Erwachen
antwortete Clarence. »Wenn ich mich irren würde, wäre sie nicht mehr bei uns, oder?«
»Ich hoffe, du hast recht«, entgegnete Zane beinahe wehmütig.
»Wer bist du?«
»Ich werde dich viele, viele Dinge lehren«, antwortete er.
Benommen wandte ich mich an Clarence. »Aber ich dachte …«
»Ich bin dein Hauptkontakt, Kleine. Aber schau ihn dir doch einmal an. Von wem würdest du deine Kampffähigkeiten lieber vervollkommnen lassen? Von ihm oder von mir?«
»Alles klar.« Ich wischte mir die Hände an der Jeans ab. »Hervorragend.« »Wann willst du beginnen?«, fragte Clarence.
»Gegen den Grykon hat sie gesiegt?«
»Letztlich schon. Bei ihrer ersten Begegnung hat sie es versäumt, die Kreatur zu eliminieren. Es freut mich, sagen zu können, dass sie diesen Fehler vor wenigen Stunden korrigiert hat.« Er blickte kurz finster drein. »Und noch so einiges mehr.«
»Sie muss lernen, nicht zu zögern. Jeder Irrtum, jedes Mitleid wäre fehl am Platz. Zögern ist eine Einladung, und der Feind hat bereits zu viele Siege verbucht.«
»Sie steht direkt vor euch«, meldete ich mich zu Wort.
»In der Tat, ma fleur«, nickte Zane. »Stolz und vom Kampf gezeichnet.«
Ich zuckte zusammen. Offenbar wusste er von der Wunde an meinem Arm, obwohl er sie unmöglich gesehen haben konnte.
»Deinen Mantel«, sagte er und nickte zu einer Bank. »Und das Hemd.«
Ich verzog das Gesicht, schälte mich dann aus den Kleidungsstücken, sodass ich in Jeans und Tanktop vor den beiden stand.
»Ich verstehe«, murmelte er mit Blick auf die Verletzung, die dem Grykon sei Dank Alice’ Arm verunzierte.
»Du heilst nun schneller, Lily, und die meisten Wunden werden am Morgen weg sein. Diese allerdings«, und er strich dabei mit einem Finger meinen Arm entlang, »wurde dir mit Gift zugefügt.«
Ich rollte die Schultern nach hinten, entschlossen, kein Bedauern zu zeigen. »Ich bin doch eine Kriegerin, oder? Jetzt sehe ich auch aus wie eine.«
»Mir wäre ein reibungsloser Übergang lieber. Und ganz bestimmt will ich dich weder tot noch verletzt sehen müssen.«
»Dafür ist es zu spät«, widersprach ich. »In beiderlei Hinsicht.«
Amüsiert verzog er die Lippen, doch das erregte meine Aufmerksamkeit nicht annähernd so sehr wie das, was er mit dem Messer machte. Er schlitzte seine Fingerspitzen auf und musterte mich düster und ernst, während er über die Wunde strich. Ich brauchte ihn gar nicht erst zu fragen, was er da trieb - ich konnte spüren, wie sich die Haut unter seiner Berührung schloss.
»Wie …«
Aber er legte nur einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. »Ein Geschenk, rria chere. Von mir an dich.«
»Dann sag ich einfach danke.«
Er neigte den Kopf. »Die Kreatur, die dich verletzt hat, hatte nur deshalb die Gelegenheit dazu, weil du sie in der Zeremonienkammer verschont hast.«
»Nun ja … genau genommen schon«, gab ich zu.
»Und warum hast du die Kreatur nicht umgebracht, als du erwacht bist?«
»Ich hatte doch keine Ahnung, was los war! Ich saß in der Falle. Ich hatte Angst.« Beim Gedanken an die Szene, wie diese Bestie den Raum betreten hatte und auf mich losgestürzt war, bekam ich eine Gänsehaut. »Wir haben miteinander gekämpft, und dann konnte ich sie mit einem Kerzenständer aus dem Verkehr ziehen. Anschließend bin ich abgehauen.«
»Flucht ist nicht deine Mission.«
»Ich wusste doch nicht mal, dass ich überhaupt eine Mission habe!«, fauchte ich zurück.
»Dein Verstand muss sich auf das Jetzt konzentrieren«, fuhr er fort, als hätte ich gar nichts gesagt. »Auf das Ziel.«
»Und das Ziel wäre?«
»Du musst töten, Lily. Du musst jede einzelne Mission erfüllen, ausnahmslos. In diesem Krieg werden keine Gefangenen gemacht. Der einzige Weg, die Oberhand zu erringen, ist: siegen. Töten oder getötet werden.« Er sah mir fest in die Augen. »Hast du verstanden?«
»Allerdings.«
»Dann ist jetzt deine Mission, diesen Dämon da zu töten.«
13
Abrupt drehte ich mich in die Richtung, in die er zeigte. Ein Teil des Bodens hatte sich geöffnet, aus dem auf einer hydraulischen Plattform ein Stahlkäfig hochfuhr. Doch wo ich eine weitere Höllenbestie mit langen Zähnen und kalter, schuppiger Haut erwartet hatte, sah ich lediglich ein junges Mädchen. Etwa sechzehn, mit einem dicken schwarzen Halsband. Und als sie den Blick hob und mir in die Augen sah, hätte ich geschworen, es war Rose, die mir entgegenstarrte.
Ich holte tief Luft. »Das ist kein … Sie kann kein
Weitere Kostenlose Bücher