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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Ammoniak. Am anderen Ende der Halle sahen wir Kopf und Schultern eines Mannes hinter einer Rezeptionstheke mit einer Lampe darauf. Auf dem Weg dorthin bemerkten wir acht Zimmer, vier auf jeder Seite. Nur zwei davon schienen benutzt zu werden. Eine Gruppe alter Frauen mit Strickzeug auf den Schößen saß in dem einen und schauten auf einen flackernden Fernseher. Der andere benutzte Raum war eine Bar, die ruhigste Bar, die ich je gesehen habe. Darin vereinzelte alte Männer, die Pints tranken.
    Die Rezeption war ein Prachtstück aus Mahagoni, das nicht ganz hierher paßte. Sie war wuchtig genug für ein großes Hotel in New York oder London, trübte aber den dramatischen Blick auf eine dahinter liegende Haupttreppe. An den beiden Enden stand jeweils ein chinesischer Umtopf mit Dattelpalmen, die aus Mangel an Sauerstoff und Licht eingingen.
    »Womit kann ich Ihnen helfen?« erkundigte sich der Mann hinter dem Empfang. Er schaute von der Zeitung auf, in der er geblättert hatte. Er war etwas über sechzig Jahre alt, wenn auch nicht viel, sein Kopf wurde von einem Nimbus silbergrauer Locken gerahmt, er hatte einen langen, spitzen Rüssel als Nase und harte, braune Augen, die blitzschnell Ruby, mich und unser Gepäck taxierten. »Sind Sie auf der Durchreise oder bleiben Sie eine Weile in Tullow?«
    »Sind Sie Mr. Roarty?« fragte ich.
    »Aye, Ned Roarty.« Eine Frau mittleren Alters mit grauen Strähnen in dem ansonsten schwarzen Haar tauchte hinter ihm auf. Sie war größer und jünger als Roarty, und vielleicht dreißig Pfund schwerer. Sie hatte herb-männliche Gesichtszüge, die den seinen sehr ähnelten: die harten Augen, die gleiche spitze Nase und schmale, geschürzte Lippen, die an den Mundwinkeln nach unten gezogen waren, als hätte sie gerade Essig getrunken. Roarty deutete mit einem tintenbefleckten Daumen auf sie. »Das hier ist meine Tochter Annie.«
    »Auf dem Schild draußen steht, Sie hätten Zimmer frei?« fragte ich.
    »Das Schild lügt nicht«, sagte Roarty. Seine Blicke wanderten über unsere Finger. Als er sah, daß wir keine Ringe trugen, fragte er streng: »Sie möchten also zwei Zimmer?«
    »Eins reicht«, sagte ich.
    »Vielleicht mit Blick auf diesen wunderschönen Bach«, schaltete Ruby sich ein.
    »Wir werden sehen, Ma’am, wir werden sehen«, brummelte Ned Roarty. Er drehte sich um und ließ seine Augen über den hölzernen Schrank wandern, der hinter dem Empfang an der Wand befestigt war. Der Schrank war ein Labyrinth von Postfächern, von denen die meisten bis auf Zimmerschlüssel leer waren, wie sie heute nur noch in Antiquitätengeschäften verkauft werden. Roarty summte leise und wog die verschiedenen Möglichkeiten ab. Die Tochter fixierte uns mit säuerlicher Miene.
    »Hier haben wir genau das Richtige«, sagte Roarty schließlich und drehte sich mit einem großen, eisernen Schlüssel in der Hand wieder zu uns. Er schob die Zeitung beiseite. Darunter lag ein Kugelschreiber und ein in Leinen gebundenes Gästebuch, das er nun aufschlug und mir zum Ausfüllen zudrehte. Zu Ruby sagte er: »Nummer sechs ist eine schöne Suite mit nach vorn hinaus liegendem Erker und Balkon, Ma’am. Sie liegt ganz oben am Ende der Treppe, damit Sie auf die Biegung des Flusses und zum Wasserfall hinabschauen können, wo der Lachs geangelt wird.«
    »Das klingt sehr gut«, sagte Ruby.
    »Wieviel?« fragte ich.
    »Wie viele Nächte bleiben Sie?«
    »Ich weiß nicht. Kommt drauf an.«
    »Kommt auf was an, wenn ich fragen darf?«
    »Darauf, ob dreimal Glück bringt.«
    »Ich kann nicht ganz folgen, Sir.«
    »Das hatte ich auch nicht von Ihnen erwartet. Ich habe nur nach dem Preis des Zimmers gefragt.«
    »Sagen wir fünfzig Pfund, eine Nacht im voraus.«
    Ich nickte und trug unsere Namen in das Gästebuch ein. Ruby öffnete ihr Portemonnaie und bezahlte. Annie Roarty kam nicht sonderlich begeistert hinter dem Empfang hervor, nahm unsere Taschen und sagte: »Kommen Sie, ich bringe Sie rauf, wo Sie ja bezahlt haben.«
    Wir folgten Annie Roarty, die gemächlich vier breite und hallende Treppen hinaufstapfte, bis wir unsere Suite erreichten. Natürlich dachte ich über die Ironie von allem nach. Wieder waren wir angekommen, wurden in einem großen Haus von einer stämmigen, mürrischen Frau zu unserer Unterkunft geführt; wieder waren wir angekommen, betraten ein Haus, das Geheimnisse verströmte.
    Die Suite hatte auch schon bessere Tage gesehen. Das Wohnzimmer war schlicht möbliert, um es freundlich auszudrücken.

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