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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Büchern mehr Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht konnte ich mir ja auch einfach Kurzfassungen besorgen.
    Wie auch immer: Ich gab es jedenfalls ziemlich schnell auf, mehr über meine neue Lebensaufgabe herausfinden zu wollen, und beschloss, mich nochmals der Suche nach Informationen über Alice zu widmen. Diesmal versuchte ich, in ihren Dateien rumzuschnüffeln, in der Hoffnung, ein bisschen mehr über die Frau in Erfahrung zu bringen, die ich jetzt war. Es wurde allerdings ein sehr kurzer Ausflug. Den Computer selbst hatte Alice zwar nicht mit einem Passwort geschützt, dafür aber jede einzelne Datei.
    Dennoch gelang es mir, eine der Dateien zu öffnen, und zwar mit einer Mischung aus Neugier, Dummheit und Glück. Mir war ein Ordner ins Auge gefallen, der den Namen »Für Samstag« trug, und ich tippte einfach mal versuchsweise »Deacon« als Passwort ein. Und siehe da - der Ordner ging auf, und ich war drin.
    Nicht gerade ein berauschender Sieg; der Ordner enthielt gerade mal eine Datei. Darin war nur ein einziges Foto: ein Mann, gebaut wie ein Schrank, mit pockennarbiger Haut, tief hängenden Augenlidern und einer Mach-mich-ja-nicht-an-Ausstrahlung. Er sah nicht in die Kamera, deshalb konnte ich nur die Hälfte seines Gesichts erkennen. Das Foto war nachts aufgenommen worden, und die Bildqualität war schlecht, als hätte Alice es im Gehen mit ihrem Handy geschossen. Die Datei trug den Namen »T«, und mehr Informationen gab es nicht. Bei dem Foto stach nichts sonderlich heraus. Es war einfach nur da. Im Computer. Nahm Speicherplatz weg und hatte vielleicht eine tiefere Bedeutung. Aber verdammt - ich hatte keine Ahnung, worin sie liegen könnte. Genauso wenig, wie ich mir vorstellen konnte, warum die Datei mit einem Passwort geschützt war, hatte ich eine Ahnung, warum das Passwort ausgerechnet Deacon hieß.
    War ihr das einfach als Erstes in den Sinn gekommen, weil er derjenige war, mit dem sie sich am Samstag hatte treffen wollen? Oder kannte er diesen Mann? Und wenn ja, was hätte er mir über diesen T erzählen können? Darauf wusste ich keine Antwort. Aber ich müsste lügen, würde ich mir nicht das leichte Kribbeln auf meiner Haut eingestehen, das mich bei dem Gedanken erfasste, mich nochmals mit Deacon zu treffen. Ja, er war gefährlich. Ja, er verdächtigte mich.
    Ja, er war ein gottverdammter Dämon.
    Und ja, das machte die Sache komplizierter.
    Aber trotz alledem wollte ich es. Und - Schande über mich - ihn wollte ich ebenfalls.
    Meine Gedanken wandten sich gerade den erotischen Vergnügen zu, die mir diese verbotene Lust bescheren würde, als es zu meinem Erstaunen plötzlich hartnäckig an der Tür klopfte.
    Sofort hatten sich meine Fantasien erledigt. Es war noch kaum hell draußen, und zumindest in meiner Welt kommt niemand so früh am Morgen zu Besuch.
    Stirnrunzelnd schnappte ich mir das Messer vom Tisch, wo ich es neben dem Computer abgelegt hatte, und ging zur Tür. Clarence konnte es nicht sein - er würde sich nicht erst die Mühe machen zu klopfen -, und ich versuchte mein Möglichstes, das vorfreudige Kribbeln zu unterdrücken, das mich beim Gedanken an die Möglichkeit überfiel, Deacon könne dort draußen stehen. Schließlich konnte es jeder x-Beliebige sein. Zwar hockte ich mit meiner Dämonenmörderausrüstung jetzt in dieser Wohnung, aber das war schließlich nicht in der Lokalzeitung bekannt gegeben worden. Was bedeutete, dass der Besucher vermutlich zu Alice wollte. Der richtigen Alice.
    Ihr Mörder war vermutlich etwas verstört, sie so quicklebendig herumlaufen zu sehen, und ich packte mein Messer gleich noch fester. Zumal er das Morgengrauen vielleicht für den richtigen Zeitpunkt hielt, dieses kleine Problem zu lösen.
    Andererseits wäre ein potenzieller Mörder vermutlich nicht so höflich zu klopfen.
    Ich presste ein Auge gegen den Spion und zog einen Flunsch, als ich dort draußen eine große Frau mit rabenschwarzen Haaren, vertrauten Augen und ungeduldigem Gesichtsausdruck stehen sah. Dieses Gesicht hatte ich doch schon mal irgendwo gesehen. Aber erst als sie erneut an die Tür hämmerte und »Alice! Verdammt, mach auf« rief, erkannte ich sie von dem Foto und dem Zeitungsartikel, die ich gesehen hatte.
    Das war Rachel. Alice’ - oder besser meine - Schwester.
    »Du wirst mich nicht hier stehen lassen«, brüllte sie durch die Tür, laut genug, dass die Nachbarn es mitbekamen. »Du kannst mich ignorieren, so lange du willst, aber ich habe einen Schlüssel und keine

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