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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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nicht, daß es besonders nett ist, wie wir hier behandelt worden sind. Ich im übrigen auch nicht.«
    Keegan winkte ab und sagte wegwerfend: »Sie wissen doch selbst, wie so was ist.«
    »Wo ich herkomme, gibt es einen Brauch namens >kollegiale Höflichkeit<. Das bedeutet, wir rennen nicht in der Gegend herum und halten nicht irgendeinen Cop von außerhalb, der zufälligerweise Zeuge einer Schießerei auf einer belebten Straße geworden ist, automatisch für denjenigen, der den Abzug gedrückt hat - was wiederum heißt, wir nehmen ihm nicht seinen Paß ab und setzen ihn dann für zwei Stunden in einen kleinen Raum mit einem Beobachtungsspiegel.«
    »Aha, dann vermitteln wir Ihnen also dieses Gefühl, ja? Allein der Gedanke, daß die Garda verantwortlich sein könnte für eine Belastung der irisch-amerikanischen Beziehungen, ist mir schon äußerst unangenehm.« Gähnend klaubte Keegan unsere Pässe aus den Papieren auf seinem Schreibtisch und reichte sie uns. »Im Namen von ganz Dublin möchte ich mich bei Ihnen und der Lady entschuldigen. Es steht Ihnen jederzeit frei zu gehen, sollten Sie wissen - jetzt sofort, falls Sie dies wünschen.«
    »Sie haben vergessen, daß Sie mir eine Frage gestellt haben.«
    »Ja, richtig. Aber sagen Sie, habe ich die kollegiale Höflichkeit einer Antwort bekommen?« Jetzt zeigte Keegan uns ein bösartiges Lächeln.
    Dieses Lächeln gefiel mir überhaupt nicht, und daher sagte ich: »Wo ist der Witz, Chief?«
    »Von dieser Seite des Schreibtisches werden Sie keine Witze hören, Hockaday.«
    »Abgesehen von dem Gag, daß Sie uns hier wie zwei Mordverdächtige behandeln.«
    »Mord sagen Sie?« Keegan beugte sich vor und warf wieder einen Blick in seine Unterlagen. »Aber sehen Sie hier - laut Constable Mulcahys Bericht haben Sie gesagt, es sei mehr als Mord gewesen. Irgendwas von Politik haben Sie gesagt, das ist doch richtig, oder?«
    Ruby stieß mir in die Rippen und sagte: »Vielleicht sollten wir jetzt lieber gehen.«
    Davy Mogaills Worte kamen mir in den Kopf: »Was versteht ein gebürtiger Amerikaner schon von Politik?« Also antwortete ich Keegan: »Vielleicht sollten wir besser der Dublin Garda vertrauen, die Sache aufzuklären.«
    »Vertrauen - das ist mal eine Qualität, die unserer schönen neuen Welt völlig abgeht«, sagte Keegan. »Und doch kann ich nicht vergessen, was mein lieber Vater immer zu mir sagte: Vertraue nie auf die Unvermeidlichkeit einer strahlenden Morgensonne im Lächeln deiner Schwiegermüttern« Er schwieg kurz, fixierte mich mit starrem Blick und fragte: »Was ist mit Ihrem Vater, Hockaday? Was hat er Ihnen gesagt?«
    Über die Jahre habe ich immer wieder die gleiche Antwort auf Fragen bezüglich meines Vaters gegeben. Die Worte sind immer die gleichen. Sie haben immer als die gefühllose Erklärung für die Tatsache meines Lebens gedient, bis ich sie jetzt wieder sagen hörte: »Mein Vater war Soldat, er ist im Krieg gefallen, und ich habe ihn nie kennengelernt.«
    »Ach, ist das so?« sagte Keegan offensichtlich ohne großes Vertrauen in diese simple Tatsache.
    Ich wechselte das Thema. »Machen wir weiter, Keegan. Jeder auf der O’Connell Street hat das gleiche gesehen: Drei bewaffnete Männer kommen die Stufen der Hauptpost herunter. Zwei habe ich mattgesetzt, der dritte konnte fliehen, nachdem er unseren Fahrer erwischt hat. Also - wer zum Teufel hat es auf uns abgesehen, und wer zum Teufel ist Francie Boylan?«
    Keegans Augen tanzten, und er begann laut und vergnügt zu lachen wie ein kleiner Junge, der einen Stuhl unter einer fetten Frau zusammenbrechen sieht. Zweifellos lachte er, weil ich gerade eben die erste Regel eines jeden auch nur halbwegs kompetenten Detectives gebrochen hatte, keine Fragen in einer feindseligen Situation zu stellen; das bedeutet: halt dein Maul, sofern du nicht selbst die Antwort kennst. Soweit konnte ich seine Belustigung durchaus nachvollziehen. Aber hinter Keegans Gelächter steckte mehr, und um alles zu verstehen, würde es so enden, daß der ganze Rest einer sentimentalen Reise ins Land meiner Ahnen dabei draufging.
    »Die Antworten auf Ihre Fragen, Detective Hockaday - nun, dabei kommt erheblich mehr als simpler Mord heraus, oder? Und stimmen Sie mir nicht auch zu, daß diese Sache erheblich komplizierter ist als einer Ihrer amerikanischer Wer-ist’s-gewesen -Krimis?« Keegan machte seine Sache wirklich gut, und er amüsierte sich blendend; jetzt war ich es, der ihm die Unverschämtheit aus dem Gesicht schlagen

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