Erstens kommt es anders ... (German Edition)
Unglück rannte!
Michaels Glück – zumindest laut Alicia Rogers gern und häufig geäußerter Meinung - zeigte sich eher unbeeindruckt. »Ich denke, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Es handelte sich um keinen Gast, sondern deine ... äh ... Sekretärin. Ich für meinen Teil finde und Alicia stimmt mir hierbei zu ...« Renata blickte zu ihrer Wunsch-Schwiegermutter, die jedoch vorsichtshalber nichts erwiderte. Sie verdrehte die Augen und seufzte. »... dass jeder auf seinem ihm angestammten Platz bleiben sollte. Auf diese Art können derartige Unfälle wie bei Diana und diesem Bauerntölpel vermieden werden.« Angewidert verzog sie das Gesicht.
Michael verschränkte die Arme. »Und zum wiederholten Male hast du mit außerordentlichem Geschick unter Beweis gestellt, was für eine oberflächliche Person du doch bist, meine Liebe.« Das klang höflich, der Eindruck wurde durch sein Knurren jedoch ziemlich relativiert. »Hättest du dir nämlich die Mühe gemacht, dich mit Miss Grace näher zu beschäftigen, wäre dir aufgegangen, dass ihr angestammter Platz ein völlig anderer ist, als der, den sie derzeit einnimmt. Ich denke, ihr habt die Botschaft verstanden.« Damit bedachte er beide mit einem knappen Nicken und ging.
Keine Viertelstunde später verließ er das Haus.
Noch immer traf er sich mit Nina.
Michael mochte die junge Frau, besonders, weil sie nie irgendwelche total unangebrachten Forderungen verlauten ließ oder fragte, wann sie sich denn wiedersahen. Erschien er, freute sie sich, blieb sein Besuch jedoch aus, musste er keine Szene fürchten. Längst mutmaßte er, dass es neben ihm noch andere gab. Es berührte ihn nicht sonderlich. Solange sie Zeit für ihn erübrigte, wenn er es wollte, interessierte ihn nicht, mit wem sie es sonst noch so trieb.
Langeweile stellte sich erstaunlicherweise keine ein. Die hätte erfahrungsgemäß nach einer Woche eintreten müssen. Stattdessen verbrachte er zunehmend gern seine Zeit mit ihr. Als wahrer Pool an Ideen spielte sie mit, was immer ihm in den Sinn kam – und das war in letzter Zeit eine ganze Menge. Ihre Figur entsprach genau seiner Idealvorstellung von einer Frau: schlank, zierlich, ein wenig knabenhaft, mit hellem, jedoch nicht gefärbtem Haar und tiefen, blauen Augen.
Obwohl er sich sonst auch gern an das Gegenteil hielt. Seine Neigungen wechselten offenbar mit den Jahreszeiten. Frühling und Sommer schienen grazilen Blondinen vorbehalten zu sein. Ein weiterer Vorteil Ninas stellte deren Fähigkeit dar, ihn abzulenken. Egal, wie schlecht seine Stimmung ausfiel, bei Nina vergaß er seinen Ärger und all die anderen Dinge, die ihm neuerdings zusetzten.
Möglicherweise beschloss Michael daher eher zwangsläufig, es in diesem Jahr anders als üblich zu halten. Sonst verbrachte er seine zwei Wochen Urlaub in der ersten Jahreshälfte immer allein in der Karibik und suchte dort sein Vergnügen. Was ihm nie sehr schwer fiel.
Diesmal würde Nina ihn begleiten. Mit ihr lagen vierzehn äußerst ereignisreiche Tage und Nächte vor ihm, davon war er überzeugt.
Je mehr Zeit ins Land ging, desto weniger konnte Michael den Beginn des Junis erwarten. Nie zuvor hatte er sich stärker danach gesehnt, endlich die Kanzlei hinter sich lassen zu können.
Seit dem denkwürdigen Gespräch am Freitag arbeitete nämlich wieder der Kühlschrank namens Stephanie für ihn. Ihr Lächeln war höflich und reserviert, die hochgeschlossene Bluse und der graue Rock waren nach wie vor vorhanden und das Haar grausam gequält. Nur der uralte Wintermantel war irgendwann durch eine leichtere Jacke ersetzt worden.
Blass wie eh und je waren auch die dunklen Augenringe längst zurückgekehrt. Aber ihr Gesicht wirkte voller, daher konnte er ihr keine Vorhaltungen machen.
Womit Michael nämlich leider gezwungen war, seinen Zorn in sich hineinzufressen. Diese Person reizte ihn derart, dass er es begrüßte, am letzten Freitag vor seinem Urlaub die Kanzlei in Percivals treue Hände zu übergeben.
Percival Cooper, ein alter Studienfreund, der nicht halb so viel Erfolg wie sein Freund vorzuweisen hatte, erklärte sich immer gern bereit, die Urlaubsvertretung zu übernehmen.
Als Michael die beiden miteinander bekannt machte, entging ihm das Aufleuchten in Percys Augen keineswegs. Innerlich amüsierte er sich ziemlich boshaft darüber. Sollte der Knabe sich ruhig die Zähne an ihr ausbeißen. Er freute sich schon über die niedergeschlagene Miene bei seiner Rückkehr, vielleicht würde er
Weitere Kostenlose Bücher