Erstens kommt es anders ... (German Edition)
zu.
Ja, sie brauchte diesen Job! Den und einen Weiteren.
Zu diesem brillanten Resultat war Stevie bereits am Dienstagabend gelangt, als sie endlich Gelegenheit bekam, über das Ultimatum des sozialen Idioten nachzudenken. Ihr blieb nur eine Alternative:
Wollte sie nicht ernsthaft ihre Stelle riskieren, musste sie irgendwo Geld hinzuverdienen. Unter der Woche war das unmöglich. Das sah selbst Stevie ein, wenngleich es sie so einiges kostete. Sie konnte nicht zwischen zehn Uhr nachts und acht Uhr morgens einen Job annehmen, dafür war die Arbeit im Büro zu anstrengend.
Aber es gab ja noch das Wochenende.
Je länger Stevie darüber nachdachte, desto logischer erschien es ihr. Warum kam ihr diese Idee erst jetzt?
Die Samstage und Sonntage hasste sie. Es widerte sie an, hungrig und frierend in ihrem kleinen Zimmer zu sitzen. Mit diesem ekelhaften Zettel vor der Nase, der ihr in jeder Sekunde die hoffnungslose Gesamtsituation vor Augen führte.
Sie vermied es, an jedem Wochenende nach Tillamook zu fahren. Ihre Mutter befand sich inzwischen in einer Art Dauerdämmerzustand, selten, dass man ein normales Wort mit ihr wechseln konnte. Einige Male hatte Stevie mit Dr. Ramoni telefoniert. Der drängte zu einer Entziehungskur, die für sie unbezahlbar war. Bianca schien ihr auch immer mehr zu entgleiten, kaum, dass sie noch mit ihr sprach. Stevies Fragen nach Freunden oder ihren Hobbys beantwortete sie nur sehr ausweichend. Aber wenigstens ihre Zensuren gestalteten sich nach wie vor ordentlich. Dennoch: Mehr und mehr fühlte Stevie sich in diesem Haus wie eine Fremde. Als hätte sie es längst hinter sich gelassen und gehörte nicht mehr zu den beiden Frauen. Also, was hinderte sie daran, auch am Wochenende arbeiten zu gehen?
Nichts!
Erstaunt machte sie die Erfahrung, dass es vergleichsweise einfach war, einen Hilfsjob für die freien Tage in der Woche zu finden. Schon beim dritten Versuch verzeichnete sie einen Erfolg auf ganzer Linie: Eine Stelle als Bedienung in einer recht seriösen Bar. Die Betreiberin, eine resolute Frau Mitte fünfzig, hieß Lily und die war voll und ganz damit zufrieden, wenn Stevie freitags und samstags von elf bis vier Uhr nachts bei ihr arbeitete. Sie bot ihr zehn Dollar die Stunde. Das bedeutete wöchentlich einhundert Dollar zusätzlich. Davon würde Stevie problemlos ihr Essen bezahlen können und ein Paar neue Schuhe würden auch noch abfallen.
Perfekt!
Und so lenkte sie an jenem Freitagabend ihre Schritte nicht nach Hause, sondern in Richtung Altstadt. Zu jener Bar mit dem bedeutungsvollen Namen:
Sie fand ihn ziemlich treffend.
* * *
M ichaels aufbrausendes Temperament kannte man vielerorts und fürchtete es nicht wenig.
Doch selten zuvor war er derart wütend und gereizt gewesen. Nach dem Komplott, das seine Mutter und Renata gegen Stephanie ausgeheckt hatten, erfolgte deren Reaktion zwangsläufig. Er wusste es bereits, als die Bombe am Tisch hochging. Wie gern hätte er sie zurückgehalten, aber das konnte er nun einmal nicht!
Sie lag richtig, mit beinahe allem, was sie an Gründen angebracht hatte.
Dennoch verspürte er den flüchtigen, irrsinnigen Wunsch, die Tür zu verriegeln und sie aufzuhalten, durchzuschütteln, eventuell sogar zu bitten.
Nur kurz und eindeutig irrsinnig, aber da, was seinen Zorn ein weiteres Mal in beachtliche Höhen trieb.
Kaum allein stürzte Michael erbost hinüber in den privaten Teil des großen Hauses. Lange suchen musste er nicht, die Verschwörer saßen im Salon und nahmen ‚ihren Tee ein‘. Der Anblick stimmte ihn auch nicht gerade milder.
Bei seinem Eintreten sahen sie auf. Seine Mutter strahlte. »Michael!«
»Schön, dass ich euch beide hier treffe«, sagte er eisig. »Das erspart mir eine Wiederholung.« Es gelang ihm tatsächlich, beide Frauen im Blick zu behalten, als er fortfuhr. »Solltet ihr noch einmal auf die Idee kommen, einen meiner Gäste auf diese entwürdigende Art zu behandeln, dann habt ihr mich das letzte Mal hier gesehen. Ist das klar?«
Mrs. Rogers wurde blass. Des Öfteren hatte Michael bereits seinen Auszug aus dem Elternhaus angekündigt, es bisher jedoch immer dabei belassen. Dennoch schwebte seine Drohung wie ein Damoklesschwert über ihr, das wusste er ganz genau und so sollte es auch sein. Seiner Mutter war nämlich durchaus bekannt, dass er es hasste, wenn sie sich in seine Angelegenheiten einmischte. Was sie allerdings nicht davon abhielt, laut eigener Aussage nicht tatenlos zuzusehen, wie er in sein
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