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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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komisch anquatscht, weil sie ihn angeblich an seine verstorbene Frau erinnert?«
    »Ich würde sagen, Sie haben sich verdammt viel Mühe gegeben mit Ihren eigenen Erkundigungen.«
    »Das liegt daran, daß ich ungewöhnlich viel freiwillige Hilfe bekommen habe.«
    »Freiwillige -?«
    »Die Zeitungen und das Fernsehen und die Jungs vom Radio kleben an dieser Sache wie die Fliegen. Die gottverdammten Reporter glauben, sie hätten eine schöne, große, häßliche Story über einen korrupten Cop. Der Bürgermeister und der Commissioner finden schlechte Neuigkeiten dieser Art überhaupt nicht gut.«
    »Kann ich mir denken.«
    »Und mir gefällt es nicht, daß ich den Befehl ausgeben muß, Ihren Rabbi unter dringendem Tatverdacht festzunehmen. Was ich bereits getan habe. Ein Tatverdacht dieser Art paßt mir gar nicht.«
    »Nein...«
    »Aber Sie und ich, Hock, wir wissen beide, daß mehr hinter dieser Geschichte steckt, stimmt doch, oder? Viel mehr, was diese Sache mit Mogaill und Ihren Freund, den Priester, betrifft, richtig?«
    Kann man seine Freunde jemals wirklich verstehen?
    Ich sagte nichts. Ein paar Sekunden herrschte Schweigen in der Leitung.
    »Hock, sind Sie noch da -?«
    »Ich bin hier.«
    »Ich habe so das Gefühl, daß Sie auch noch eine Weile da bleiben. Sie müssen mir keine Ansichtskarten schicken, aber wir sollten in Verbindung bleiben.«
    »Was immer Sie wünschen.«
    »Genau das wünsche ich. Außerdem - wenn ich mit einer hübschen Lady unterwegs wäre, dann würde ich mit ihr woandershin fahren als ausgerechnet in ein Land, das den meisten meiner Leute nicht einmal einfallen würde.«
    Ich lachte.
    »Was ist da so komisch?« fragte Neglio.
    »Muffigen Kohl schnuppern zu wollen war die Idee der hübschen Lady.«

    Unser Zimmer hätte wunderbar in ein Bordell in New Orleans gepaßt. Noch eine Überraschung in Onkel Liams überraschendem Haus.
    Rote Velourstapeten an den Wänden. Die Vorhänge des auf die Ladbroke Street führenden Fensters hatten ein Muster, bei dem man meinte, sie stünden in Flammen. Es gab einen kleinen Kamin mit einer kastanienbraun lackierten Verkleidung, vor dem eine Couch mit bestickten Kissen stand. Die beiden Lampen auf der Kommode besaßen Schirme mit Troddeln. Der Teppich sah aus, als wäre erst jüngst ein Lastwagen mit Rosen darauf verunglückt.
    Ruby lag friedlich schlafend unter scharlachrotem Bettzeug in einem Himmelbett von der gleichen lodernden Farbe. Ich "wünschte, ich könnte genauso entspannen.
    Unser Gepäck stand offen auf einem Sofa am Fußende des Bettes. Rubys zerknitterte Bluse lag über den anderen Sachen in ihrer Tasche, die aussah, als hätte sie darin herumgewühlt, wahrscheinlich bei der Suche nach etwas, in dem sie schlafen konnte. Meine eigene Tasche war zwar noch ordentlich, aber leicht umgeräumt. Ich erinnere mich, das Foto meines Vaters ganz unten in die Tasche gelegt zu haben. Jetzt lag es oben auf dem Haufen und starrte mich an.
    Hatte Ruby es dorthin gelegt?
    Auf der Kommode stand ein geblümtes Keramikwaschbecken sowie ein Porzellankrug mit lauwarmem Wasser, rosa und braune Handtücher und parfümierte Seife. Ich wusch mir das Gesicht, streifte die Kleider ab und schlüpfte zu Ruby ins Bett.
    Sie schmiegte sich an mich. Ihre Haut und ihr Atem und ihre Wärme wirkten beruhigend, ihre Stimme war rauchig vom Schlaf. Sie hielt die Augen geschlossen. »Hast du den Inspector erreicht?« fragte sie und legte einen Arm über meine Brust.
    »Ja.«
    »Was ist mit Mogaill?«
    »Wir reden später darüber, über alles.«
    »Ist es so kompliziert?«
    »Es ist undurchsichtig. Sehr undurchsichtig. Undurchsichtiger, als ich mir je vorgestellt habe.«
    Ruby berührte mein Gesicht, fand meine Augenlider und drückte sie zu. »Schlaf, Baby«, sagte sie.
    Und ich schlief ein. Und träumte...

    Wie üblich ist da mein Vater. In dem hübschen Foto in seinem Rahmen zu Hause in New York. Er ist mutig und jung und uniformiert.
    Wie in allen früheren Träumen auch, verlassen Aidan Hockadays Kopf und Schultern nie diesen Rahmen. Es ist der Rahmen selbst, der Beine hat und Soldatenstiefel trägt, es ist der Rahmen, der durch die Schlachtfelder meiner Träume marschiert.
    Aber das ist in New York. In diesem ersten Traum von meinem Vater in einem irischen Bett wird das Bild plötzlich unscharf, und ich sehe ihn anders.
    Befreit vom Rahmen, tritt Aidan Hockaday aus meiner Reisetasche am Fußende des Bettes. Er stellt sich neben mich.
    »Wie geht’s dir, Junge?« fragte er.

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