Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
Geschwindigkeit stellte sie sich zwischen Dragos und sein Opfer, zog das Crimson-Röhrchen aus ihrem Versteck und öff nete es.
Sie schüttete sich eine Prise des roten Pulvers in die Hand – die einzige Waffe, die sie gerade hatte. Sie stieß die Luft aus, wollte ihm die ganze Dosis ins Gesicht blasen und betete, dass sie ausreichen würde, ihn außer Gefecht zu setzen, oder ihm womöglich einen qualvollen Tod bescherte.
Aber sie bekam nie die Chance dazu.
Schneller, als sie wahrnehmen oder reagieren konnte – obwohl sie doch selbst ähnliche Gene besaß – , packten zwei von Dragos’ Leibwächtern sie.
Einer riss ihr die Arme auf den Rücken. Der andere hielt das Röhrchen mit dem Crimson, und sie verstand mit kalter Gewissheit, dass sie auf ein einziges Kommando von Dragos sterben würde.
Seine Miene war täuschend milde, seine Bewegungen sehr ruhig, als er seinem Leibwächter das Crimson abnahm und an die Nase hielt. Er schnüffelte leicht, dann knurrte er verächtlich. »Das war unglaublich dumm von dir, Tavia. Wirklich schade.«
Bevor sie reagieren konnte, sprang er nach vorn und stieß ihr das offene Röhrchen in den Mund. Sie würgte an dem trockenen Pulver, als es ihre Kehle traf. Hustend und keuchend fiel sie auf die Knie, als ein Summen ihren Kopf erfüllte wie eine Million stechender Bienen.
Oh Gott, dachte sie, verzweifelt vor Angst, als das Crimson in ihren Blutkreislauf eindrang und ihr Höllenqualen durch jede Zelle ihres Körpers jagte.
Sie hatte versagt.
Sie hatte Chase und den Orden jämmerlich im Stich gelassen, und jetzt war sie sich sicher, dass Dragos sie gerade getötet hatte.
Chases Knie gaben unter ihm nach. Ein heftiger Schmerz durchzuckte ihn, so als würde sein Brustkorb aufbrechen.
»Tavia.«
Um Gottes willen.
Ihre Qualen waren überall in ihm. Wie Feuer und Dolche und Gift – ein so intensives Leiden, dass es ein Wunder war, dass sein Herz nicht versagte.
Nein, das verletzte Organ war kurz davor, hinter seinem Brustbein zu explodieren.
Das Ausmaß ihrer Schmerzen in diesem Augenblick war die schrecklichste Erfahrung seines Lebens. Nicht nur wegen der wilden Schmerzen selbst, sondern weil sie es war, die diese Schmerzen litt.
Seine Frau, seine Gefährtin hatte Schmerzen – oh Gott, sie starb womöglich – , und er konnte nicht an ihrer Seite sein.
»Tavia!«, brüllte er auf.
»Chase«, schrie Dante, sofort an seiner Seite, als er unter dem Ansturm ihrer Schmerzen taumelte. »Um Gottes willen. Rede mit mir, Harvard. Was ist los?«
»Sie hat Schmerzen. Verdammt … ich muss zu ihr!«
Eben hatte er gehört, dass sie jetzt bei Dragos war, und seine Verzweiflung kannte keine Grenzen mehr. Als Niko und Brock mit den anderen Kriegern in den beiden Geländewagen des Ordens heranfuhren, rannte Chase auf sie zu. Dante, Lucan und Archer folgten ihm auf dem Fuß.
Tegan hatte gerade Gideon am Telefon, als Chase und sein Team in den Rover hechteten. »Wir müssen sofort los«, sagte er und sah dann Lucan und die anderen an. »Gideon hat eine Spur zu der IP -Adresse, die Tavia uns besorgt hat. Der Rechner steht in Maine, auf einer Insel vor der Küste in Privatbesitz.«
Chases Schmerzen wurden intensiver, zerrissen ihn innerlich. Er knurrte auf vor Wut über seine Hilflosigkeit. »Bringt mich zu ihr. Bitte … «
Die beiden Geländewagen fuhren los, rasten durch die rauch-erfüllten Straßen von Washington.
»Gideon sagt, er hat die Codes für die Auslöser der UV -Halsbänder geknackt. Er versucht gerade, sie GPS -Signalen zuzuordnen, eine Art Karte aller aktiven Killer zu erstellen«, meldete Tegan.
Lucan stieß einen Grunzlaut aus. »Sag ihm, er soll sich verdammt noch mal ranhalten. Wir werden diese Codes brauchen, wenn wir zu Dragos’ Versteck kommen.«
Als sie durch die verwüstete, blutgetränkte dunkle Hauptstadt rasten, wurde der schwere Schmerz in Chases Brust stärker. Seine Blutsverbindung zu Tavia pulsierte, pumpte durch seine Sinne wie Trommelschläge, fühlte sich so nah an, dass er sie fast berühren konnte. »Wir fahren nicht nach Maine.«
Nikos starrte ihn fragend im Rückspiegel an.
»Anhalten!«, keuchte Chase und konnte kaum sprechen, als ihn die Erkenntnis traf wie ein Schlag. »Wir müssen umdrehen. Ich spüre sie. Sie ist hier. Sie ist hier irgendwo in der Stadt.«
43
Sie konnte die Schmerzen kaum ertragen.
Sie schwammen durch ihre Adern, durch ihren Kopf, und nahmen ihr alle Kräfte, nagten mit winzigen Zähnen an ihrem Verstand.
Das war
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