Ertränkt alle Hunde
Splitt auf der Straße vor seiner Haustür lag. Er lag ziemlich bewegungslos da. Ein Betrunkener ist völlig entspannt, wenn er fällt, und bricht sich von daher nur äußerst selten einen Knochen. Auch wenn reichlich Blut aus seiner platten Nase tropfte, hatte der Sturz ihn wahrscheinlich mehr gedemütigt als verletzt.
»Tun Sie ihm nich mehr weh, Mister!« flehte mich die Witwe an. Tränen rollten aus ihren blassen Augen. »Joe is alles, was ich und die Babys jetzt noch haben, verstehen Sie nicht?«
»Ich bin nicht gekommen, um irgendwem weh zu tun«, erklärte ich ihr. Ich schob eine Hand unter Boylans benommenen Kopf, hob ihn von den Steinen und sagte: »Sie haben mich total falsch verstanden, Boylan.«
»Bitte, Mister - er blutet!« sagte die Witwe.
»Kommen Sie, ich schaff Sie ins Haus«, sagte ich zu Boylan und half ihm auf die Beine. »Das Mädchen wird Sie saubermachen. Und dann werden wir beide uns unterhalten.«
»Vergessen Sie mich aber nicht«, erinnerte mich der Fahrer.
Ich gab dem Mann eine Fünf-Pfund-Note und versprach ihm noch eine zusätzlich zum Fahrpreis zurück zur O’Connell Street. Womit ich mir seine Zufriedenheit und fortgesetzte Geduld erkaufte.
Francies Witwe half, ihren Schwiegervater durch die Tür zu bugsieren und ihn auf eine durchgesessene Couch im nach vorn liegenden Wohnzimmer zu legen. Ansonsten bestand das Mobiliar nur noch aus einem Sessel, einem Teppich und einem runden Tisch mit einer Flasche und Gläsern darauf. Ein kleiner Junge in Windeln und einem schäbigen Pullover hockte unter dem Tisch und hielt sich die Augen zu.
Ich bedankte mich bei der jungen Witwe und fragte nach ihrem Namen.
»Catty, kurz für Catherine«, sagte sie und setzte ihr Baby zum Krabbeln auf den Teppich.
Boylan grunzte und erwachte wieder zum Leben. Er griff nach der Flasche auf dem Tisch.
»Könnten Sie vielleicht etwas heißes Wasser und Seife und einen Lappen holen?«
Sie verließ uns, und ich wuchtete Boylan in eine sitzende Position am einen Ende der Couch auf. Der Federkern der Couch knackte, als ich ihn bewegte.
»Ich schenke uns ein«, sagte ich.
»Warum nicht?« sagte Boylan. Jeder Kampfgeist in ihm war erloschen, sogar aus seiner Stimme verschwunden. »Zuerst bringen Sie meinen Jungen um, dann schlagen Sie mich auf der Straße nieder. Jetzt kommen Sie einfach in mein Haus, als würde Ihnen die beschissene Bude gehören. Also können Sie genausogut auch ein Schlückchen von meinem poteen stehlen.«
»Die Politik hat Ihren Francie getötet, nicht ich.« Auch in mir war jeder Kampfgeist erloschen. Es war nicht schwer, Mitleid mit dem Wrack zu haben, zu dem Joe Boylan geworden war.
»Und ich stehle Ihnen auch keinen Drink. Ich werde einen einschenken oder zwei. Sie bestimmen, Boylan.«
Er winkte mit einer Pranke ab. »Machen Sie schon, wir trinken beide einen.«
Catty kehrte mit einer Schüssel Seifenlauge und einem Tuch zurück. Sie wischte Boylans Gesicht und Nase ab, während ich den dunkelbraunen poteen einschenkte. »Danke, Mädchen«, sagte er zu ihr, als sie fertig war. Ich gab ihm sein Glas und setzte mich mit meinem auf den Sessel.
Der Junge kam unter dem Tisch hervor und auf mich zugewackelt. Vor mir blieb er stehen und starrte mir verwirrt und mit traurigen Augen ins Gesicht.
»Da?« fragte mich der Junge.
»Nae, das is nich dein Da«, sagte Boylan ihm. »Kannst du die Jungs nicht rausbringen?« fragte er Catty.
Catty raffte das Baby vom Teppich und pflanzte es sich auf die Hüfte. Dann trat sie zu dem älteren Jungen und streckte einen Finger aus, den er gehorsam packte, auch wenn er keine Sekunde die Augen von mir nahm. Dann gingen die drei, Francie Boylans schmerzlich junge Witwe und seine beiden vaterlosen Söhne, langsam aus dem Wohnzimmer nach hinten.
»Tut mir leid, was Ihnen passiert ist«, sagte ich.
Boylan lächelte und leerte fast sein Glas. Ich trank auch einen Schluck und hatte damit genug. Joe Boylans poteen hatte einen säuerlich-schweren Geschmack wie englisches Bier mit einem Spritzer Maschinenöl. Ich stellte mein Glas zurück auf den Tisch.
»Sind Sie deshalb gekommen?« fragte Boylan.
»Das ist ein Grund«, sagte ich nickend, und fügte dann hinzu, weil ich auch etwas von den Cops dieser Welt und den Goff Streets dieser Welt verstand: »Wie viele Leute von der Dublin Garda sind vorbeigekommen, um Ihnen ihr Beileid auszusprechen?«
»Ist ziemlich unwahrscheinlich, daß uns der Constable aus unserem Bezirk bei diesem Nachmittagstee
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