Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
Vom Netzwerk:
Nerv traf.
    »Du bist unglaublich«, fuhr er fort. »Es ist, als könntest du jede Sinneswahrnehmung empfangen und an mich weitergeben. Durch dich spüre ich Vögel um mich herumflattern und fühle sogar, wie Morgen und Abend ihre Macht offenbaren.«
    Das lenkte meine Aufmerksamkeit von meinen schleichenden Gewissenbissen ab.
    »Also Tag und Nacht?«
    »Irgendwie schon. Es ist die Macht, die Tag und Nacht erschafft.«
    »Wie die Sonne?«, fragte ich.
    »Nein. Wie die Kraft, die die Sonne erschafft und antreibt.«
    »Wow«, hauchte ich. Wie konnte ich diese Dinge fühlen? Wie konnte mein Körper auf diese Weise reagieren?
    »Übrigens…«, er machte einen Schritt auf mich zu und schloss den Abstand zwischen uns, den ich gerade geschaffen hatte, »…ist es okay.« Er strich mit einem Finger an meinem Gesicht entlang.
    Ich schaute weg, plötzlich war ich verlegen. Ich wusste nicht, was er meinte, aber ich fürchtete mich davor, was jetzt kommen würde. Er ließ mir keine Zeit, um mich darauf vorzubereiten. »Du darfst es ruhig mögen, mich zu küssen.« Sein Gesichtsausdruck war so durchdringend. Sein sonst so großspuriges Aussehen war verschwunden und durch etwas total Männliches ersetzt worden.
    Ich stieß ein zittriges Lachen aus. »Kannst du Gedanken lesen?«
    »Genug, um das zu wissen.« Er ließ seinen Finger über die andere Seite meines Gesichts gleiten und dann langsam meinen Hals und mein Schlüsselbein entlang. Ich weiß nicht, ob es an den Sinneswahrnehmungen lag oder an mir … oder an ihm, dass mein ganzer Körper prickelte.
    »Du hast versprochen, dass du das nicht tun würdest.« Meine Worte waren gehaucht.
    Seine Mundwinkel kräuselten sich, zufrieden mit meiner Reaktion. Er sprach langsam: »Was ich sagte , war, dass ich dich nicht beeinflussen würde … und das habe ich auch nicht getan.«
    Ich wurde rot und hatte den verzweifelten Wunsch, dieses Gespräch zu beenden. Ich hatte keine Ahnung, was dieser Kuss mir bedeutete – oder auch ihm –, aber ich wusste, dass ich das nicht herausfinden würde, solange jemand jedes meiner Gefühle mitbekam.
    Ich trat wieder zurück und löste den Körperkontakt. Das half, einen klaren Kopf zu bekommen und stotternd die nächsten Worte hervorzustoßen. »Können wir jetzt einfach … ins Kino gehen?«
    Ich wusste, dass das lächerlich war, aber zu mehr war ich nicht in der Lage.
    »Klar«, sagte er, ging zur Tür und hielt sie für mich auf.
    Als ich an ihm vorbeiging, klopfte er mit den Fingern an den Türrahmen.
    »Nun, jedenfalls lief es gut. Ich glaube, dein Dad mag mich.«

KAPITEL SIEBZEHN
    »Es ist eine Furcht einflößende, eine entsetzliche Vorstellung, dass wir vielleicht in diesem und in jedem anderen Augenblick von bösen Geistern umgeben sind.«
    RICHARD WHATELY
     
    D er Tag verflog in Windeseile, sodass ich eigentlich nicht dazu kam, mich vorzubereiten. Ich war froh darüber und bemühte mich, beschäftigt zu bleiben, nur um nicht daran denken zu müssen, dass ich Lincoln heute Abend sehen würde.
    Am Nachmittag ging Phoenix weg, er versprach, gegen sieben zurückzukommen, um Steph und mich abzuholen. Es war uns erfolgreich gelungen, jedes weitere Gespräch über unseren »Moment« zu vermeiden, und ich war erleichtert, dass er es auf sich beruhen ließ … zumindest fürs Erste.
    Steph kreuzte mit etwa einer Tonne Kleider im Arm auf. Sie hatte in den letzten sechs Monaten an allen Schulen in der Umgebung Einladungen zum Abschlussball gesammelt. Sie bezeichnete das als »Hobby«. Überflüssig zu erwähnen, dass sich ihre Garderobe wesentlich vergrößert hatte, und ich hatte den Verdacht, dass das die treibende Motivation war. Es war nicht das erste Mal, dass ich von den Folgen profitierte.
    Nachdem wir das Kleid beiseitegelegt hatten, das sie tragen wollte, breitete sie den Rest vor mir aus, damit ich mir etwas aussuchen konnte. Die Wahl fiel mir leicht, als ich sah, dass sie das schwarze Trägerlose mitgebracht hatte, das ich schon vor Monaten ins Visier genommen hatte. Früher hatte ich versucht, dagegen anzukämpfen – zu kombinieren oder Farben zu tragen –, aber Tatsache war, dass ich Schwarz mochte, und Schwarz mochte mich auch. Das Kleid war schlicht, aber ich wusste, dass ich mit meinen Kurven und dem eleganten Schlitz an der Seite so gut aussehen würde, wie es nur ging. Als Steph dann noch ein Paar Jimmy Choos vor meinem Gesicht herumbaumeln ließ, dankte ich dem Himmel, dass wir dieselbe Schuhgröße hatten. Einer der Vorteile,

Weitere Kostenlose Bücher