Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
Vom Netzwerk:
und komplizierte Wahrheit, so wahr mir Gott helfe.
    Nur kommt das nicht besonders beim Chefredakteur an, der meinen Enthusiasmus für die großen Zusammenhänge nicht teilt. Er ist groß und kräftig und kalt wie ein Kelvinator, und er mag mich nicht. Er sagt zu mir: »Gib mir einfach die Fakten, Kid. Du wirst feststellen, daß es die einfachste Möglichkeit ist, eine Seite zu füllen.«
    Ich mißgönne niemandem die angenehme Bequemlichkeit eines unkomplizierten Weltbildes, am allerwenigsten einfachen Journalisten. Manchmal wünschte ich mir, daß auch ich dem vertrauen könnte, was ich sehe oder höre, oder was man in ein paar Spaltenzentimetern Zeitungspapier lesen kann. Manchmal wünschte ich, ich wäre kein Cop.
    Ich habe schon viele Mörder zur Strecke gebracht. Nie war es je einfach. Manche Killer waren duckmäuserische, kleine Menschen mit verblaßten Träumen, die im Laufe der Zeit ihr Herz zerfraßen, bis sie darauf brannten, irgendwem irgendwas zu beweisen. Meistens waren sie bedauernswert, und meist erregten ihre Verbrechen kein Aufsehen. Andere hielten die Stadt bis zu ihrer Festnahme in panischer Angst, die Spuren, die sie bei uns hinterließen, wurden durch große, fette Schlagzeilen in der Boulevardpresse ebenso bestätigt wie durch die Leichen.
    Meine Killer wurden alle vor Gericht gestellt und in Prozessen verurteilt, bei denen viel Geld und Sorgfalt darauf verwendet wurde, die Fakten ihrer Verbrechen an den Tag zu bringen, wenn schon nicht ihre von Narben übersäten Leben. Die Geschworenen sagten, was sie zu sagen hatten, der Richter verkündete das Urteil, und anschließend tippte ich ein A für aufgeklärt hinter ihre offiziellen Aktenzeichen. Ich würde ihre Akten schließen und ablegen und manchmal auch vergessen.
    Die Zeitungen würden ihren schreckhaften Lesern noch eine beruhigende Koda zu der furchtbaren Geschichte liefern. Eine Story darüber, was die Familie des Opfers davon hielt, daß der Gerechtigkeit Genüge getan worden war. Oder wie der Mörder bei der Urteilsverkündung seinen Kopf gesenkt und vor Reue geweint hat.
    Aber das waren nur die Fakten. Und Fakten sprechen nicht notwendigerweise für sich selbst.
    Jeder gute Cop weiß das. Cops wie Davy Mogaill, der als erster sagen würde, daß die Wahrheit so willkommen ist wie die Peitsche; und daß die Wahrheit uns nicht immer befreit.
    Ganz sicher nicht mich. Wie man mir sagt, kann ein Mann an der Wahrheit in der Gosse sterben.
    Weit entfernt von der Gosse stand ich dort in der Eingangshalle des gut ausgestatteten Hauses meines Onkels Liam. Wohin ich der großen Wahrheit wegen schließlich gekommen war, der Wahrheit über meinen Vater, dessen Name so eindeutig abwesende Freunde beunruhigt hatte.
    Der Telefonhörer befand sich in meiner Hand, mir schlug das Herz bis zum Hals. Der Priester war tot. Und jetzt noch das mit meinem Rabbi, was immer es war.
    Ich war nach allem schrecklich müde - der Flug, die Trauer über Father Tims Selbstmord, der Mord an Francie Boylan, die Fremdheit des Hauses meines Onkels, und jetzt das mit Mogaill; ich wollte nur noch nach oben gehen und neben Ruby einschlafen. Selbst wenn das bedeutete, im Traum Stimmen zu hören. Wie zum Beispiel Aidan Hockadays Geist oder das letzte, was Davy Mogaill zu mir sagte: »Tut mir leid, Hock, aber ruhigen Schlaf wirst du nicht finden...«
    Aber es war Neglio, den ich jetzt wieder hörte, was ungefähr so zum Träumen ist wie eine Alarmanlage in Canarsie, wenigstens wenn er mit mir redet. Setzen Sie ihn in einen Raum voll mit seinen vornehmen Gracie-Mansion-Freunden, und schon klingt er ganz anders; man könnte schwören, Tomasino Neglio hätte noch nie etwas von der Knickerbocker Avenue gehört. Jetzt sagte er aus dem weit entfernten Manhattan: »Immer noch da, Hock?«
    Und ich sagte tatsächlich: »Ich bin hier, geben Sie mir einfach die Fakten.«
    »Okay, bislang haben wir eine Sache, die absolut sicher ist«, sagte der Inspector. »In Davy Mogaills Haus in Queens befand sich eine Bombe, die in den frühen Morgenstunden hochgegangen ist.«
    »Ist er tot?«
    »Wir haben eine Leiche gefunden. Keine Angst, es ist nicht seine. Aber Mogaill ist verschwunden.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Glauben Sie, ich vielleicht? Wo waren Sie am Samstag, Hock?«
    »Wo ich war? Was soll das heißen -?«
    »Sagen Sie’s mir einfach.«
    »Den Samstag habe ich zum Teil mit Mogaill verbracht. Oben in Inwood, in Nugent’s Bar.«
    »Schon mal was von einem Burschen namens Finn gehört? Arty

Weitere Kostenlose Bücher