Erwachende Leidenschaft
hinauf. Morgan folgte ihm, und Flannaghan nahm an, daß er im Arbeitszimmer warten wollte. Er drehte sich halb um und wollte ihn bitten, sich im Salon niederzulassen.
Da explodierte ein greller Blitz in seinem Kopf. Der Schmerz war so intensiv und so verzehrend, daß er ihn überwältigte. Er hatte keine Zeit zu schreien und nicht genug Kraft, sich zu wehren. In der gleichen Sekunde, als der Schlag auf seinen Kopf niedersauste, wurde er in die Dunkelheit katapultiert.
Ehe er rückwärts die Treppe hinunterpoltern konnte, packte Morgan den bewußtlosen Mann unter den Armen und lehnte ihn ans Geländer.
Eine lange Minute stand er da und starrte auf den Butler hinunter, um sicher zu gehen, daß er ihn nicht nur leicht betäubt hatte. Als er feststellen konnte, daß dieser nicht so schnell wieder aufwachen würde, machte er sich zufrieden daran, den wichtigeren Teil seiner Aufgabe zu erledigen.
Langsam schlich er die Treppe hinauf. In einer Jackentasche spürte er den Dolch, den er für Alesandra vorgesehen hatte, in der anderen befand sich eine Pistole, die für Colin gedacht war.
Seine Begierde ließ ihn nicht unvorsichtig werden. Er hatte seinen Plan immer wieder durchdacht, um auch ja keinen Fehler bei der Ausführung zu machen.
Nun war er froh, daß er dem Drang nicht nachgegeben hatte, sie schon eher umzubringen. Er hatte es gewollt … oh, ja, und wie, doch er hatte es sich selbst nicht erlaubt. Ja, er hatte sogar bereits die Police bei Morton and Sons abgeschlossen und Colin als Begünstigten eingesetzt, damit alles auf ihren Mann hinweisen würde. Er war sehr klug vorgegangen, denn die Prinzessin reizte ihn seit dem Augenblick, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Wie das Hochgefühl, das er empfinden würde, wenn er eine Frau von Adel tötete?
Er lächelte voller Vorfreude. In wenigen Minuten würde er die Antwort darauf bekommen.
Er wußte, welches Schlafzimmer Alesandras war. Das hatte er herausgefunden, als er das erste Mal im Haus war. Er hatte Alesandra im Flur getroffen, hatte gehört, daß sie etwas aus ihrem Zimmer holen wollte und zugesehen, wie sie den Flur hinuntergeeilt war. Sie war an der ersten Tür vorbeigegangen, durch die zweite aber eingetreten. O ja, er war verdammt klug. Er hatte sich die Tür gemerkt, weil er dachte, er könnte die Information vielleicht für die Zukunft gebrauchen, und nun war es soweit.
Zuerst wollte er Alesandra umbringen. Vermutlich gab es eine Verbindungstür zwischen den beiden Zimmern, und wenn nicht, dann würde die Flurtür ebenso gute Dienste leisten. Er wollte, daß Alesandra vor Entsetzen und Schmerz schrie. Er wollte sehen, wie Colin in ihr Zimmer gerast kam, um seine geliebte Frau zu retten. Morgan würde warten, bis Colin das Bild, das sich ihm bot, in sich aufgenommen hatte, bis er das Blut, das aus ihrem Körper rann, gesehen hatte. Und wenn er, Morgan, sich genug an dem Entsetzen und der Hilflosigkeit in Colins Augen berauscht hatte, dann würde er ihn mit einem Schuß ins Herz töten.
Colin hatte einen langsamen, qualvollen Tod verdient, aber Morgan wagte es nicht, ihm auch nur eine winzige Chance zu geben. Colin war ein gefährlicher Mann, er mußte schnell erledigt werden.
Doch der Blick in seinen Augen, wenn er erkannte, daß seine Frau sterben würde, war etwas, das Morgan noch lange, lange in seinem Gedächtnis bewahren und genießen würde. Und das würde genügen müssen, entschied Morgan, als er vorsichtig durch den Flur schlich.
Er ging an der Tür zum Arbeitszimmer vorbei, dann an der zweiten und trat nun lautlos wie eine Katze und kaum noch atmend an jene, die er Alesandra hatte öffnen sehen.
Er war bereit, gesammelt … unbesiegbar. Und dennoch wartete er noch, mehr um sich selbst zu reizen, seine Vorfreude zu steigern. Er lauschte eine lange Weile der Stille und wartete … ließ das Fieber ihn durchdringen, ihn verbrennen … ihn stärken.
Sie verdienten beide den Tod. Alesandra, weil sie eine Frau war, und Colin, weil er ihm seine Chance, für die Regierung zu arbeiten, gründlich ruiniert hatte. Richards traute ihm nicht mehr, und das war allein Colins Schuld. Wenn Colin ihn bei seinem ersten Auftrag begleitet hätte, dann hatte er dem Fieber, das in seinem Inneren wütete, niemals nachgegeben, als er die Tochter des Franzosen sah. Er würde nicht daran gedacht haben, wie weich ihr Haut war, und hätte auch nicht ihre unschuldige Verletzlichkeit in ihren Augen erkannt. Er hätte die Gier, sie mit der Klinge zu liebkosen,
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