Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
Stadt, entdeckt und mitgenommen. Kichernd und eifrig trotteten sie hinter ihm her, als er sich dem hünenhaften Stammesvampir unter dem Torbogen näherte, der vor der Stahltür des Privatclubs postiert war. Der Türsteher, ein primitiver Schlägertyp von der Agentur, hieß Taggart; während Dragos’ Zeit im Vorstand dieser unfähigen Organisation hatte er den einen oder anderen dreckigen Job für ihn erledigt. Jetzt schaute er finster und nahm eine drohende Haltung ein, aber dann riss er überrascht die Knopfaugen auf, als er Dragos erkannte.
»Sir«, murmelte Taggart und senkte grüßend den Kopf. Er streckte die Hand nach der Tür aus und öffnete sie, um dem Trio Einlass in den Club zu gewähren. Der Respekt war willkommen, so wie das Gefühl der Freiheit, das er um die Schultern trug wie den Umhang eines Königs, als er durch den Raum voller Stammesvampire und leicht bekleideter menschlicher Männer und Frauen schritt, die die Unterhaltung boten, auf die der Club spezialisiert war. Auf der Bühne in der Raummitte schlang sich gerade eine nackte dunkelhäutige Schönheit mit der geschmeidigen Grazie einer Schlange um eine Stange aus Plexiglas. An den Tischen und auf den Sitzbänken davor sahen Dutzende von Stammesvampiren gebannt zu. Wieder andere genossen in ihren Nischen und privaten Alkoven Dienstleistungen persönlicherer Art durch die Menschen, die in diesem Striplokal der Agentur arbeiteten.
Doch obwohl im Club Blut getrunken und diverse sexuelle Handlungen vorgenommen wurden, war die Atmosphäre von Zurückhaltung bestimmt. Die Stammesgesetze verboten das Töten von Menschen, und für die meisten Vampire, besonders Angehörige der Agentur, war dieses Gesetz unantastbar. Es war so unverletzlich wie das Gesetz der Geheimhaltung, das dem Stamm erlaubt hatte, seit Jahrhunderten unentdeckt unter den Menschen zu leben und sich unbehelligt von ihnen zu nähren.
Für einige aber, wie ihn und den anderen Mann, der jetzt durch den vollen Club auf ihn zukam, um ihn zu begrüßen, galt diese Einschränkung schon lange nicht mehr.
Dragos sah zu, wie sein Leutnant sich näherte. Er war einer von einer Handvoll gleich gesinnter, loyaler Mitglieder von Dragos’ innerem Kreis – der zunehmend kleiner wurde, seit eine Reihe von Pannen und Fehlern ihn gezwungen hatte, die schwächsten Mitglieder der Herde auszumerzen. Aber das alles lag nun hinter ihm. Er blickte nach vorn, dem Sieg entgegen. Er war so nah, dass er ihn praktisch schon mit Händen greifen konnte. »Guten Abend, Vizedirektor Pike.«
»Sir.« Der Agent blickte sich verstohlen um, bevor er Dragos in die Augen sah. »Es ist ein … nun, ein unerwartetes Vergnügen, Sie hier in der Stadt zu sehen.«
»Warum sehen Sie dann aus, als hätten Sie die Hosen gestrichen voll?«, antwortete Dragos und bleckte die Zähne zu einem kurzen Lächeln. Normalerweise bedeutete ein unangekündigter Besuch von ihm, dass Köpfe rollen würden. »Entspannen Sie sich, Pike. Ich bin heute Nacht zu meinem Vergnügen hier, nicht geschäftlich.«
»Also gibt es kein Problem, Sir?«
»Nicht im Geringsten«, antwortete Dragos.
Sein Leutnant fühlte sich trotzdem nicht allzu wohl in seiner Haut. Er sprach mit gesenkter Stimme weiter, zweifellos hatte er Angst, an einem so öffentlichen Ort auf so vertrautem Fuß mit ihm gesehen zu werden. »Aber Sir, halten Sie es wirklich für klug, in die Stadt zu kommen – und ausgerechnet hierher? Der Orden hat erst letzte Woche zwei seiner Krieger in diesen Club geschickt, die nach Ihnen gefragt haben.«
Dragos schüttelte milde den Kopf. »Der Orden kümmert mich nicht, er ist derzeit vollauf mit anderem beschäftigt. Dafür habe ich heute persönlich gesorgt.«
Pike starrte ihn einen Augenblick an. »Die Gerüchte sind also wahr? Das Hauptquartier des Ordens wurde von den Mensch–« Pike sah Dragos’ zwei menschliche Begleiterinnen an und räusperte sich. »Sie wurden von der Bostoner Polizei aufgespürt?«
Dragos grinste. »Sagen wir einfach, unsere braven Ordnungshüter haben einen kleinen Tipp bekommen.«
Der Stammesvampir erwiderte sein Lächeln, sah aber immer wieder unsicher von Dragos zu den beiden Frauen, die sich von beiden Seiten an ihn klammerten. Auf den fragenden Blick seines vorsichtigen Leutnants zuckte Dragos müßig die Schultern. »Reden Sie nur frei heraus, Pike. Ich habe ihnen auf dem Weg hierher so viel Alkohol und Kokain eingeflößt, dass sie sich morgen früh nicht einmal mehr an ihren eigenen Namen erinnern
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