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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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nicht laut. Nichtsdestoweniger erregte seine Frage ein gewisses Aufsehen. Alle wachten auf und starrten uns an, als mein Name ausgesprochen wurde. Wir waren in der Mitte des Raumes auch kaum zu übersehen.
    »Und wenn ich’s gesagt hätte?« fragte ich.
    »Es ist nur überraschend, weil es ein alter Name hier aus der Gegend ist.«
    »Das habe ich schon gehört.« Ich schaute zu dem nächsten Tisch hinüber, von wo mich alte Leute anstarrten. Eines der alten Mädchen nahm eine dicke Brille aus einer perlenbesetzten Handtasche und putzte sie mit einer Serviette. Laut genug für die Lauscher sagte ich: »Ich bin nach Tullow gekommen auf der Suche nach Leuten, die mir etwas über meinen Vater erzählen können - über Aidan Hockaday.«
    Eine spürbare Veränderung der Atmosphäre hatte stattgefunden. Ich konnte nicht sagen, ob dies gut oder schlecht war. Ganz sicher war da so etwas wie Neugier, völlig normal und harmlos angesichts der Tatsache, daß bislang - falls überhaupt - nur wenige schwarze Frauen hier abgestiegen waren. Was drei alte Knaben am Ende der Theke betraf, befürchtete ich bereits das Schlimmste. Sie setzten ihre Mützen auf und warfen mir im Hinausgehen finstere Blicke zu. Zwei gingen direkt hinaus, der dritte kam an unseren Tisch und flüsterte etwas in Roartys Ohr, bevor er ebenfalls den Raum verließ.
    »Sieht so aus, als hätte ich die alten Knaben irgendwie verscheucht«, sagte ich zu Roarty, als er sich wieder um uns kümmerte.
    »Nae, die verschwinden nur runter in die sheepeen «, sagte er. »Tagsüber sind sie hier oben auf dem Berg, abends unten. Das bringt Abwechslung ins Leben.«
    »Tolles Leben«, meinte Ruby.
    »Ich gebe zu, es ist nicht New York, aber ihnen gefällt’s, Ma’am«, sagte Roarty.
    »Der alte Knabe hat Ihnen etwas zugeflüstert, Mr. Roarty«, sagte ich. »Was war’s denn?«
    »Er hat gesagt, Sir, daß Sie in einer Stunde runter in die sheepeen kommen sollen.«
    »Ach ja?«
    »Wir werden da sein«, sagte Ruby.
    »Oh - aber nein, Ma’am!« Roarty war erschüttert. An den Tischen in Hörweite erhob sich ein leises Lachen. »Es ist die sheepeen, wissen Sie. Da dürfen nur Mannsleute rein.«
    »Das ist doch das Wunderbare am Reisen, nicht wahr?« sagte ich zu Ruby. »Egal wohin man kommt, irgendwie ist es überall das gleiche. Zum Beispiel die sheepeen hier und dieser Schuppen an der Park Avenue mit dem Oberkellner... wie heißt er noch gleich?«
    »Pierre«, sagte Ruby lächelnd.
    »Es gibt da in New York diesen Laden«, erklärte ich Roarty, »in dem sich die Männer nicht für Frauen interessieren -« Ich wollte noch mehr sagen, aber Ruby unterbrach mich.
    »Spar dir das, Hock«, warnte Ruby. »Es macht mir wirklich nichts aus, hierzubleiben, während du in deine stinkende Männerkneipe gehst.«
    Die alten Mädchen in unserer Nähe lachten. Die alten Jungs nicht.
    »Nun denn, Mr. Roarty, dann bringen Sie uns mal eine Flasche von Ihrem besten roten Bordeaux«, sagte Ruby. »Anschließend dürfen Sie dann den Fraß bringen.«
    Dann drehte sich Ruby zu mir. »Und was Sie betrifft, Mr. Hockaday, lassen Sie Ihre Erklärung hören. Was meinst du damit, er ist hier... ?«
    »Ich meine, es fügt sich jetzt alles zusammen. Ich habe keine leere Stelle mehr.«
    »Ist das gut?«
    »Gute Frage. Genau wie diejenige, die ich heute nachmittag zum dritten Mal gestellt habe. Was ist mit deiner Antwort?«
    »Mein guter, lieber Mann, das hat doch auch noch Zeit bis morgen, oder?«

    Eine Stunde später lag mir der Hammel schwer im Magen, und ich hatte Ruby den Fall geschildert, wie er sich mir darstellte. Sie ging mit mir auf die Veranda, blieb dort stehen und sah mir nach, während ich den Weg vom Berg hinunter zur sheepeen ging.
    Ich drehte mich um und schaute zu ihr zurück, wo sie im Mondschein stand. Licht fiel von hinten durch die offene Tür des Gasthauses auf ihre schlanke Gestalt. Sie winkte, und ich hörte ihre Stimme durch die feuchte Luft zu mir herunterwehen. »Sei vorsichtig, Hock...«
    Nein, ich würde sie nie verlieren, das schwor ich mir.
    Dann marschierte ich weiter durch eine so tiefe Dunkelheit, daß ich weder meine Füße durch das Gras stapfen noch meine Hände schwingen sehen konnte. Aber ich hörte den Lärm aus der sheepeen und sogar den rauschenden Bach dahinter. Und aus meinen Träumen kannte ich den Weg.
    Es war genau so, wie ich immer sicher war, daß es sein würde, das Bild, das mir als Junge durch Onkel Liams Erzählungen in den Kopf gepflanzt worden war. Die

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