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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Blocks gibt’s hier keine Straßenbahn.«
    Ich klopfte an die Tür der Boylans und fand heraus, daß ich einen Volltreffer gelandet hatte, was meine Vermutung bezüglich der Szenerie im Haus betraf. Ein zwanzigjähriges Mädchen mit wäßrig-blauen Augen, vernarbter Haut und Haaren in der Farbe einer braunen Papiertüte machte mir auf. Einen kleinen Kreischer hatte sie sich auf die Hüfte gesetzt, ein anderer plärrte irgendwo hinter ihr.
    »Wohnt Joe Boylan hier?« fragte ich.
    »Wer will’n das wissen?«
    »Ich war bei Francie, als er gestorben ist, Ma’am. Ich heiße -«
    Sie wurde von einem gedrungenen Mann in ärmellosem Unterhemd und wollener Hose, die von Hosenträgern gehalten wurde, zur Seite gestoßen. Er war etwa so alt, wie mein Vater gewesen wäre, hatte einen flammendroten Bart und einen sengenden Atem. »Verschwinde«, sagte er zu dem Mädchen und verpaßte ihr eine Ohrfeige. Sie stolperte mit dem Baby zurück in den hinteren Teil des unangenehm feucht riechenden Hauses. Das Baby kreischte.
    »Ich bin Joe Boylan«, sagte er zu mir. »Spucken Sie’s aus, was zum Teufel wollen Sie?«
    Ich versuchte, meine Überraschung angesichts seines Anblicks zu kaschieren. Francie hatte von einem Mann aus dem Hinterland von Dún Laoghaire gesprochen, einem sanftmütigen Menschen, der den Frühling am Zwiebelgeschmack der Kuhmilch maß, zwischen den Blüten der Salweiden und Forsythien. Hier vor mir stand nun aber ein ausgebrannter Mann aus einer harten Straße, der bereits vormittags angetrunken war.
    »Ihr Sohn Francie hat mir von Ihnen erzählt, bevor er gestorben ist.«
    »Von wo kommen Sie noch mal?«
    »New York.«
    Joe Boylan schaute an mir vorbei zum Taxi. »Was soll’n das?« wollte er wissen.
    »Ich habe ihn gebeten zu warten. Ich möchte nur ein paar Minuten Ihrer Zeit.«
    »Sind Sie vielleicht ein Bulle?«
    »Ja.« Ich zeigte ihm meine Marke.
    Boylan versuchte, mir die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Was ich aber blitzschnell wie ein Vertreter mit dem Fuß zu verhindern wußte. Wütend rüttelte er am Türriegel. »Nae, mit Mördern wie euch red ich nich!«
    »Ich bin Amerikaner!« brüllte ich, als ergebe das irgendwie einen Sinn.
    »Sie sind der Bastard, der die Kugeln eigentlich abkriegen sollte, die Francie dann umgebracht haben!« fauchte Boylan mich an. Aus dem Haus drang Gekreische. Diesmal war es das Mädchen.
    Ich wich aus der Tür zurück, wobei meine Gedanken genauso taumelten wie mein Schritt. Für mich bestimmte Kugeln?
    »Warten Sie...«, sagte ich. »Was reden Sie da?«
    »Sie haben schon verstanden«, knurrte Boylan, »Sie irischamerikanischer Bastard! Gehn Sie nach Hause zu Ihren stinkenden Freunden in New York, die das Geld auftreiben für unsere eigenen einfältigen Schwachköpfe! Schämen solltet ihr euch wegen eurem beschissenen Geld, Sie Bastard, Sie!«
    »Ich verstehe nicht...«
    »Joe -!« brüllte das Mädchen hinter Boylan. Ich sah, wie sich ihre geröteten Finger flehend um eines seiner behaarten Handgelenke wickelten. »Ach, Joe, laß sein! Komm rein -!«
    Er riß sich von ihr los, stieß die Tür ganz auf und brüllte mich laut genug an, daß alle Nachbarn es hören konnten: »Das hier ist der Amerikaner, der eigentlich abgeknallt werden sollte! Nicht mein Francis! Und jetzt kommt der Bastard her und will scheißfreundlich Francies Witwe besuchen!«
    Boylan trottete aus der Tür, hatte die Fäuste gereckt und ruderte wild in der Luft. Er knurrte böse und versuchte, mit seiner Rechten einen unsicheren Schwinger zu landen. Ich hatte genügend Zeit, ihn abzuwehren, und Boylans Schlag krachte in meine offene Hand. Seinen tolpatschigen linken Uppercut blockte ich auf die gleiche Weise ab.
    Ich stieß ihn von mir zurück, aber er wollte mehr. Er senkte den Kopf und kam wie ein Stier spuckend und brüllend auf mich zugestürmt. »Amerikanischer Bastard!« Ich packte eine Handvoll seines Bartes und riß fest genug daran, um ihn aufs Kopfsteinpflaster krachen zu lassen.
    Francies Witwe hatte jetzt genauso eine panische Angst wie das Baby, das sich immer noch wie ein Affe an sie klammerte. »Jesses!« schrie sie. »Oh - Joe!« Die Straße rauf und runter hatten Leute ihre verschlossenen Fenster verlassen und drängten sich jetzt in offenen Türen, um besser sehen zu können. Mein Fahrer hatte sein Taxi ebenfalls verlassen und glotzte wie ein Anwalt, der eine Massenkarambolage von fünf Autos erspäht.
    Ich beugte mich über den am Boden liegenden Boylan, dessen Gesicht seitlich im

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