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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Bursche mit Mütze und einer Jacke mit vier Knöpfen. Er hatte sich einen dieser großen Portiersschirme über den Arm gehängt und hielt in seinen kompetenten Händen ein ordentlich mit HOCKADAY beschriftetes Pappschild.
    »Sofern ich keine Verwandte in der Maschine habe«, sagte ich zu Ruby, »gehört er ganz uns.«
    »Gut, das entschädigt mich für die Klansmen vorhin beim Zoll.«
    Auf einem Wagen schoben wir unsere Taschen vor uns her und gingen zu dem Chauffeur. Er entdeckte uns ungefähr auf halbem Weg und begrüßte mich zackig; ich erwiderte es. Er schien überhaupt nicht überrascht zu sein, ein amerikanisches Paar mit gegensätzlicher Hautfarbe zu treffen.
    »Hi«, sagte ich, als wir bei ihm waren. »Ich bin Neil Hockaday.«
    »Top o’day, Sir«, sagte er und schüttelte mir die Hand. Er sah Ruby an und tippte an die Mütze. »Einen wunderschönen Tag auch Ihnen, colleen. Ich bin Francis Boylan - Francie werde ich genannt.«
    »Und ich bin Ruby Flagg«, erwiderte Ruby munter. Sie legte die Lippen an mein Ohr und flüsterte: »Ich liebe dieses colleen.«
    »Hat mein Onkel Sie geschickt?« fragte ich.
    »Gewissermaßen«, sagte Boylan. Er lächelte mich an wie ein Leichenbestatter, wenn jemand sich nach dem Preis eines Sarges erkundigt. »Es war Mr. Patrick Snoodys Wunsch, daß Sie heute morgen abgeholt werden.«
    Vermutlich weil ich müde vom Flug war, vergaß ich die elementarste Regel der Polizeiarbeit und stellte Boylan eine Frage, zu der ich nicht bereits die Antwort kannte. »Mein Onkel Liam hat mir gegenüber kein einziges Mal diesen Snoody erwähnt«, sagte ich. »Wer ist er?« Boylan schenkte mir nur wieder einen seiner Beerdigungsgrinser.
    Dann warf Ruby mir einen Blick zu, den sie ohne Frage von ihrem Freund Pierre, dem Oberkellner, in New York gelernt hatte. Sie sagte: »Ich mache jede Wette, du hast nicht einen Gedanken darauf verschwendet, wie wir von hier zu deinem Onkel kommen, stimmt’s nicht, mein Geliebter?« Als ich mit den Achseln zuckte, drehte sie sich zu Boylan. »Vielen Dank, Francie. Wir sind auf die Freundlichkeit von Fremden angewiesen.«
    »Sollten wir uns dann jetzt vielleicht auf den Weg nach Dún Laoghaire machen, Miss Ruby?« fragte Boylan.
    »Ja, das sollten wir«, erwiderte Ruby.
    »Wie weit ist es denn?« wollte ich leicht murrend von Boylan wissen.
    »Ich denke, zwei Stunden, eine winzige Rundfahrt eingeschlossen.«
    »Eine Rundfahrt?«
    »Mr. Snoody schlägt vor, daß ich Ihnen auf dem Weg ein bißchen von Dublin zeige. Folgen Sie mir einfach.« Boylan übernahm dann unseren Gepäckwagen, und wir folgten ihm den Korridor hinunter zum Wagen.
    »Können Sie mir sagen, wie es meinem Onkel geht?«
    »Ich vermute, er befindet sich derzeit nicht in akuter Lebensgefahr«, sagte Boylan.
    Fast hatten wir eine breite, zweiflügelige Glastür erreicht, die zu der Vorfahrt für ankommende Flüge führte, als wir hinter uns Lärm hörten. Ich drehte mich um und sah einen der Zollbeamten in unsere Richtung galoppiert kommen. Mit einer dünnen, nasalen Stimme rief er: »Mr. Hockaday... Mr. Hockaday -! «
    Ich wartete. Ruby war nicht besonders glücklich darüber, den
    Burschen wiederzusehen, denn genau dieser Beamte war es, der ihr Gepäck durchstöbert hatte. Ich bemerkte, daß Boylans Hochstimmung ebenfalls leicht gedämpft wurde, auch wenn er nichts sagte. Ruby beschwerte sich: »Schon wieder der Klan ?«
    »Entschuldigen Sie bitte, Sir«, sagte der Beamte am Ende seines Galopps. Sein Gesicht schimmerte feucht und war gerötet. Er holte tief Luft. »Bei der ganzen Aufregung der Gepäckkontrolle Ihrer Begleiterin -«
    Ich unterbrach ihn. »In den Unaussprechlichen einer Lady herumzuwühlen, erregt Sie so was?«
    Ruby lachte. Genau wie ungefähr ein Dutzend anderer Leute, die zufällig vorbeigingen und den Wortwechsel mitbekamen. In Erwartung weiterer Unterhaltung blieben sie stehen.
    »Hören Sie - seien Sie bitte fair!« protestierte der Beamte. »Ich habe nur in Ausübung meiner Pflicht gewühlt.«
    Wieder wurde gelacht, diesmal schon heftiger. Das Gesicht des Beamten wirkte inzwischen schmerzerfüllt und wurde noch röter. In dem Versuch, seine Würde wiederzuerlangen, nahm er militärisch Haltung an. Denn immerhin trug er ja Uniform. Das Problem war nur, daß sie seinen plumpen Körper umhüllte wie die faltige Schale einer gebackenen Kartoffel. Sosehr er sich auch abmühte: er wirkte nur lächerlich. Eine Stimme aus der Menge hänselte: »Er kann nichts dafür, er ist eben ne

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