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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Information zu verarbeiten. Johnson ist tot. Rose ist in Sicherheit.
    Sie hatte ihre große Schwester verloren - was mir wirklich das Herz brach aber ich war nicht so naiv gewesen zu glauben, ich käme ungeschoren davon. Das Risiko war mir stets bewusst gewesen. Doch Johnson mit ins Grab zu nehmen hätte ich als Sieg verbucht.
    Demnach hatte ich gewonnen. Rose war in Sicherheit.
    Ich hatte tatsächlich, wirklich, richtig gewonnen.
    »Weißt du was, Clarence?« Ich lächelte so breit, dass es schon wehtat. »Letztlich war mein beschissener Tag gar nicht so übel.«
    Kichernd ließ er sich auf das Sofa neben mich fallen. »Das höre ich gern. Kleine. Wir sind uns also einig?«
    »Völlig. Rose wird nie erfahren, dass ihre Schwester noch am Leben ist.«
    »Das ist sie auch nicht«, sagte er mit ernster Miene.
    »Nicht?«, fragte ich in der Annahme, er redete von Rose.
    »Am Leben. Rose’ Schwester ist nicht mehr am Leben. Du bist nicht mehr dieselbe Lily, die du einmal warst. Du wurdest wiedergeboren.« Er tätschelte mein Knie. »Das mag dir vielleicht nebensächlich erscheinen, aber glaub mir, das ist der Schlüssel, dich deinem neuen Leben anzupassen.«
    »Ich passe mich doch prima an.« Ich drückte mich vom Sofa hoch. »Ich bin eine prophezeite Superbraut, oder? Na bitte. Dann stell mich doch einfach mal auf die Probe!«
    Clarence starrte mich einen Moment lang an. Ich wünschte, ich könnte seine Gedanken lesen, so wie er meine.
    »Weißt du was? Du hast recht. Es wird Zeit, dass du dich an die Arbeit machst.«
    »Ja?« Ich schaffte es nicht, meinen Eifer zu unterdrücken. »Und was heißt das jetzt genau? Bekomme ich ein Schwert? Einen geheimen Entschlüsselungsring? Fechtunterricht?«
    Er schaute mich schief an. »Da ist einmal deine Arbeit und dann auch noch die von Alice. Und dafür bist du schon spät dran.«
    »Oh.« Meine Begeisterung sauste in den Keller. Argwöhnisch fragte ich: »Und was muss ich da tun?«
    »Du bist Kellnerin«, antwortete er grinsend. »Zieh dir bequeme Schuhe an.«

5
     
    Ich muss zugeben, dass die Fahrt zu Alice’ Arbeit in der Limousine ziemlich cool war. Ich war ja schon damit gefahren, aber es ist doch sehr viel angenehmer, wenn man nicht bewusstlos ist.
    Das Bloody Tongue war im 17. Jahrhundert zwischen dem Friedhof und dem Torrent Park errichtet worden. Seither war es, wenn man der Überlieferung glaubt, in Familienbesitz. Es befand sich immer noch an seinem ursprünglichen Platz, heutzutage an der Grenze zwischen einem nicht ganz so tollen Viertel und einem Sanierungsgebiet, das junge Gutverdiener anzog. Die Bostoner Gruselstadtrundfahrt endet hier, deshalb kannte ich die Kneipe. Kurz nachdem ich bei Movies & More angefangen hatte, hatte mich der Filialleiter auf Drinks und Gekreische eingeladen. Die Rundfahrt selbst war interessanter gewesen als der Typ - was einige peinliche Nachtschichten zur Folge hatte, ehe der Kerl beschloss, die aufregende Welt des Videoverleihs sei nicht das Richtige für ihn.
    Während unser Wagen in der Ladezone hielt, starrte ich nervös auf die Fassade. Ich hatte mich in die normale Kellnerinnentracht geschmissen, die ich in Alice’ Kleiderschrank entdeckt hatte. Schwarze Hose, schwarzes Tanktop, darüber ein weißes Sweatshirt mit dem Bloody-Tongue-Logo. Nicht ein Tupfer Rosa - Gott sei Dank. Doch obwohl ich äußerlich zu meiner neuen Rolle passte, sagte mir mein Gefühl etwas anderes. Ich wollte Zeit schinden.
    »Erzähl mir was über Alice! Ich kriege Ruhm und Ehre und sie ein Messer zwischen die Rippen? So in etwa?«
    Was ich nicht fragte - ich wollte es wissen, wagte jedoch nicht nachzubohren war, ob Alice starb, weil ich mich für das Leben entschieden hatte. Schon bei dem bloßen Gedanken hätte ich am liebsten gekotzt. Aber was meinem Magen den Rest gab, war die Tatsache, dass ich die gleiche Wahl getroffen hätte - selbst wenn das für Miss Pretty in Pink Tod und Höllenverdammnis bedeutet hätte.
    Ich schloss die Augen. Ich hasste meine Feigheit, auch wenn ich sie mir immerhin eingestand.
    Clarence blickte mich unter seinem Filzhut hervor an. »Ihr Tod hat nichts mit dir zu tun.« Ich schaute vielsagend auf meinen neuen Körper.
    »Das habe ich nicht gemeint«, sagte er. »Sie wurde ermordet.«
    Tröstend schlang ich die Arme um mich. »Von wem? Und wie bin ich … du weißt schon … in ihr gelandet?«
    »Wer es getan hat, weiß ich nicht - großes Indianerehrenwort. Und ihr Körper war der einzig verfügbare zu dem

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