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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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eine Traube viel zu alter Schulmädchen in karierten Schottenröcken und Kniestrümpfen und grünen Strickjacken, die sich gerade auf ein japanisches Touristenpärchen stürzen wollten. Ich war drauf und dran, die Japaner zu retten, als ich Brady auf den Stufen des Präsidiums erspähte, direkt neben dem Eingang, wo er auch sein sollte.
    Brady sah mich ebenfalls. Und gleichzeitig machte er die beiden massigen Constables auf mich aufmerksam, die neben ihm standen.
    Dann kamen die Constables auch schon mit gezogener Waffe auf mich zu gestürmt.

37

    Chancellor Peadar Cavanaugh lehnte sich in seinem Sessel zurück und wartete auf die Reaktion seines jungen Interviewers. Er hatte Zeit, eine Rothman’s zu rauchen, dann fast noch eine halbe, bevor Oliver Gunston wieder ein Wort herausbrachte.
    Und selbst dann stammelte er nur. »Was Sie mir gerade gesagt haben, das ist... Also, der Plan ist mit Sicherheit ungewöhnlich, aber...« Gunston konnte den Gedanken nicht zu Ende führen. Was die Sache vielmehr traf - er konnte einen solchen Gedanken nicht mal beginnen. Der Nevermore-Plan. Unfaßbar, verrückt...
    Was Cavanaugh bereits vermutete. Natürlich. Das mit Abstand Unerträglichste an seinem Alter, das hatte er lernen müssen, war die Last der Erfahrung, die so vieles in den wenigen ihm noch verbliebenen Jahren so völlig vorhersehbar machte. Für einen Tag mit einer einzigen, echten Überraschung würde er liebend gern den Verlust noch eines weiteren lebenslangen Freundes erleiden.
    »Gestatten Sie mir, Ihnen bei dieser Sache behilflich zu sein«, sagte Cavanaugh. »Der Knüller, den ich Ihnen gerade serviert habe... Ach, übrigens, so nennen Sie so etwas in Ihrer Branche doch, richtig? Einen Knüller ?«
    »Aye. «
    »Hier haben Sie nun eine sensationelle Story, und doch wissen Sie sehr gut, daß sie nicht veröffentlicht werden kann. Ganz bestimmt nicht im >Irish Guardian<. Das ist doch Ihr Dilemma, oder nicht?«
    »Ist es.«
    »Und warum?«
    »Nun, ich...«
    »Kommen Sie, Gunston. Man hat mir gesagt, vor nicht allzulanger Zeit seien Sie ein hervorragender, hochintelligenter Student an diesem College hier gewesen. Einer von der eifrigen Sorte - mit einem Vollstipendium, richtig? Es hat Ihnen doch wohl drüben bei der guten alten Dame von einer Zeitung nicht den Kopf verkleistert, oder? Jetzt sagen Sie mir, warum ist Ihr wunderbarer Knüller nichts wert?«
    Gunston fragte sich, warum Cavanaugh ihn verspottete. Diese Bemerkung über sein Stipendium. Er schob den Gedanken fürs erste beiseite. »Weil ich schön blöd wäre, wenn ich damit zu meinem Herausgeber ginge?«
    »Genau. Die Sorte Männer, die in Zeitungen zu Macht kommen, kenne ich schon lange. Heute sogar Frauen, Gott helfe uns. Erzählen Sie einem von diesen Kretins von Nevermore , und die hetzen Ihnen sofort die Ärzte auf den Hals.«
    »Die würden mich für verrückt halten?«
    »Mit Sicherheit für einen Aufschneider. Sie haben einfach nicht das Zeug zu erkennen, daß der Wahnsinn die rationale Adaption an eine wahnsinnige Welt ist. Daher weigern sie sich, die Gedanken von Irren zu veröffentlichen, bis sie tot sind. Deshalb ist die Presse auch so ungeheuer öde. Ach, übrigens, Gunston, ich finde die Betonung Ihrer Sätze beunruhigend.«
    »Die Betonung?«
    »Nur ein weiterer trauriger Aspekt unserer Zeit. Männer und Frauen Ihres zarten Alters setzen sich in Gesprächen nicht mehr durch. Sie sagen nur noch so wenig, das mit einem schönen, nachdrücklichen Punkt endet. Heute sind Fragezeichen die Regel. Schon so früh im Leben. Zu schade.«
    »Ich will mal nur für mich selbst sprechen und für niemanden sonst meines Alters: Antworten kommen mir schon zu den Ohren raus«, sagte Gunston. »Aber von Ihnen hätte ich schon sehr gern eine. Wenn Sie wußten, daß ich keine Möglichkeit habe, es zu veröffentlichen, warum haben Sie es mir dann überhaupt erzählt?«
    Jetzt war es der wissende Cavanaugh, der sich über seinen weißen Bart strich und nach den passenden Worten zu seinen Gedanken suchte. Schließlich hellte sich sein Gesicht auf. »Nun, Gunston - ich bin Ihnen dankbar!«
    »Gern geschehen, aber wofür?«
    »Ich weiß es einfach nicht, warum ich es Ihnen erzählt habe. Was mich überrascht. Ich stehe in Ihrer Schuld.«
    »Chancellor...«
    »Schon gut.« Cavanaugh zog das Seidentuch aus seiner Brusttasche und wischte sich über den Mund. »Es müssen wohl all die herrlichen Erinnerungen gewesen sein, die mir wieder ins Bewußtsein kamen, als ich mir

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