Erstens kommt es anders ... (German Edition)
Annäherungsversuche, wenngleich es mit zusammengebissenen Zähnen geschah und dem unbedingten Wunsch, ihr nicht in die Augen zu sehen.
Kurz darauf ließ er das Bündel in das heiße Wasser hinab.
Kein Zucken erfolgte, ein Aufschrei blieb auch aus, demnach hatte er mit der Temperierung wohl richtig gelegen.
Leider machte sie keine Anstalten, ihn loszulassen, weshalb ihm nichts anderes übrig blieb, als irgendwann ihre Finger mit Gewalt aus seinem Nacken zu lösen.
Dann war er zur Untätigkeit verdammt und fühlte sich mit einem Mal unsagbar hilflos. Stevie taute wieder auf, er hatte alles zunächst Mögliche für sie getan und wusste partout nicht, was er sagen oder darüber hinaus noch unternehmen sollte. Sein Zorn – bisher hatte er sich wirklich wacker gehalten – trat langsam aber sicher den Rückzug an. Und sie senkte nicht den Blick, obwohl er ihr doch momentan nicht in diese Augen sehen wollte, verflucht!
Was sollte er denn sagen?
Als ein nicht unbedingt zaghaftes Klopfen an der Tür ertönte, war er grenzenlos dankbar für die Störung. Er konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor so schnell gelaufen zu sein. Grinsend hielt ihm seine Schwester kurz darauf einen großen Porzellanbecher entgegen.
»Gib ihr das«, meinte sie. Er nahm ihr die Tasse ab, sie grinste noch etwas breiter und ging.
Vorsichtig schnupperte er. Tee, aber mit Zugabe. Cognac möglicherweise.
Gute Idee.
Wieder im Bad fand er eine Stevie in der heißen Wanne vor, die mittlerweile nicht mehr ganz so stark zitterte und deren bläuliche Lippen langsam zu ihrer normalen Färbung zurückkehrten. Die großen Augen jedoch verschwanden nicht. Seufzend setzte er sich auf den Wannenrand und hielt ihr die Tasse unter die Nase.
»Trink!«
Ihr Blick streifte flüchtig das Gefäß, fand seinen und der Kopf bewegte sich einmal nach links und nach rechts.
»Stevie, noch ist es heiß, du musst warm werden. Trink das jetzt!«
Selbstverständlich blieb jede Reaktion aus, und Michael entschied, dass dies wohl nicht der richtige Zeitpunkt für Diskussionen war. Wenn es den überhaupt jemals gegeben hatte. Mit leicht gestörten Menschen eine Auseinandersetzung zu führen, erschien ihm wie reine Zeitverschwendung. Hätte er sich diese ewigen, sinnlosen Kontroversen mit ihr erspart, vielleicht ...
Resolut packte er ihr Genick und flößte ihr das Zeug ein. Keine Ahnung, ob sie sich die Zunge verbrannte. Er nahm es an, aber Stevie protestierte nicht und er achtete sorgsam darauf, dass sie die gesamte Tasse leerte.
Dann machte er sich daran, ihr Haar zu waschen. Und als er das Shampoo auf ihrem Kopf verteilte, wurde ihm zum ersten Mal bewusst, dass gerade eine aufregende Frau nackt in seiner Wanne lag. Okay. Die aufregendste Frau überhaupt, für ihn zumindest.
Eine Premiere.
Michael war nie wahnsinnig genug gewesen, seine nächtlichen Sexgenossinnen mit nach Hause zu nehmen. Zum einen, weil er keine Lust auf die Gesichter seiner Eltern am nächsten Morgen verspürte, einschließlich Dianas dämlicher Grimassen. Und zum anderen, weil ihm seine Privatsphäre immer über alles gegangen war.
Erleichtert stellte er fest, dass Letztere ihn nicht länger interessierte. Im Gegenteil, Stevie schien kein Eindringling zu sein. In seinem Denken gehörte sie in diese Wanne, wie der Sauerstoff in seine Lungen.
Schöner wäre es natürlich gewesen, hätte er sich zu ihr setzen dürfen.
Noch immer zeigte Stevie keine nennenswerten Reaktionen.
Abgesehen von der einen: Sie unternahm nicht die geringsten Anstrengungen, den Blick von ihm zu nehmen. Inzwischen hätte er sich von ihren Augen seziert fühlen müssen, doch so war es nicht. Michael konnte nur den bittenden Ausdruck nicht ertragen. Denn auch dazu fühlte er sich bislang nicht bereit.
Nachdem er Stevies Haar ausgespült, sie aus der Wanne gehoben, wie ein Kind abgetrocknet und ihr dann seinen Morgenmantel übergezogen hatte, kamen sie langsam: die Tränen. Er ignorierte sie, trug den federleichten Körper stattdessen in sein Bett – die nächste Premiere – deckte sie zu, löschte das Licht und verließ wortlos den Raum.
* * *
A ls die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, war es um Stevies Beherrschung endgültig geschehen.
Unaufhörlich flossen die Tränen. Zunächst versuchte sie, die Flut aufzuhalten, erkannte aber schnell die Sinnlosigkeit ihrer Mühen und ließ sie gewähren.
Alles, wirklich – alles – hatte sie falsch gemacht!
Noch während er ihr seine Wut ins Gesicht brüllte, hatte
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