Erwachen
In mir steckten alle Waffen, die ich brauchte. Und die setzte ich mit
voller Wucht gegen sie ein, riss, kratzte, schlug und trommelte mit den Fäusten auf sie ein. Mehr Tier als Frau prügelte ich dem Dämonennachwuchs, der mich töten würde, wenn ich ihn nicht zuerst tötete, die Scheiße aus dem Leib.
»Ah, c’est vrai. Das Kämpfen steckt also doch in ihr«, kommentierte Zane mit einer Stimme, die die ganze Halle zu füllen schien.
»Ich hab’s dir doch gesagt: Die Kleine hat Feuer unterm Hintern.«
»Und einfallsreich ist sie auch. Trotzdem haben wir noch viel Arbeit vor uns«, erwiderte Zane sachlich, während ich blind um mich trat, das Mädchen unterm Kinn erwischte, sodass es nach hinten torkelte, bis es in den Seilen landete, die drei Seiten unseres Rings begrenzten.
»Auf so vielen Gebieten«, sagte Clarence, als würde ich ein wenig mehr Mühe erfordern, als er vorhergesehen hatte. Ich blickte kurz zu ihm rüber und sah, dass er sich Notizen machte - eine harmlose Tätigkeit, die meine Wut jedoch umso mehr anstachelte. Die wollte ich an dem Mädchen auslassen. Doch das nutzte seinerseits aus, dass ich mich hatte ablenken lassen.
Mit heiserem Geheul sprang es vor, traf mich voll und stieß mich zu Boden. Schlagartig entwich die Luft aus meinen Lungen, als es sein gesamtes Gewicht auf meiner Brust ablud. Mein Gehirn befahl mir, mich zu wehren, doch bevor ich diesen neuartigen Gedanken in die Tat umsetzen konnte, rammte mir meine Gegnerin die Knie in die Seite, als wäre ich ein bockiges Wildpferd. Gleichzeitig legte sie sich voll auf mich, sodass sich unsere Gesichter schon unangemessen nahe kamen, und grub mir ihre Daumen in die Luftröhre.
Alle meine Zellen schrien nach Sauerstoff, mein Körper verkrampfte sich, und ich schlug um mich, um sie loszuwerden. Allerdings waren Dämonen ganz offensichtlich mit den gleichen
Kräften ausgestattet wie ich. Was bei genauerer Betrachtung ganz schön ätzend war.
Ihre Gesichtszüge verzerrten sich, ich sah in ihr nicht mehr Rose. Stattdessen blickte ich in wirklich dunkle Tiefen. Ich bemühte mich weiter, von ihr loszukommen, wieder atmen zu können, und entdeckte dabei in ihr nur Hass und das Böse schlechthin.
Aber in diesem Dunkel sah ich auch etwas Vertrautes. Eine kalte Finsternis war bei mir eingezogen und hatte sich in den geheimen Nischen meiner Seele niedergelassen. Das Verlangen, nun endlich zu töten.
Der Gedanke, dass irgendetwas, und sei es auch nur ansatzweise, in dieser Bestie von Mädchen in mir seinen Widerhall finden könnte, erfüllte mich mit Abscheu. Schnell und hart zog ich die Knie an und knallte sie ihr in die Kehrseite. Ich schnellte vorwärts und prallte mit dem Kopf gegen ihren. Hinter meinen Augen explodierten Sterne, aber Schmerz konnte mich nicht mehr aufhalten. Jetzt nicht mehr.
Überrascht stieß sie ein leises Grunzen aus, dann spürte ich, wie der Druck um meinen Hals nachließ. Mehr brauchte ich nicht. Ich machte eine Hüftdrehung, rollte nach links, dann sofort wieder nach rechts, als ich spürte, dass sich ihr Schwerpunkt verlagerte. Nun war ich im Vorteil, und das nutzte ich aus. Zusammen rollten wir weiter und weiter, bis wir nur noch wenige Zentimeter vom Messer entfernt waren.
Sie erkannte, worauf ich aus war, und wollte nach der Waffe greifen. Voller Lust an meiner Macht knallte ich ihr die Faust auf die Nase.
Sie heulte auf. Ich schnappte mir das Messer, obwohl sie nach meinem Gesicht grabs c hte, mir mit den Fingernägeln die Wangen aufriss, nur Millimeter unterhalb meiner Augen.
Dennoch hatte ich gewonnen. Das war uns beiden klar, und als ich mit dem Messer ausholte, sah ich in ihrer Miene kurz ein Zeichen von Aufgabe. Der kalte Stahl glänzte in der Luft, bevor ich ihr die Klinge unters Kinn stemmte und gegen den Hals drückte, dass eine dünne Linie Blut floss. Lautlos forderte ich sie heraus, sich zu wehren.
Sie tat es nicht.
Stattdessen überflutete Angst ihr Gesicht. Tränen traten ihr in die weit aufgerissenen Augen, und sie sagte das erste Wort, das ich verstehen konnte: »Bitte.«
Meine Entschlossenheit löste sich in Wohlgefallen auf. Ich fühlte mich in mein Zuhause zurückversetzt, zu Rose. Zu allem, was ich geliebt und verloren hatte.
Meine Hand zitterte, und ich lockerte ganz leicht den Druck. Das reichte schon. Schlagartig war sie auf den Beinen und ging auf mich los, trieb mich rückwärts, kletterte an mir hoch und entwand mit ihren flinken Händen meinen widerstrebenden Fingern das
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