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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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und dann sagt der Padre einfach: >Echte Patrioten haben Waffen in den Händen und Gedichte in den Köpfen... Niemals wieder!<«
    »Stimmt, das ergibt einen Sinn«, pflichtete ich bei.
    Über den Autor dieses poetisch verschlüsselten Wortwechsels mußte ich nicht spekulieren. Auch nicht darüber, daß Farrelly der Anrufer war. Wie es sich anhörte, hatte auch Neglio aufgehört zu raten.
    Ich dachte an jenen Tag, als ich den armen Father Tim mit einem Rosenkranz in den arthritischen Händen und in ein Gebet zum heiligen Judas versunken gesehen hatte, ihn und sein aufgewühltes, bleiches Gesicht und seinen durch einen Ausschlag geschwollenen Hals. Ich griff in meine Tasche, und da war das Medaillon, das er mir gegeben hatte. Und ich dachte an eine Zeile aus Peadar Cavanaughs Brief: Weil ich ein alter Hund des Krieges bin... und weil mein Befehlshaber einen letzten, endgültigen Befehl ausgegeben hat, der so oder so meinen Tod bedeuten wird. Ich entscheide mich für meinen eigenen Weg aus diesem Jammertal.
    »Hock...?«
    Mehrere Sekunden hatte keiner von uns ein Wort gesprochen.
    »Ja, ich bin dran.«
    »Sie wollen doch nicht noch tiefer in diese Scheiße hineingeraten, oder?«
    »Nein, eigentlich nicht.« Ich rieb die Rückseite meines Oberschenkels, wo die verbundene Wunde immer noch weh tat.
    »Kommen Sie nach Hause, wohin Sie gehören, Hock. Es ist jetzt vorbei.«
    »Für Sie vielleicht, und vielleicht in New York. Aber ich gehöre nicht dorthin, bis auch hier alles vorbei ist.«
    »Reden Sie nicht wie ein gottverdammter Märtyrer.«
    »Ich werde für niemandes Weltanschauung sterben.«
    »Sie werden keine große Wahl haben, wenn Sie ins Kreuzfeuer einiger irischer Fanatiker geraten, die miteinander diskutieren.«
    »Wir sehn uns, Inspector.«
    »Hoffen Sie.«
    Ich hoffte es.

    Wir tranken Tee, und ich erzählte Ruby von meinem Gespräch mit Neglio. Als wir keine Lust mehr hatten, uns noch länger in dem Gasthaus herumzudrücken, schlenderten wir zur Werkstatt zurück. O’Malley hatte den VW zusammengeflickt und war nun damit beschäftigt auszuklamüsern, um wieviel genau er mich erleichtern konnte.
    »Der Reifen, der kostet Sie nur fünfzig Mäuse, weil ich zufälligerweise einen runderneuerten rumliegen hatte, und ich würde einen Touristen doch nie unnötig finanziell belasten wollen«, sagte O’Malley. Er zog einen Bleistiftstummel hinter seinem Ohr hervor und schrieb den Betrag auf einen mit Schmiere bekleckerten Block.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte ich.
    O’Malley schaute zu mir auf, dann verzog er angestrengt und konzentriert sein Gesicht und fuhr fort: »Lassen Sie mal sehen... die Lichtmaschine. Das alte Ding, der reinste Horror war das...«
    Ruby verpaßte dem neuen Reifen einen Tritt. Es klang wie ein Wasserball, der über den Bordwalk von Coney Island hüpfte. Ich sah, daß er ungefähr genausoviel Profil hatte. Fünfzig irische Pfund für einen glatten Wasserball.
    »Wieviel kosten schon diese Kohlenbürsten, oder wie die Dinger heißen?« fragte ich.
    »Oh, so einfach war das nicht -«
    »Wieviel?«
    »Noch mal fünfzig, fürchte ich.«
    »Ich hätte auch Angst, dafür soviel zu verlangen.«
    »Sagen wir fünfundachtzig für alles zusammen, wenn wir noch das kleine Päuschen berücksichtigen, das ich Amerikanern auf der Durchreise von Herzen gerne gönne?«
    »Besser sind fünfundsechzig und eine angenehme Erinnerung an Pollaphuca.«
    »Dann möchte ich doch fünfundsiebzig vorschlagen, Sir, wobei ich an mein krankes jüngstes Kind denke.«
    Ruby trat wieder gegen den Reifen und sagte: »Bezahl’s, Hock. Wir haben noch drei Stunden Fahrt vor uns, und mit dieser Karre sollten wir besser vor Einbruch der Dunkelheit dort sein.«
    » Hock , das ist ja mal ein interessanter Name«, meinte O’Malley, als ich ein paar Scheine abzählte und ihm in die Hand drückte. »Das ist Gälisch und bedeutet soviel wie Trottel.«

    Die nächste Fahrt durch eine flache, einsame und nicht sonderlich interessante Gegend saß Ruby hinter dem Lenkrad. Ich schloß die Augen und versuchte, mich zum Schlafen zurückzulegen, mußte aber erfahren, daß dies in einem VW absolut unmöglich ist.
    Da war das schrille Jaulen des Motors, das Pfeifen der Luft durch Fenster, die nicht richtig schlossen, und das gelegentlich Wumm-wumm der Reifen, die über die zahllosen Unebenheiten der Straße holperten. Außerdem das Quietsch-quatsch alter Scheibenwischer, die mit etwas zwischen einem Nieselregen und einem Schauer

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