist total fertig!«
Wahrscheinlich hatte er damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Lippen waren nach wie vor blau, inzwischen mit einem deutlichen Hang zum Violetten. Ihre Augen schienen mit jeder Sekunde größer zu werden oder Stevie im Ganzen kleiner, ganz schlüssig war sich Michael in dieser Hinsicht noch nicht. Er drückte sie zurück auf die Toilette und ging, um das Badewasser zu kontrollieren. Keine Ahnung, ob zu heiß, er kannte sich nicht aus, ahnte jedoch, dass er wohl nicht länger warten sollte. Nach der Regenduscheinlage würde sie ziemlich unterkühlt sein und er glaubte, mal entfernt gehört zu haben, dass das nicht sehr vorteilhaft war.
Diesmal verzichtete er auf Kommandos und trug sie besser zur Wanne. Das ging schneller und schonte seine ohnehin arg in Mitleidenschaft gezogene Geduld.
Zum ersten Mal, seitdem er sie im strömenden Regen aufgelesen hatte, zeigte Stevie eine Reaktion. Ihre Arme legten sich um seinen Hals und ihr Kopf an seine Schulter ...
Doch bislang konnte er nicht vergeben, wollte seinen Zorn ein bisschen länger auskosten, war derzeit nicht bereit, für den Schrecken und all das andere, das ihn jenseits seiner Wut empfangen würde. Kleine Echos machten sich schon bemerkbar, und er wollte sich auch nicht mit den vielen Emotionen befassen, die direkt daneben wohnten. Zu viel Chaos, auf das er sich unmöglich konzentrieren konnte.
Nein, noch nicht.
Und daher ignorierte er ihre zaghaften
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