Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
»Natürlich, Mr. President.«
Er trat zur Seite, als sich die hintere Tür des Geländewagens öffnete und ein weiterer Mann ausstieg. Lucan holte Atem und beobachtete wachsam, wie die Militäreskorte sich teilte, um den mächtigsten Mann der Vereinigten Staaten durchzulassen.
Der Präsident stand vor Lucan, lässig in Jeans und eine olivgrüne, fleecegefütterte Bomberjacke gekleidet. Er wirkte verhärmt, als lastete das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern. Lucan lächelte wissend und senkte grüßend den Kopf.
»Sie sagen, der Mann, der das alles verursacht hat, ist tot?«
»Ja, Sir«, antwortete Lucan mit einem Nicken und erkannte, dass der Präsident sein Gespräch mit dem General aus dem Geländewagen mit angehört hatte.
»Und Sie und diese Männer – und diese Frau«, fügte der Präsident mit einem Blick auf Renata hinzu, die genauso grimmig entschlossen aussah wie die übrigen Krieger. »Sie sagen, Sie alle waren an seiner Liquidierung beteiligt?«
»So ist es, Sir«, antwortete Lucan.
Der Oberbefehlshaber der Vereinigten Staaten schwieg und überlegte. »Ich habe Berichte von einer Gruppe Soldaten gesehen – einer Gruppe Vampire, die Menschenleben gerettet haben, seit hier vor zwei Nächten das Gemetzel begann. Ist Ihnen diese Gruppe bekannt?«
»Das sind meine Leute«, antwortete Lucan mit stolzgeschwellter Brust. »Wir sind der Orden. Und ich bin sein Anführer, Lucan Thorne.«
Jetzt musterte ihn der Präsident so lange, dass Lucan sich fragte, ob hier und jetzt ein neuer Krieg begann. Dann hob der Mann langsam die Hand und hielt sie Lucan hin. »Wir stehen in Ihrer Schuld, Lucan Thorne. In Ihrer und der Ihres Ordens.«
Lucan nahm die Vertrauensbezeugung an. Er nahm die Hand des Präsidenten in seine schwielige, vom Kampf noch blutverschmierte Pranke und schüttelte sie fest.
Tavia fühlte sich in seinen Armen zu warm an, fiebrig, obwohl sie zitterte. Das Crimson hatte sie in seinen Klauen, zu stark für sie. Sie ging unter, trieb immer mehr aus Chases Reichweite. »Bleib bei mir, meine Schöne. Verlass mich nicht.«
»So müde«, murmelte sie, ihre Lippen waren trocken und aufgesprungen, in den Mundwinkeln klebte rosafarbener Schaum. »Solchen Durst … «
»Ich weiß«, flüsterte er. »Ich weiß, wie du dich fühlst, aber Blut kann dir jetzt nicht helfen. Es macht alles nur noch schlimmer.«
Sie stöhnte, und in diesem gebrochenen Laut hörte er ein Echo seines eigenen Kampfes. Welche Ironie, dass ausgerechnet Tavia die Blutgier bekam, gerade jetzt, wo er endlich das Gefühl hatte, seine Sucht tatsächlich besiegen zu können.
Wie grausam der Gedanke war, dass sie so litt, wie er gelitten hatte, und das nur deshalb, weil sie ihm und dem Orden hatte helfen wollen, Dragos zu besiegen.
Und sie hatte ihnen wirklich dabei geholfen.
Wenn sie nicht so viel riskiert, ihr Leben aufs Spiel gesetzt hätte – wer weiß, wie weit Dragos seine perversen Pläne noch getrieben hätte?
Draußen hatte der Kampflärm sich gelegt. Die helle Explosion, die Chase vor wenigen Minuten gesehen hatte, hatte eine seltsame Stille hinterlassen. Keine Schüsse oder Kämpfe mehr in der Nähe. Dragos’ Killer waren nicht mehr am Leben, das wusste Chase. Und die Rogues, die in den Großstädten der ganzen Welt immer noch frei herumliefen, würde der Orden weiterjagen, so lange, bis er auch den Letzten von ihnen in einen Aschehaufen auf der Straße verwandelt hatte.
Die Welt der Zukunft würde besser sein, dank Tavias Mut und dem seiner Brüder. Da war so viel, worauf man sich freuen konnte – so viel Hoffnung auf eine bessere Welt für alle. Und diese Welt wollte er sich nicht ohne Tavia vorstellen. Das durfte einfach nicht sein. Er würde sie wieder gesund pflegen, auch wenn er sich dazu mit ihr einschließen musste, bis das Fieber ihres Hungers sich endlich gelegt hatte. Wenn es sich denn jemals wieder legte.
Er würde mit Freuden sein Leben für ihres geben, wünschte sich so sehr, die Zeit zurückdrehen und das tödliche Crimson an ihrer Stelle nehmen zu können.
»Nein«, murmelte sie, ihre Stimme belegt durch ihre Fänge. Selbst durch die verwüstenden Auswirkungen der Droge musste sie die Tiefe seiner Emotionen gespürt haben, als er sie vorsichtig und verzweifelt in den Armen hielt. Traurig sah sie zu ihm auf, und in ihre wilden bernsteinfarbenen Augen traten Tränen. »Lass mich hier, Chase. Geh zu deinen Brüdern.«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf einmal, dann noch einmal, heftiger.
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