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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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gute Sache. Betrachte es als ausgleichende Gerechtigkeit. Capisce?«
    Ich ließ mir das Ganze durch den Kopf gehen und musste zugeben, dass mein Froschfreund trotz seiner typisch verwirrenden Ausdrucksweise nicht völlig danebenlag. Nimm den Dämon auf. Press ihn aus. Nutze seine Kraft und sein Wesen, um weitere Dämonen zu erledigen. Schlechte Luft rein, gute Luft raus. So etwas wie Geldwäsche für dämonische Essenz.
    Der Vergleich hinkte, gab mir aber dennoch genügend moralischen Halt. Eine Möglichkeit durchzuhalten, ohne das Gefühl zu bekommen, man versinke immer tiefer, wie in Treibsand, je mehr man sich dagegen wehrt.
    »Können wir jetzt weitermachen?«, fragte Clarence. Er klang richtig angefressen.
    »Klar. Also, äh, warum bist du hergekommen?«
    »So wie du abgezogen bist, Kleine - ich war in Sorge und wollte nach dir sehen. Nur um sicherzugehen, dass mit dir alles in Ordnung ist.«
    »Um sicherzugehen, dass ich nicht aussteige? Dass ich nicht alles hinschmeiße?«
    »Und?«
    Ich schüttelte den Kopf. Die Ereignisse der Nacht schwirrten mir durch den Schädel. »Mir geht es gut«, sagte ich. »Jedenfalls soweit das möglich ist.« Ich schaute ihn direkt an. »Jedenfalls mache ich weiter. Ohne Wenn und Aber.«
    »Das höre ich gern, Kleine. Fahren wir wieder zu Zane, damit du noch ein wenig trainieren kannst.«
    Sehnsüchtig dachte ich an mein kuscheliges, warmes Bett, das ich mir für heute offenbar abschminken konnte. Im Grunde genommen war mir das sogar recht. Denn ein paar Dämonen in den Arsch zu treten, hatte auch seinen Reiz - und zwar in zunehmendem Maße, je mehr ich daran dachte. An die Kraft, die mich ausfüllen, und an das Böse, das durch mich hindurchsickern würde. Ich sagte mir zwar, dass ich das gar nicht wollte, aber einem tief in mir verborgenen, geheimen Teil meines Ichs gefiel die Vorstellung. Dieses Böse gab mir die Kraft zu töten - und die Mittel, um zu siegen. Und siegen wollte ich unbedingt.
    Ich bekam auch schon sehr bald meine Chance. Zane wartete bereits, als wir in seinem Übungskeller eintrafen, und er schickte mich ohne lange Vorrede gleich in den Ring. Bevor ich wusste, was los war, stieß ich auch schon einem Dämon den Handballen auf die Nase. Er knurrte und fauchte. Grünliches rotzähnliches Zeug tropfte ihm aus den Augenhöhlen, und schon prügelte er auf mich ein, ganz offensichtlich stocksauer, dass ich mehr als das übliche Maß an Schlägen einstecken konnte und trotzdem relativ unversehrt blieb. Betonung auf relativ.
    Ich war am Leben, mir ging es gut, und daran sollte sich auch nichts ändern.
    Das Messer fest im Griff, ganz wie es sich gehörte, stürzte ich auf den angreifenden Dämon zu, wich ihm aus, packte ihn von hinten, schlang ihm einen Arm um den Rumpf und schlitzte ihm gleichzeitig die Kehle auf.
    Während er noch im Todeskampf zuckte, holte ich tief Luft und machte einen Satz nach hinten. Beim Anblick, wie das Leben aus ihm heraussprudelte, brandete ein Gefühl der Macht durch mich hindurch, ein berauschendes, beinahe schon sexuelles Gefühl. Das Blut rauschte durch meine Adern, dass es beinahe einem Orgasmus gleichkam. Ich ließ mich davon durchtränken, mich erfüllen. Mich erfreuen.
    Aber jegliches Vergnügen, das ich aus dem Akt des Tötens gezogen hatte, löste sich umgehend in Wohlgefallen auf, als ich an mir runter sah und entdeckte, dass ich von Kopf bis Fuß mit einer dünnen Schicht grünen Schleims bedeckt war.
    Wie hübsch.
    Ich musste würgen. Welch widerlicher Preis für das Hochgefühl von Macht und Stärke.
    Ich schnappte mir einen Lappen und wischte mich ab. Mein ganzer Körper vibrierte noch immer von dem Gewaltausbruch. »Her mit dem Nächsten!«, forderte ich grinsend. Doch noch ehe Zane Zeit fand, mein nächstes Opfer in den Käfig zu locken, schoss ein Schmerz durch den Arm, und ich klappte zusammen.
    »Lily?«
    »Mein Arm!«, keuchte ich. Clarence trabte von seinem Beobachterposten an der Seitenlinie zu mir her. »Ach du Scheiße, mein Arm!«
    Ich streckte ihn aus; es mussten mindestens eine Million glühender Nadeln in meinem Fleisch steckten. Tatsächlich war jedoch das aztekenähnliche Symbol zum Leben erwacht. Das seltsame Muster schien über meine Haut zu tanzen. »Ach du Scheiße!«
    »Wurde auch Zeit.« In Clarence’ Stimme lag unbändige Vorfreude.
    »Du hast mir kein Wort gesagt, dass es dermaßen wehtut!«, schimpfte ich los.
    »Blut«, sagte Clarence und kam mit seinem Messer in der Hand auf mich zu. »Das lindert

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