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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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berührte das Medaillon auf meiner Handfläche. »Behalte das hier immer bei dir, solange du auf der anderen Seite bist, Neil. Und um deines Lebens mit Ruby Flagg willen vergiß nicht, daß es da ist, wenn du es brauchst.«
    Er kurbelte das Fenster wieder hoch und starrte mit feuchten Augen zu mir hinaus. Er sagte noch etwas, was ich nicht verstand, und bekreuzigte sich. Dann klopfte er dem Fahrer auf die Schulter, und das Taxi fuhr los.
    Gedankenverloren stand ich da, dachte an alles, was Davy Mogaill und Father Tim Kelly mir an diesem Wochenende gesagt und was sie mir nicht gesagt hatten. Und die Stimmung in meinen Reflexionen war Enttäuschung, denn ich dachte: Kann man seine Freunde jemals wirklich verstehen?

7

    »Biegen Sie an der Forty-fourth Street rechts ab.«
    »Wieso?«
    »Unwichtig. Tun Sie’s einfach.«
    »Was ist mit der Bronx?«
    »Da fahren wir nicht hin.«
    »Okay, mich geht’s ja nichts an. Also, wohin dann?«
    »Fahren Sie zurück zur Holy Cross Church auf der Forty-second. «
    »Haben Sie da irgendwas vergessen, Padre?«
    »Bringen Sie mich einfach hin. Sie können die dreißig Dollar behalten.«
    »Kein Problem.«
    Father Timothy Kelly stieg vor der Holy Cross aus dem Taxi und ging zu dem schwarzen, schmiedeeisernen Tor, das die breite Treppe umgab. Einen oder zwei Augenblicke lehnte er sich gegen einen Pfosten, um sein Herz auszuruhen. Ein Teenager mit einem dicken Bauch blieb auf den Treppenstufen nach oben stehen.
    »Mit Ihnen alles in Ordnung?« fragte sie den sich ausruhenden Priester.
    »Gott segne dich, mein Schatz, mit mir ist schon alles in Ordnung«, sagte Father Tim. Er warf einen mißtrauischen Blick auf ihren Bauch.
    Das Mädchen ging weiter in die Kirche. Einen Moment später ging Father Tim selbst die acht Stufen hinauf zu den großen, blauen Türen, zog eine davon auf und betrat zum zweiten Mal an diesem Sonntag die schwach beleuchtete Kirche.
    Er bekreuzigte sich und setzte sich in eine Bank. Das Mädchen saß tief in ein Gebet versunken ein paar Reihen weiter vor ihm. Die Turmglocken schlugen Viertel nach sechs. Father Tim döste eine Weile ein.
    Als er aufwachte, schaute er zu dem Beichtstuhl neben der Statue des heiligen Judas hinüber. Er bemerkte, daß das winzige Kreuz über der mit einem Vorhang versehenen Tür brannte, was bedeutete, daß sich ein Beichtender darin befand, der bei einem Priester seinen Frieden schloß. Er wartete.
    Ein großer, dunkelhäutiger Mann verließ den Beichtstuhl, und das kleine Kreuz erlosch. Dann erhob sich das Mädchen von ihrer Bank und ging langsam dorthin, wo sie von ihren Sünden, wenn schon nicht von ihrem Baby, losgesprochen werden konnte. Als sie fertig war, setzte sie sich wieder und betete. Als die Kirchturmglocken die achte Stunde am Sabbatabend läuteten, hatten drei weitere Personen die Beichte abgelegt. Als er sicher war, daß Neil und Ruby sich bereits in der Luft befanden, ging Father Tim dann auf den Beichtstuhl zu.
    Er zog den purpurnen Vorhang zur Seite. Purpur, die Farbe der Reue. Er zog den Vorhang hinter sich zu, senkte sich auf die Kniebank, wodurch das beleuchtete Kreuz draußen aktiviert wurde. Drinnen, in der nach Wachs riechenden Dunkelheit, hob er das Gesicht zu dem Sprechgitter zwischen sich und dem unsichtbaren Pfarrer und sagte: »Gott segne mich, Father, denn ich habe gesündigt. Meine letzte heilige Beichte habe ich vergangenen Mittwoch abgelegt. Seitdem habe ich gelogen.«
    »Wie viele Male?« fragte der unsichtbare Priester.
    »Es ist die gleiche Lüge zu anderen wie zu mir selbst, es ist immer die eine, große Lüge.«
    »Haben Sie Ihr Gewissen erforscht?«
    »Das habe ich.«
    »Als Buße für Ihre Sünden beten Sie zehn Ave Maria.«
    »Danke, Father.«
    »Bereuen Sie.«
    »O mein Gott, es tut mir von Herzen leid, Unrecht gegen Dich begangen zu haben, und ich verabscheue all meine Sünden, wegen Deiner gerechten Strafe - der Verlust des Himmels und der Schmerz der Hölle. Aber vor allem anderen, weil sie Dich beleidigen, mein Gott, der Du gut und rein bist und dem ich all meine Liebe schulde. Ich gelobe mit Hilfe Deiner Gnade meine Sünden zu beichten, Buße zu tun und mich zu bessern... Amen.«
    »Gehe nun in Frieden und losgesprochen, mein Sohn.«
    Father Tim erhob sich von der Kniebank. Seine Knie schmerzten, sein Herz hämmerte. In der Tür des Beichtstuhls blieb er wie erstarrt stehen, während er mit der linken Hand den halb zugezogenen, purpurnen Vorhang umklammerte. Zwei Männer und ein

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