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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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für dich.« Er streckte den Arm aus. »Gib mir deine Hand.«
    Ich zögerte, weil ich ahnte, was er vorhatte. Das Messer an meinem Schenkel gehörte zu mir. Das Springmesser jedoch musste erst noch gekennzeichnet werden.
    »Du zögerst?«, fragte er belustigt. »Ich sehe die vor lauter Angst bibbernden Dämonen schon vor mir.«
    Ich lächelte ihn spöttisch an und streckte die Hand vor. »Halt die Klappe und schneid schon!«
    Die Klinge ritzte mir durch die Haut. Ich zuckte nicht zusammen, weil ich den Schmerz nicht zeigen wollte. Ich wollte keinerlei Reaktion zeigen.
    Er wischte die Klinge ab, klappte sie zusammen und klatschte sie mir in die Hand. Genau auf die frische Wunde. Jetzt zuckte ich doch zusammen. Allerdings heilte die Verletzung schon wieder. Bis ich mich an meine Beute angepirscht hätte, wäre nichts mehr davon zu sehen.
    »Also gut.« Ich atmete tief ein. »Und wohin gehe ich jetzt?«
    »Jetzt, cherie, gehst du dich umziehen.«
    »Hä?« Clarence beantwortete meine Frage, indem er mir ein schwarzes Stoffbündel überreichte.
    Neugierig schaute ich die beiden an. Dann wickelte ich das Bündel aus. Ein schwarzer Overall mit Kapuze und Schlitzen für Augen, Nase und Mund. »Genau, was der modebewusste Dämonenkiller dieses Jahr trägt.«
    »Richtig«, sagte Zane.
    »Und wenn ich in dem Aufzug rumlaufe, weshalb kann ich dann nicht auch mehr Waffen mitschleppen? Als unauffällig lässt sich das ja wohl kaum bezeichnen.«
    »Du kannst die Kapuze nach dem Angriff abnehmen«, erklärte er. »Und dann bist du nichts weiter als eine bildhübsche Frau in einem hautengen Overall.«
    »Ach.«
    Er deutete in die Richtung, wo sich die Duschen befanden. »Los.«
    Ich zog ab, und als ich zurückkam, fühlte ich mich, als müsste ich eine Serie komplizierter Kampfkunstschrittfolgen präsentieren. Oder zumindest wie ein Ninja mucksmäuschenstill durch den Raum schleichen.
    Zane fand das allerdings gar nicht lustig. Im Gegenteil. In ihm löste meine figurbetonende Kleidung Lust aus. Das sah ich am Funkeln seiner Augen.
    »Hauteng war nicht gelogen«, sagte ich.
    »Aber jetzt«, schaltete sich Clarence ein, »dürfen wir keine Zeit mehr vergeuden.«
    »Wohin gehe ich?«, fragte ich. »Mein Arm sagt mir, wo sich die Schatulle befindet, richtig? Also: Wo gehe ich jetzt hin? Sind die Symbole eine Landkarte? Kannst du sie deuten?«
    »Zieh den Ärmel zurück«, befahl er. Zane trat beiseite und beobachtete uns.
    Erneut starrte ich auf dieses merkwürdige, pulsierende Symbol, das mir in den Arm gebrannt war. Wenn da der Einsatzort eingekerbt war, dann konnte ich ihn jedenfalls nicht entdecken.
    Clarence nahm meine Linke. »Bedecke es!«, forderte er mich auf. »Bedecke es mit deiner anderen Hand.«
    Beinahe hätte ich nach dem Grund gefragt, aber den würde ich wohl schnell genug selbst herausfinden. Ich drückte die Handfläche auf das Symbol und spürte so umgehend ein unangenehmes, festes Ziehen im Bauchnabel, dass ich nicht einmal mehr aufschreien konnte. Stattdessen wurde ich durch den Raum gezogen, Zanes Behausung zerfloss und wurde durch Finsternis ersetzt. Eine schreckliche, wirbelnde Finsternis voll leisem Stöhnen und Atemzügen und einer Million unheimlicher elektrischer Empfindungen, die über meinen Körper krochen, sodass ich mich wand und krümmte. Mein Mund öffnete sich und stieß einen lautlosen Schrei aus.
    Und dann war nichts mehr. Nur diese Schwärze, die mich wie ein Laken einzuhüllen schien. Ich konnte nichts sehen, hatte deshalb auch kein Raumempfinden, aber irgendwie wusste ich, dass ich mich rasend schnell bewegte, viel schneller, als es in der wirklichen Welt möglich gewesen wäre. Ich raste durch Raum und Zeit, durch die Dimensionen, und diese Vorstellung ängstigte und faszinierte mich gleichermaßen. Ich bewegte die linke Hand und spürte erleichtert, dass ich immer noch Clarence’ Finger umschlossen hielt.
    Das war die Brücke, wurde mir plötzlich klar. Und er war mein Weg zurück.
    Bevor ich darüber nachdenken konnte, wohin ich wohl unterwegs war, erkannte ich bereits das Ziel. Eine Straße, eine Häuserzeile, und ich kam mir vor wie ein Vogel, hoch oben über der Welt. Nur begann der Vogel dann zu fallen. Er fiel und fiel, und der Boden stürzte auf mich zu. Ich würde zerschellen. Davon war ich überzeugt. Den Aufprall konnte ich fast schon spüren, bevor es so weit war, und ich spannte völlig verängstigt meine Muskeln an. Der Boden kam näher und näher und dann …
    Nichts.
    Es war

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