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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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vorbei.
    Ich lag auf einem Fleckchen Erde eines vermüllten Vorgartens und atmete mühsam. Clarence hielt meine Hand nicht mehr, und als ich zum Himmel emporblickte, sah ich einen seltsamen Nebel, der herumwirbelte wie ein Wasserstrudel, der sich selbst verschluckt. Dann war das Bild weg.
    Das Portal, durch das ich gereist war. Ein Portal, das sich in meinem Körper geöffnet hatte.
    Langsam stand ich auf und klopfte mir den Staub ab. Ich lächelte dabei sogar.
    Also das, dachte ich, ist echt cool.

28
     
    Der Vorgarten war voller Dreck, Bierdosen und Schutt, mit einem Maschendrahtzaun umgeben und gehörte zu einer heruntergekommenen Bruchbude von R eihenhaus. Reizend.
    Einen Moment lang blieb ich einfach stehen, um mich zurechtzufinden, bis ich merkte, dass ich von einer strategisch angebrachten Lampe an der Veranda meines Zielobjekts voll angestrahlt wurde. Fünf Sekunden nach Spielanpfiff hatte sich das Überraschungselement schon erledigt.
    Mir war klar, dass ich aus dem Lichtkegel verschwinden musste. Aber obwohl ich fleißig Law and Order angeschaut hatte, hatte ich wenig bis gar keine Ahnung, wie ich in ein Gebäude eindringen konnte, in dem sich die Zielscheibe eines Mordanschlags verbarg. Einen Frontalangriff bei vollem Einblick von der Straße her schloss ich als wenig hilfreich aus, daher schlich ich zur R ückseite. In jeder Hand hielt ich ein Messer, bereit, sofort zuzustechen, als hinge mein Leben davon ab. Was es natürlich auch tat.
    Ich schlich geduckt vorwärts, ganz stolz, dass ich mich wenigstens daran noch erinnerte. Fast war ich enttäuscht, dass niemand mich aufhalten wollte, neben dem Kühlschrank lauerte oder mit der Pistole auf mich zielte. Der Weg durch die Küche war frei, nur der Gestank von vergammelter Milch beleidigte meine Nase. Anschließend durchquerte ich ein staubiges Esszimmer und landete schließlich in einem großzügigen Foyer samt Treppe, die früher einmal ein aufsehenerregender Blickfang gewesen sein musste, jetzt aber nur noch trostlos und durchhängend einen traurigen Anblick bot.
    Ich bewegte mich darauf zu und trat vorsichtig auf die erste Stufe für den Fall, dass das Holz unter meinen Füßen zerbröseln sollte. Es schien jedoch noch einigermaßen stabil zu sein, also setzte ich ermutigt meinen Aufstieg fort. Das Geländer erzitterte unter meiner Hand. Ich ließ sofort los und trat sicherheitshalber zur Seite. Eine Stufe nach der anderen stieg ich nach oben, ritzte mit der Spitze meines Messers über den Gips an der Wand und erzeugte ein Geräusch, das dem von Mäusepfoten auf Beton ähnelte.
    Ich riss das Messer zurück und hielt es nahe am Körper aus Angst, dass mich die Mäusepfoten verraten hatten. Wie erstarrt blieb ich auf der Treppe stehen und lauschte, ob ich im Stockwerk über mir irgendeine Bewegung wahrnehmen konnte. Kein Laut war zu hören. Beruhigt ging ich weiter, trat diesmal aber nur ganz sanft mit meinen weichen Sohlen auf.
    Als ich den Absatz oben erreicht hatte, knarrten die Dielen, und erneut verkrampfte sich in mir alles, fest überzeugt, nun sei meine Anwesenheit nicht mehr zu verheimlichen. Aber kein Licht erhellte die Dunkelheit in der oberen Etage, keine Fratze tauchte aus den Schatten auf, keine Fußtritte unterbrachen die Stille. Es war so ruhig, dass ich mich schon fragte, ob die Wunder-karte auf meinem Arm mich nicht ins falsche Gebäude geschickt hatte.
    Ich nahm mir ein Zimmer nach dem anderen vor, in jeder Hand ein Messer. Die Stablampe, die ich in der Gesäßtasche verstaut hatte, hatte ich inzwischen unter das Armband meiner Uhr geklemmt, damit ich wie Gevatter Tod beidhändig ungehindert zuschlagen konnte. Der Flur war leer, und allem Anschein nach war seit Monaten, ja seit Jahren niemand in diesen Zimmern gewesen.
    Ich setzte eine Messerspitze auf das Geländer der Galerie und ließ meinen Blick über das Wohnzimmer unter mir schweifen.
    Abgesehen von einigen Möbelstücken, über die man Tücher ausgebreitet hatte, war alles leer. Vom Fenster der Vorderveranda fiel ein Lichtstrahl in den Raum auf einen verzogenen Holzboden, auf dem eine makellose Schicht Staub lag, unterbrochen lediglich von Fußabdrücken, die von der Hintertür zur Treppe führten, die ich soeben erklommen hatte.
    Neugierig und ermutigt kehrte ich zur Treppe zurück und leuchtete in den Abgrund vor mir. Klar, eine zweite Fußspur folgte meiner eigenen, führte am Treppenabsatz dann jedoch an der Stelle, wo ich kehrtgemacht hatte, vorbei. Ich folgte

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