Erstens kommt es anders ... (German Edition)
gelassen die kleinen Spitzen, die das dumme Weib so freundlich in die Runde warf. Was ging sie diese Person an?
Nichts!
Nebenbei registrierte sie neidlos Renatas auffällige Schönheit. Intellektuell konnte die Stevie jedoch nicht einmal annähernd das Wasser reichen. Diana blieb völlig unbeeindruckt, deren idiotischer Bruder jedoch schien sich prächtig zu amüsieren. Mit wachsender Begeisterung verfolgte er den verbalen Schlagabtausch zwischen Stevie und der dämlichen Kuh. Okay, anfänglich zumindest.
»Und, Miss ... äh, wie war gleich der werte Name?« Renatas Blick war eher gelangweilter Natur.
»Grace«, half Stevie lächelnd.
»Grace … Richtig. Ungewöhnlicher Name, oder? Europäisch? Woher stammen denn Ihre Eltern ursprünglich? Polnische Einwanderer?«
»Nein. Meine Vorfahren wanderten im siebzehnten Jahrhundert von England nach Amerika aus.«
Renata spitzte zweifelnd die Lippen und widmete sich erneut ihrem Essen.
Am Donnerstag ging es in die zweite Runde.
»Und haben Sie sich mittlerweile eingearbeitet, Miss Grass?«
»Grace - bitte. Vielen Dank, ich komme bestens zurecht.«
»Oh Excusez-moi!«, säuselte Blödkuh. »Plagen Sie immer noch Schwierigkeiten, das Telefon zu bedienen? Wie ich hörte, sollen Sie in den ersten Tagen ja ein prächtiges Chaos angerichtet haben.«
Sanft lächelnd neigte Stevie den Kopf. »Je vous remercie beaucoup. Das ist durchaus möglich, aber jetzt bin ich vorzüglich mit der Funktionsweise des Gerätes vertraut.«
Eine Brokkolirose landete im gespitzten Mund. Ohne sie aus den Augen zu lassen, spülte die affektierte Kuh mit Wein nach, was das Ende dieser besonderen Etappe bedeutete.
Am Freitag erfolgte jedoch endlich der ultimative Angriff. Renata legte ohne Umschweife los. »Ich hörte, Sie wären krank gewesen?«
»Ja.«
»Auch Opfer dieser grausamen Erkältungswelle nehme ich an? Ja, ich litt ebenfalls ganze zwei Tage an furchtbarem Schnupfen. Nun scheint es Ihnen aber wieder prächtig zu gehen, oder?«
»Mein Befinden ist ausgezeichnet. Danke der Nachfrage.«
Ein knappes Nicken, die Augen wurden schmal. »Halten Sie es dann nicht für etwas vermessen, weiterhin die Gastfreundschaft fremder ...«
»Renata!«
Beide Frauen sahen gleichzeitig zu Michael, dessen blitzender Blick bohrte sich in die rotblonde Dame von Welt. »Miss Grace ist auf meinen ausdrücklichen Wunsch anwesend. Ich erwarte, dass du meine Gäste mit Respekt behandelst!«
Renata erwiderte nichts, betrachtete dafür Alicia Rogers lange und bedeutungsvoll.
Und Stevie wusste, dass es an der Zeit war, die Dinge in geordnete Bahnen zu lenken. Alicia Rogers schien im Gegensatz zu ihrem Ehemann, mit ihrer Anwesenheit nämlich überhaupt nicht glücklich zu sein. Sie war eine attraktive Mittsechzigerin, die im Allgemeinen viel Herzlichkeit und Güte ausstrahlte. Wie alle anderen hatte sie Stevie mit einem freundlichen Lächeln am Tisch willkommen geheißen.
Am Montag.
Seitdem ging es in Sachen Herzlichkeit stetig bergab. Äußerst intuitiv, wie sie nun einmal war, spürte Stevie die feinen Schwingungen aufkeimender Feindseligkeit sehr früh. Viel zeitiger, als die meisten Menschen. Und sie wusste, wann man gern auf ihre Anwesenheit verzichtete. Darüber hinaus existierte auch noch das Familiencredo:
Eine Grace drängte sich niemals jemandem auf! Und Stevie hatte keineswegs die Absicht, die Familienehre in den Dreck zu ziehen.
An diesem Abend ging sie nicht mit einem »Gute Nacht, Sir!« Stattdessen betrat sie bereits im Mantel sein Büro. Wie immer saß ihr Chef tief versunken in die Arbeit hinter seinem Schreibtisch.
Stevie räusperte sich. »Mr. Rogers?«
Verwirrt sah er auf und lächelte kurz darauf. »Ja?«
Sie holte tief Luft. »Ich wollte mich nochmals für Ihre Gastfreundschaft bedanken.«
Seine Stirn legte sich leicht in Falten. »Pardon?«
»Mir ist bewusst, dass nicht viele Assistentinnen an den Familientisch gebeten werden.«
Das Lächeln verschwand und der Blick wurde undurchdringlich. »Hierbei handelte es sich um keine Gastfreundschaft, sondern eine erforderliche Maßnahme. Auf ärztlichen Rat, wie ich betonen möchte.«
»Inzwischen bin ich sogar bereit, das zu akzeptieren«, nickte Stevie, wenn auch etwas mühsam. »Sie haben mir wirklich sehr geholfen. Danke.«
»Nicht nötig. Ich betrachte das eher als Selbsthilfe. Wenn Sie krank sind, fehlt mir eine Assistentin und ich bin es leid, meine Briefe selbst zu tippen.« Das Lächeln kehrte zurück, doch sein Blick
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