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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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Projekt, an dem Dad seit einer Weile arbeitete. Seine Firma leistete einen großen Beitrag zu einer Wohlfahrtsorganisation für Straßenkinder. Sie entwarf kostenlos Gebäude und Wohnhäuser, die in den Außenbezirken der Stadt gebaut wurden, wo die Bauplätze günstig waren. Wenn die Kids dann ein Zuhause bekommen hatten, mussten sie mit den Bautrupps am nächsten Haus arbeiten. Dadurch erhielten sie Wohnung, Job, Einkommen und Lebenszweck. Es war ein gutes System.
    »Ja … natürlich«, sagte ich und fummelte ein bisschen herum.
    »Du hast es vergessen«, sagte Dad.
    Mein schuldbewusster Gesichtsausdruck ruinierte jede Chance auf eine Lüge. »Keine Sorge. Steph kommt später vorbei, dann kann ich mir von ihr ein Kleid ausleihen. Ich werde da sein.« Plötzlich kam mir eine Idee. »Ähm, Dad?« Ich machte die zuckersüße Stimme, die er nur allzu gut kannte.
    »Ja«, sagte er und zog eine Augenbraue nach oben.
    »Macht es dir etwas aus, wenn ich noch ein paar Leute mitbringe?« Ich sah nicht ein, weshalb ich den ganzen Abend allein herumstehen sollte. Dad und ich wussten beide, dass er damit beschäftigt sein würde, Kollegen und Kunden zu unterhalten. Ich war nur dabei, um die Einheit der Familie zu demonstrieren.
    Dad schaute mich an, dann Phoenix. Er seufzte. »Wen?«
    »Nur Steph und Phoenix«, sagte ich.
    Phoenix blickte auf und zeigte zum ersten Mal einen Funken Interesse an unserer Unterhaltung. Er versuchte, es zu verbergen, aber ich sah das Lächeln auf seinem Gesicht.
    Dad sah nicht so begeistert aus. »Ich denke, das geht in Ordnung. Ich werde ihnen Bescheid sagen.«
    Dad schnappte sich die Entwürfe und ging langsam zur Tür, an seiner Seite klirrten die Schlüssel. Er nahm die Türklinke in die Hand, hielt aber inne, bevor er die Tür öffnete. »Vi, du solltest wissen, dass die Organisatoren gestern ihre Gästeliste durchgegeben haben.«
    »Und?«, sagte ich, während ich einen Bissen von einem altbackenen Croissant nahm und ihn wieder ausspuckte. Ich musste wirklich mal rausgehen und Lebensmittel einkaufen.
    »Und mir ist aufgefallen, dass Lincolns Name darauf stand.«
    »Was?«, schrie ich und sprang auf.
    »Ich schwöre, dass ich bis gestern nichts davon wusste«, verteidigte sich Dad.
    »Gut, dann komme ich nicht.«
    »Violet, du weißt, dass ich dich nicht darum bitten würde, wenn es nicht wichtig wäre. Es ist eine wirklich große Veranstaltung, wahrscheinlich wird er dir gar nicht über den Weg laufen.«
    Ich konnte nicht fassen, dass das passierte. Das Schlimmste war, dass Dad mich fast nie um etwas bat. Die letzte Person auf der Welt, die ich sehen wollte, war Lincoln, aber ich konnte Dad nicht im Stich lassen. Ich konnte ihn nicht auch noch vor den Kopf stoßen.
    »Gut, gut, ich werde hingehen«, sagte ich.
    »Danke! Wir sehen uns dann dort … wir drei.« Er stürmte hinaus. Ich stand da und starrte die Tür an. Phoenix kam auf mich zu, aber mein Mund war so trocken, dass ich nicht einmal in der Lage war, ihm zu sagen, er solle mich in Ruhe lassen. Er legte mir eine Hand auf die Wange. Winzige Energiefunken flackerten zwischen uns wie kleine Elektroschocks.
    Ich starrte noch immer zur Tür und versuchte zu begreifen, was da gerade passiert war. All die Bemühungen, jede Erinnerung an Lincoln zu vermeiden und alles, was das Risiko barg, ihm zufällig über den Weg zu laufen, hatten sich soeben als sinnlos erwiesen.
    Erst als sich Phoenix’ Lippen tatsächlich auf meine pressten, kam mein Körper mit einem Schock zurück ins Hier und Jetzt. Sobald sich unsere Lippen berührt hatten, wurde mir die Kontrolle, die ich über meine Sinneswahrnehmungen hatte, entrissen. Die kühle Hitze überkam meinen ganzen Körper. Er schmeckte nach Apfel, und meine Augen schlossen sich instinktiv. Lichtblitze, die sich intensivierten, und ich war mir fast sicher, dass in Bruchteilen von Sekunden Bilder von Tag und Nacht durch mein Blickfeld rotierten.
    Und dann war da Phoenix, der mich küsste. Er war überraschend sanft, nicht so heftig wie Lincoln, sondern verwundbar, und das ängstigte mich noch mehr. Ich küsste ihn auch … glaube ich.
    Bevor ich zurückweichen konnte, durchfuhr mich sein Verlangen … nach mir. Ich stolperte rückwärts, benommen von der Reizüberflutung und meinem Verstand, der mich anschrie.
    »Ich … ich … Du hast gesagt, dass ich diejenige sein würde, die dich küsst«
    »Ich habe gelogen.« Er sagte das so lässig, nicht im Geringsten reumütig, dass es einen empfindlichen

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