Erwarte mich in Paris (German Edition)
Licht aufflammte und mich zwang, den Arm schützend vor meine Augen zu legen, bemerkte ich, dass wir endlich angekommen waren. Tom schob mich in ein Bad und zeigte stumm auf eine Duschkabine. Die Dusche war ebenerdig, trotzdem musste ich mich an der Wand festhalten, um hineinzusteigen. Meine Knie gaben nach und ich strauchelte. Die Decke, die ich die ganze Zeit krampfhaft fest gehalten hatte, glitt zu Boden und entblößte meinen nackten Körper.
„Heilige Scheiße“, entfuhr es Tom, der entsetzt auf meinen gebeugten Rücken starrte. „Was haben die denn mit dir gemacht?“
Ich hielt den Blick gesenkt. Ich wollte sein entsetztes Gesicht nicht sehen, noch irgendeine weitere Reaktion seinerseits ertragen.
„Verschwinde. Ich schaff das allein“, fuhr ich ihn an und versuchte mich mit meiner letzten Kraft und verbliebenen Würde aufzurichten. Doch sofort begann alles wieder um mich herumzutanzen, meine Knie versagten und ich sank, unfähig mich weiter aufrecht zu halten, auf den weißen Fliesenboden. Undeutlich hörte ich Toms Stimme, spürte, wie er mich in eine sitzende Position zog.
Warmes Wasser prasselte auf mich hernieder und verschwommen nahm ich wahr, dass er mich abzuseifen begann. Seine Hand fuhr über mein Gesicht, durch meine Haare, über meinen Rücken, Arme und Beine. Als er begann die verkrusteten Exkremente an meinen Oberschenkeln wegzuwaschen, schlug ich seine Hand zur Seite.
„Fass mich DA nicht an“, zischte ich kraftlos, jedoch voller Auflehnung. Wut stieg in mir hoch und der Ekel, der mir schon die ganze Zeit wie eine Faust im Magen gesessen hatte, schwoll an, kletterte meine Speiseröhre hinauf und brach krampfartig aus mir heraus. Ich erbrach mich in qualvollen Intervallen. Das Erbrochene mischte sich mit dem Wasser und zog, Spiralen ziehend, zum Abfluss. Wieder und wieder krampfte sich mein Magen, bis er nichts mehr hervorbringen konnte. Ich kauerte zitternd auf dem Boden und wartete, dass die Magenkrämpfe vorbeigingen. Das prasselnde Wasser auf meiner Haut spürte ich kaum.
Tiefer konnte ich nun nicht mehr sinken. Ich hatte den Abgrund, die Kloake meines Daseins erreicht. Mechanisch griff ich nach dem Duschkopf und säuberte mich von dem Erbrochenen, sowie den getrockneten und verkrusteten Resten der Nacht. Ich fühlte mich wie ein Tier, und genauso betrachtete Tom mich auch. Er starrte mich an, wie man wohl ein exotisches, unbekanntes, jedoch auch wahnsinnig ekliges Etwas in einem Terrarium betrachten würde.
Langsam, da es mich meine ganze Kraft kostete, stand ich auf. Ich griff nach dem Handtuch, welches Tom mir hinhielt. An den Wänden entlang tastend, folgte ich ihm in ein kleines Zimmer. Ein Schrank und ein Bett standen darin.
„Hier kannst du schlafen“, sagte er knapp.
Ich fiel mehr, als dass ich mich in das Bett sinken ließ. Kaum dass ich die weiche Matratze unter mir fühlte, schalteten sich auch schon die Lichter in meinem Kopf aus. Gnädige Dunkelheit, Stille und himmlischer Frieden legten sich über mich, und ich hoffte, dass es für immer so bleiben würde.
Abschied
Eine warme Hand streichelte mein Gesicht. Zuerst glaubte ich zu träumen. Es war ein schöner Traum. Gold-braune Augen sahen mich mitfühlend an.
„Piero! Du bist da.“
„Ja. Aber ich muss gleich wieder gehen.“
Verwirrt versuchte ich mich aufzusetzen. Mein Körper schmerzte und in meinem Kopf drehte es sich wieder. Ich biss die Zähne aufeinander und griff nach seiner Hand.
„Bleib bei mir.“ Ich verstummte.
Die Bilder der letzten Nacht kamen in mir hoch und Scham überspülte mich augenblicklich. Ich zog die Knie heran und vergrub mein Gesicht in meinen Armen.
„Ich kann nicht mehr zurück, oder?“ Ein Schluchzen stieg in mir hoch. Als ich es zurückzuhalten versuchte, presste sich mein Brustkorb schmerzhaft zusammen.
„Nein, sie würden dich nur noch mehr quälen. Das Beste wäre für dich, erst einmal unterzutauchen.“
„Aber wo soll ich hin?“ Nun schaffte ich es nicht mehr, das Schluchzen zu unterdrücken. Es brach aus mir heraus und ließ meine Stimme brechen. „Was soll ich denn tun?“
Piero zog mich in seine Arme, doch ich schüttelte sie mit aller Kraft ab. Ich konnte es nicht ertragen, dass er mich berührte, wo er mich doch in all meinem Schmutz gesehen hatte. Die Demütigung saß zu tief. Es war, als würde ich noch immer den Stab spüren, wie er sich in mich hineinbohrte und mich quälte.
„Ich
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