Erwachen
Glück und konnte es wieder anschneiden. Klar war jedenfalls, dass es ihr nicht passte, dass Alice in dem Pub arbeitete. Ob das was damit zu tun hatte, dass es ein Anziehungspunkt für Dämonen war? Oder gab es einen anderen Grund?
Meine Gedanken kehrten zu Deacon zurück. Hatte irgendetwas, das Alice im Pub gesehen hatte, sie dazu veranlasst, Deacon um Hilfe zu bitten?
Ich wusste es nicht, aber ich musste es herausfinden. Denn wenn man alles zusammenzählte, kam als Ergebnis heraus, dass Alice tot war. Und ich musste in Erfahrung bringen, warum. Nicht nur, weil ich das Gefühl hatte, ihr das schuldig zu sein, sondern auch, weil ich meinen neuen Körper gern beschützen wollte.
»Und wieso bist du dann also hier?«, wiederholte ich, als sie mir meinen Shake reichte.
»Ich habe mir Sorgen gemacht. Und spiel jetzt bloß nicht die Eingeschnappte und erzähl mir, du wärest erwachsen und könntest selbst auf dich aufpassen. Ich weiß nämlich, wie du sein kannst.«
»Und das wäre?«
Sie warf mir den typischen Blick einer genervten Schwester zu, der mir ziemlich bekannt vorkam. »Ich fliege heute Morgen nach London, also wollte ich kurz vorbeikommen und nach dir sehen. Dich daran erinnern, keine Dummheiten zu machen. Oder besser gesagt, nicht noch mehr Dummheiten, nachdem du ja bereits wieder für Onkel Egan arbeitest.«
»Das ist ein guter Job«, gab ich zurück in der Hoffnung, ich könnte sie dazu verleiten, mir zu erklären, warum er das nicht war.
»Ein guter Job? Das Pub steht die ganze Zeit kurz vor der Pleite, und du weißt genauso gut wie ich, wie Egan immer an das fehlende Geld kommt.«
»Ja«, antwortete ich, als wüsste ich Bescheid, und hoffte gleichzeitig, es gäbe eine einfache Möglichkeit, das rauszufinden. Es musste etwas mit den Gerüchten zu tun haben, dass das Pub Verbindung zur schwarzen Magie hatte. Aber wie? Und, viel wichtiger: Wie konnte ich danach fragen und trotzdem so klingen, als wäre ich längst eingeweiht?
»Verdammt! Du hattest mir versprochen, die Finger von diesem ganzen Magiekram zu lassen.«
Um meine R eaktion zu verbergen, trank ich schnell einen Schluck von meinem Shake. Alice war nicht so brav, wie sie wirkte, und ich fragte mich allmählich, ob das kleine Dolchtattoo auf ihrer Brust vielleicht mehr über sie aussagte als ihre rosa Garderobe. Aber was genau hatte Alice angestellt, dass sie jetzt tot war und ich in ihrem Körper steckte?
Ich schüttelte die Gedanken ab und zwang mich zu lächeln. »Ich habe nichts mit schwarzer Magie am Hut«, versicherte ich ihr. »Hier ist alles nur weiße Unschuld.«
»Alice …«
»Entschuldige. Aber mir geht es wirklich gut. Du machst dir zu viel Sorgen. Oder gibt es irgendwas Bestimmtes, worüber du dir Sorgen machst?« Klasse, Lily. Äußerst raffiniert.
»Warum laufen Gespräche mit dir eigentlich jedes Mal gleich ab? « R achel packte den Mixer und wischte ihn mit Schwamm und Spülmittel ab. »Du hast einen Platz in Harvard bekommen, Alice! Du musst nicht im Pub arbeiten. Du musst nicht in das Familienunternehmen eintreten. Was tust du mit einem Viertelanteil von etwas, das du - wie du mir immer und immer wieder versichert hast - überhaupt nicht willst? Du warst doch völlig zufrieden damit, dem Ganzen den Rücken zu kehren.«
»So wie du?«
Sie kniff die Augen zusammen und funkelte mich böse an. Ich machte glatt einen Schritt nach hinten, so überrascht war ich von ihrer R eaktion auf etwas, das ich für eine gute Frage gehalten hatte, um ein bisschen mehr in Erfahrung zu bringen. Mir war nicht klar gewesen, dass ich da in ein Wespennest gestochen hatte. »Jetzt tu doch nicht so!«, entgegnete sie kalt. »Das passt nicht zu dir.«
»Tut mir leid«, murmelte ich ernsthaft zerknirscht.
Ihre Schultern sackten herab, dann atmete sie laut durch die Nase aus, knallte den Mixer auf das Ablaufbrett und trocknete sich die Hände an einem Küchentuch ab. Sie schwankte leicht, als bräuchte sie eine Stütze. Schließlich steckte sie die Hände in die Taschen ihres eng anliegenden Jacketts.
»Versprich mir einfach, dass du vorsichtig bist und keine Dummheiten machst.«
»Ich verspreche es«, erwiderte ich und schwor mir herauszufinden, welche Dummheit Alice denn nun tatsächlich gemacht hatte.
»Na gut.« Sie kam um den Frühstückstresen herum und nahm mich in den Arm. Einen Moment lang stand ich wie festgenagelt da, dann legte ich die Arme um sie und genoss das Gefühl, geliebt zu werden. Zwar nur in Vertretung, aber zurzeit
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