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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Er ist genauso jung wie sein Bild, jünger als ich. Aber seine Stimme ist viel älter als meine.
    »Ich bringe alles durcheinander«, erzählte ich ihm. »Geschichten, Träume, Ereignisse.«
    »Was ist das? Ein nächtlicher Besuch der Feen?«
    »Ich weiß nicht. Es erscheint alles so real.«
    »Wahrscheinlich ist es real, du hattest Besuch.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Wir alle kennen kleine Bruchstücke von Dingen in unseren Leben, Junge. Aber wir brauchen die Feen - die guten und die bösen-, um alles zusammenzufügen. Genau das passiert mit dir. Und, ach, ist es nicht ein wunderbares Geschenk, das du erhältst?«
    »Ist es?«
    »Du liebe Zeit, ja. Jeder träumt, und das genügt den meisten. Ein nächtlicher Traum kann besser sein als die Welt bei Tage, aber niemals wahrer. Es sind die Feen, die einen an den Ort hinter den Träumen einladen. Falls man wirklich dorthin will. Willst du das, Junge?«
    »Ja.«
    »Dacht ich’s mir doch. Deshalb kommen die Feen zu dir. Welches größere Geschenk könnte es für einen Detective geben, der die wahre Geschichte seines eigenen Lebens kennenlernen will? Mit einem solchen Geschenk, Neil, hast du die Macht, selbst eines Tages ein shanachie zu werden, ein Bewahrer der Wahrheit. Du willst es doch wirklich wissen, Junge, das willst du doch? «
    »Die große Wahrheit, ja.«

    ...Irgendwann später wurde ich mir bewußt, daß der Tag in den Abend übergegangen war. Das rote Zimmer war nun schwarz und kalt. Ich schwitzte.
    Jemand schüttelte mich. Es war nicht Ruby.

16

    »Entschuldigen Sie, Sir.«
    Das ernste Flüstern einer Frau. Benommen vom Schlaf erkannte ich, daß ich diese Worte bereits mehrere Male gehört hatte. Und jedesmal hatte die Frau dabei meine Schulter angestoßen.
    »Was -?«
    »Ich sagte, entschuldigen Sie. Mir gefällt das hier auch nicht besser als Ihnen. Nein, Sir, es hat mir noch nie gefallen, im widerwärtigen Angesicht der Sünde zu stehen. Auch das muß ich sagen.«
    Ich setzte mich auf, rieb mir die Augen. Ich schaute zu Ruby hinüber, die immer noch friedlich auf ihrer Seite des Bettes schlummerte. Ein schwacher Lichtstrahl fiel durch die Tür ins Zimmer. Davor zeichnete sich die Silhouette der korpulenten Frau ab, die mich immer noch anstieß.
    In der Dunkelheit machte ich eine abwehrende Bewegung mit meinem Arm. »Könnten Sie mit der Stupserer vielleicht mal aufhören, gute Frau?«
    Sie wich einen Schritt zurück und flüsterte rauh: »Gottloser, knurrender Unzuchttreiber!« Licht fiel auf ihr fleischiges Gesicht und das goldene Kreuz an ihrem Hals. Natürlich erkannte ich Onkel Liams gottesfürchtige Köchin Moira Catherine Bernadette Booley.
    »Was machen Sie hier?« fragte ich sie. »Was wollen Sie von mir?«
    »Ich soll Sie zum gnädigen Herrn holen.«
    »Liam?«
    »Aye, Sie sollen sofort mitkommen.«
    »Warten Sie draußen auf dem Korridor«, sagte ich. »Es sei denn, Sie möchten den widerwärtigen Anblick meines nackten, sündigen Körpers erleben.«
    Moira riß entsetzt eine Hand vor den Mund. Die andere Hand hob sie wie ein Schild und zischte: »Gooott wird Sie dafür strafen, daß Sie sich über mich lustig machen, und auch für alle Ihre schmutzigen Sünden!« Dann watschelte sie im schwachen Licht rückwärts aus dem Zimmer.
    Ich stand auf und zog mich an. Im Dunkeln fuhr ich mit einem Kamm durch mein Haar und fragte mich, was in aller Welt so dringend für Onkel Liam sein konnte, daß er Lady Rosenkranz losschickte, mich aus den Federn zu holen. Nicht daß Snoody, der verbitterte Nasallacher, das Aufwachen angenehmer gemacht hätte. Im Bett bewegte sich Ruby. Ich beschloß, sie schlafen zu lassen.
    Draußen auf dem Korridor stampfte Moira mit dem Fuß auf und kochte ansonsten vor unduldsamer Mißbilligung. Sie begrüßte mich dort mit einem knappen Befehl: »Folgen Sie mir runter in seinen Bau, wo er Sie erwartet.« Dann ging sie die Treppe hinunter, und ich folgte ihrem Hinterteil, das wie zwei betrunkene Matrosen hin und her schwankte. Schließlich lieferte sie mich in dem kleineren und dunkleren der beiden Wohnzimmer im Erdgeschoß ab.
    Wir machten ein paar Schritte in den muffig riechenden Raum hinein. Das Feuer im Kamin war gerade erst entfacht worden, und das einzige Licht im Raum kam von einer kleinen Lampe auf einem Tisch, überladen mit Zeitungen und Illustrierten. Dann war da noch ein schönes, altes Radio, das amerikanische Musik spielte, wodurch sich mir die Frage aufdrängte, wieso ich eigentlich nicht genug Verstand besaß,

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