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Erstkontakt

Erstkontakt

Titel: Erstkontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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ich Gott weitaus verständlicher finde als eine vierte räumliche Dimension.«
    Ihre strahlenden Augen hatten wieder einen fernen, entrückten Ausdruck, wie er ihn an ihrem ersten gemeinsamen Abend bei ihr beobachtet hatte. »Gambini möchte aber nicht in einem Garten leben.«
    »Nein, das will er nicht. Im Paradies wären seine Teleskope nutzlos. Dennoch, in all den Jahren war er ein Getriebener, Harry. Und was hat ihn getrieben? Er sucht die Antworten auf die großen Fragen. Ich denke, auf seine eigene Art ist Gambini so etwas wie der Augustinus des zwanzigsten Jahrhunderts. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, daß sich unter seinen engsten Mitarbeitern und Kollegen ausgerechnet ein Priester befindet.« Sie betupfte mit einem Taschentuch vorsichtig ihr lädiertes Auge und zuckte zusammen. »Morgen werde ich damit nicht mehr sehen können«, sagte sie. »Wie fühlen Sie sich?«
    Alles an seinem Körper tat weh. »Nicht so gut«, gab er zu.
    Danach schwiegen sie einige Zeit. Ihr Essen kam, Spaghetti für Harry und Linguini für Leslie. »Sie vermissen sie sehr, nicht wahr?« fragte sie plötzlich.
    Harrys Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. »Sie waren ein großer Teil meines Lebens. Julie meinte, im Grunde wäre es mir eigentlich egal, ob sie da seien oder nicht. Und ich weiß, daß sie das wirklich glaubte. Aber das stimmt nicht. Das stimmte niemals. Ich erlebe zur Zeit die wohl aufregendste Phase meiner ganzen Laufbahn. Gott weiß, wohin das alles führen wird. Aber die Wahrheit ist, daß ich daran keinen Spaß habe, ich finde es nicht besonders vergnüglich. Ich könnte auf all das verzichten.« Harry stocherte mit einem Stück Brot in seinem Essen herum. »Es tut mir leid. Das ist es wohl, womit sie Ihren Lebensunterhalt verdienen, nicht wahr? Anderen Leuten dabei zuhören, wenn sie erzählen, wie sie ihr Leben verkorkst haben.«
    Sie reichte über den Tisch und ergriff seine Hand. »Ich bin nicht Ihr Arzt, Harry. Ich bin eine Freundin. Ich weiß, daß es eine schwierige Zeit für Sie ist. Und ich weiß, daß es Ihnen so vorkommt, als würden Sie niemals mehr aus diesem Zustand herausfinden. Im Augenblick sind Sie am Boden zerstört. Aber Sie sind nicht alleine, und es wird alles besser.«
    »Danke«, sagte er. Einen Moment schwieg er nachdenklich. »Sie ist schwer zu ersetzen.« Er lächelte sie an. »Für einen Augenblick hatte ich damit gerechnet, daß Sie sagen würden, Sie hätten etwas Ähnliches durchgemacht.«
    Leslie im flackernden Kerzenschein: Sie wurde nachdenklich; ihre Augen verloren sich in unendlichen Weiten, und Schatten senkten sich auf ihre Wangen. Harry wurde schlagartig und schmerzhaft bewußt, daß sie wunderschön war. Wie hatte ihm das bis zu diesem Abend nur entgehen können? »Sie haben recht«, sagte sie. »Sie werden wohl keine andere finden, die ihr entspricht. Aber das heißt nicht, daß Sie nicht doch eine andere finden können.« Sie lächelte nicht, aber plötzlich funkelten ihre Augen. »Und nein«, fuhr sie fort, »ich wollte Ihnen nicht sagen, daß ich ähnliche Erfahrungen hinter mir habe. Ich bin eine von den Glücklichen, die niemals von einer großen Leidenschaft gepackt wurden. Ich kann behaupten, vielleicht zu meiner Schande, daß ich jede meiner Männerbekanntschaften ohne Mühe habe aufgeben können.«
    »Sie klingen nicht gerade so, als hätten Sie eine hohe Meinung von uns«, sagte Harry nicht so leichthin, wie er gerne geklungen hätte.
    »Ich liebe die Männer«, sagte sie und drückte Harrys Hand. »Sie, nun … warum lassen wir es nicht dabei?«
    Sie gingen noch auf einen Drink ins Red Limit. Es war spät, und zuerst redeten sie nicht viel. Leslie rührte in ihrem Drink, starrte auf den Grund ihres Glases, bis Harry sie fragte, ob sie sich in Gedanken immer noch mit dem Tumult beschäftigte.
    »Nein«, sagte sie, »überhaupt nichts in dieser Richtung.« Ihre Blicke trafen sich und sie zuckte die Achseln. »Ich habe die meiste Zeit mit Übersetzen verbracht. Und ich habe von dem Text einen Eindruck gewonnen, der mich, nun, etwas erschüttert hat.«
    »Was meinen Sie?«
    Sie öffnete ihre Handtasche und wühlte darin herum, bis sie einen zerknitterten Umschlag fand, auf dem das Logo einer Bank in Philadelphia zu erkennen war, und begann darauf zu schreiben. Auf dem Kopf stehend, erschien es Harry wie ein Gedicht. »Das ist eine freie Übersetzung«, sagte sie. »Aber ich glaube, sie erfaßt den Geist des Textes recht gut.« Sie schob ihm das Papier

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