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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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auszusperren, das er zu mir durchsickern ließ.
    Ich erwartete, dass sich Lincoln geschäftsmäßig verhielt. Eigentlich weiß ich nicht, was ich erwartete, aber ich glaubte, dass es unbehaglich werden würde. Aber als er sich näherte, überschritt er den Sozialabstand, den die Höflichkeit gebot, was ich nicht erwartet hatte. Er ergriff meine Hand, zog mich an sich, umarmte mich fest. Vor Überraschung übernahmen meine natürlichen Instinkte und mein Körper schmolz dahin. Zum ersten Mal seit Wochen atmete ich vollständig aus und umarmte ihn ebenfalls. Er zog mich noch fester an sich, bis ich nicht mehr atmen konnte, aber das war mir egal. Oh Gott, nur dieser eine Moment. Ich brauche das. Ich kann nicht loslassen. Noch nicht.
    »Ich habe dich vermisst«, flüsterte er mir ins Ohr. Ein Schauder durchlief meine Wirbelsäule. Ich wollte noch näher kommen, ihn fester halten, niemals mehr loslassen. Dann erinnerte ich mich. Kam einigermaßen zu Verstand und erinnerte mich an den Schmerz. Ich trat zurück und er ließ mich los.
    Phoenix nahm meine Hand. Es war nicht die Hand, die ich wollte, auch wenn ich mir Mühe gab, das zu verbergen.
    Lincoln richtete sich auf und riss sich sichtlich zusammen, wobei er ein wenig an seinem Jackett zupfte. Er räusperte sich. »Tut mir leid, dass ich unhöflich war«, sagte er förmlich und schaute Phoenix aus schmalen Augen an. »Ich bin Lincoln. Ich glaube, wir haben uns an Violets Geburtstag kurz gesehen.«
    Shit. Das hatte ich ganz vergessen.
    »Phoenix.«
    Lincoln bot ihm die Hand an. Als er seinen Arm ausstreckte, rutschte der Ärmel seiner Jacke nach hinten und enthüllte das Silberarmband, das sich um sein Handgelenk schmiegte.
    Phoenix schwieg. Er sah es auch. Ich hatte den starken Verdacht, dass Lincoln das absichtlich getan hatte.
    »Lieber nicht«, sagte Phoenix.
    Lincolns Blick schoss von Phoenix zu mir. »Ich wusste es! Violet, er ist ein …«
    Ich fiel ihm ins Wort. »Ich weiß, was er ist. Er hat mich in Bezug darauf, wer er ist, nie angelogen, Lincoln.«
    Ich schaute ihm in die Augen, die erste meiner unkooperativen Emotionen drohte überzulaufen. Steph warf mir einen fragenden Blick zu. Ich schüttelte nur den Kopf; ich konnte mich momentan nicht mit ihren Fragen befassen.
    Lincoln richtete seine Aufmerksamkeit auf Phoenix. »Was machst du mit ihr? Warum ist es so schwierig, dich wahrzunehmen? Ist das alles ein Spiel für dich?« Lincolns ganzes Gebaren hatte sich verändert; seine Präsenz war jetzt stark, bedrohlich.
    Phoenix drückte meine Hand. »Es ist kein Spiel. Violet brauchte jemanden, der ihr über diese Zeit hinweghalf. Ich bin mir sicher, dir ist bewusst, dass sie stärker ist als die meisten. Warst du nicht um ihre Sicherheit besorgt?« Ich konnte spüren, wie Wut in ihm aufstieg.
    Lincoln schlug zurück und setzte noch eins drauf. »Natürlich war ich besorgt! Aber ich respektiere ihr Recht, in Ruhe gelassen zu werden, bis sie bereit ist.«
    Die Leute begannen sich nach ihnen umzudrehen.
    »Du warst unvorsichtig. Sie ist wie eine wandelnde Leuchtreklame. Du warst nicht für sie da. Ich schon.« Phoenix versuchte es auf die sachliche Tour, aber keinem von uns entging, dass seine Worte vor revierbezogenem Testosteron nur so trieften.
    Lincoln lachte. »Und bei dir soll sie sich sicher fühlen? Was? Bist du in sie verknallt? Sie würde nie mit jemandem wie dir zusammen sein!«
    Phoenix sagte einen Moment lang nichts; er schaute Lincoln nur direkt in die Augen und ein gefährliches Grinsen schlich sich in sein Gesicht. Er schwang die Hand, in der die meine lag, ein paarmal in die Luft und zuckte die Achseln.
    »Und doch …« Er neigte den Kopf und schaute auf unsere verbundenen Hände. Lincoln presste so fest den Kiefer zusammen, dass es aussah, als würde ihm gleich eine Ader platzen.
    »Stopp!« Ich schrie fast. Alles hier wurde mir viel zu schnell viel zu hitzig. Es war keine gute Idee, diese beiden Jungs in denselben Raum zu stecken.
    »Hör mal.« Ich zog meine Hand aus Phoenix’ Hand. »Ich brauche keinen heldenhaften Beschützer, ihr könnt also beide einfach aufhören!«
    Steph, die immer noch schweigend an meiner Seite stand, sprang ein. »Ähm, Jungs, ich will euer testosterongeladenes Unentschieden wirklich nicht abbrechen, aber die Leute schauen schon.« Sie sah Lincoln an. »Und übrigens – ich freue mich auch, dich zu sehen, Lincoln.« Sie bedachte ihn mit einem schmallippigen Lächeln.
    »Hi, Steph. Entschuldige«, sagte Lincoln und

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