Erstens kommt es anders ... (German Edition)
denn mit Mr. Unbekannt treffen? In der Woche schuftete sie bis mindestens neun Uhr abends. Und ob sie es nun zugeben wollte oder nicht, sie brauchte ihren Schlaf.
Am Freitag- und Samstagabend arbeitete sie zwar bloß jeweils fünf Stunden, doch den Rest der Zeit benötigte sie, um sich zu erholen oder einkaufen zu gehen. Unvorstellbar, die wenigen Stunden mit irgendeinem Mann zu verbringen. Also würde es wohl in absehbarer Zeit keinen Sex für Stevie geben.
Tragisch, aber nicht zu ändern.
Leider.
Am ersten Freitag, den Mr. sozialer und nicht mehr schmollender Idiot im Urlaub weilte, erhielt Bianca endlich ihr Highschooldiplom.
An diesem Tag ging Stevie nicht in die Kanzlei – nur am Abend in die Bar. Ihre Schwester holte sie morgens mit dem Dodge ab und fuhr mit ihr nach Tillamook.
Und als eine strahlend schöne Bianca ihr Diplom entgegennahm, heulten Stevie und Vanessa im Takt. Letztere wohl eher vor Erschöpfung. Ganze zwei Wochen hatte sie benötigt, um sich mental auf diesen Tag vorzubereiten, was offensichtlich dennoch nicht genügte. Stevies Tränen waren deren Erleichterung geschuldet. Ihre kleine Schwester bis hierhin zu bringen, hatte sie jede Menge Kraft gekostet. Doch es war ihr gelungen und Bianca würde das College besuchen.
Am späten Nachmittag fuhren die beiden jüngeren Gracefrauen nach Portland. Mrs. Grace – inzwischen wieder anständig zugedröhnt – blieb zu Hause. Keines der beiden Mädchen zeigte sich darüber besonders erbost, auch wenn sie sich gegenseitig mehrfach versicherten, wie gern sie gemeinsam mit ihrer Mom gefeiert hätten.
Stevie führte Bianca in ein teures Restaurant aus, ihr Zweitjob machte es möglich. Das Essen schmeckte fantastisch und das Ambiente war erstklassig. Es erinnerte sie ein wenig an früher, was die Stimmung spürbar aufleben ließ.
Als ein Mann an einem der Nachbartische freundlich in ihre Richtung grinste, verzog Bianca das Gesicht. »Wer ist das?«
»Mein Chef«, lächelte Stevie.
»Er ist hässlich!«
»Möglich. Aber er ist nett.«
Bianca verdrehte die Augen und Stevie verspürte unsagbare Erleichterung, dass hinter ihr nicht Mr. Frauenschwarm saß. Den konnte man garantiert nicht als hässlich bezeichnen, und sie wollte partout nicht, dass die altersgemäß so oberflächliche Bianca ihren wahren Chef kennenlernte. Wie ihre Reaktion auf den ausfallen würde, stand fest. Auf eine derartige Erfahrung verzichtete Stevie dankend! Auch wenn sie sich nicht die Mühe machte, über diese total unangebrachte Regung ausgiebiger nachzudenken.
Am späteren Abend fuhr Bianca sichtlich entrüstet nach Hause. Stevie sah es ihr nach. Es war nicht viel, was sie ihrer Schwester für deren ersten großen Erfolg ihres Lebens geboten hatte. Zu ihrem eigenen Abschluss hatte sie ihr nagelneues Mercedes-Coupé in Rot bekommen. Eingewickelt in einer riesigen rosa Schleife, die sich auf ergreifende Weise mit der Autofarbe biss. Okay, das Coupé gehörte längst der Geschichte an. Verkauft, wie so ungefähr alles andere auch, was sie jemals besaßen. Erstaunlich, wie schnell man alles verlieren konnte. Auch heute noch war Stevie verblüfft, wenn sie die Geschehnisse der vergangenen Jahre Revue passieren ließ. Wie auch immer: Ein lumpiges Essen genügte wohl kaum, um es damit aufzunehmen.
Doch Stevie blieb nicht viel Zeit, sich Gedanken über die Enttäuschung ihrer nun wirklich erwachsenen Schwester zu machen. Schon in einer Stunde musste sie bei Lily in der Bar antanzen. Eilig ging sie nach Hause, um sich umzuziehen und machte sich kurz darauf auf den Weg.
Stevie hätte es natürlich nie zugegeben, aber das ewige Arbeiten setzte ihr sogar verdammt zu.
Was an sich vielleicht nicht besonders erstaunlich war, schließlich absolvierte sie eine Achtundsechzigstundenwoche. Und das unter ständig steigendem Stress. Denn mit Beginn der zweiten Woche ohne den mies aufgelegten aber so verboten attraktiven Chef begann Percy Cooper, ihr gehörig auf die Nerven zu gehen.
Nie saß er länger als zwei Minuten auf seinem Hintern, stürzte andauernd in seinem seltsamen Watschelgang durch die Räumlichkeiten und pfiff vor sich hin. Tat er das einmal nicht, dann quasselte er wie aufgezogen. Dieser Mann störte ihre Konzentration, machte ein Arbeiten fast unmöglich, und verursachte starke Migräne.
Um es kurz zu machen: Mr. Percival Cooper war ein Kopfschmerz verursachendes Ärgernis!
Ab Dienstag betete Stevie, dass die Woche schnell verging und endlich wieder Ruhe einkehrte. Am
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