Erwarte mich in Paris (German Edition)
versunken wäre.
„Du kannst nichts dafür“, flüsterte er erneut und strich mir über die Schulter. „Du weißt nicht, zu was sie alles fähig sind, wenn sie sich etwas in ihre Köpfe gesetzt haben.“
Als ein Motorengeräusch näher kam, stand er auf und trat aus den Büschen. Das Zittern meines Körpers lenkte mich zu sehr ab, als dass ich Piero hinterher sehen konnte. Nach einigen Minuten kam Piero zurück und half mir auf die Beine.
„Komm, stütz dich auf mich.“ Er führte mich zu dem wartenden Auto, neben dem ein schlanker Mann stand. Dieser öffnete die hintere Tür und wartete, bis Piero mich auf die Rückbank bugsiert hatte.
„Puh, der stinkt“, sagte der Mann. Ich konnte hören, wie er die Nase rümpfte.
„Dann wirst du ihm beim Duschen helfen müssen, Tom. Ansonsten lässt du ihn aber in Ruhe! Verstanden?“
„Den lass ich ganz sicher in Ruhe“, antwortete Tom und lief um das Auto herum. „Da hast du aber ganz schön was gut zu machen“, sagte er, bevor er einstieg.
„Tom kümmert sich heute um dich. Ich komme morgen vorbei und schaue nach dir“, sagte Piero und strich mir das Haar zurück. Ich konnte nicht verstehen, warum er keine Abscheu vor mir empfand, mich noch immer berühren und ansehen konnte. Ich jedenfalls hasste mich, vor allem meinen schmutzigen Körper, der solchen Verrat an mir geübt hatte. Ich traute mich die Frage, warum er nicht mitkam, nicht zu stellen. Meine Angst vor der Antwort war zu groß. Doch Tom nahm mir diese Bürde ab.
„Warum kommst du nicht mit?“, fragte er und drehte sich zu uns um. „Wasch du das Dreckschwein und kümmere du dich um ihn.“
Sein Blick, der hochnäsig und angeekelt über mich hinweg strich, ließ mich die Decke noch fester vor meiner Brust zusammenraffen.
„Wenn ich jetzt verschwinde, wissen sie sofort, wer ihm geholfen hat. Dann bekommt nicht nur er Ärger. Ich komm, wie verabredet, morgen vorbei.“ Er schlug die Autotür zu und klopfte auf das Dach. Der Wagen setzte sich in Bewegung und ich schloss die Augen.
In Sicherheit
Die Fahrt erlebte ich wie in einem Traum. Ich wusste weder wohin die Reise ging, noch was mich erwartete und es war mir auch egal. Doch eines wusste ich ganz genau. Mein Leben, so wie ich es bisher geführt hatte, war ein für allemal vorbei. Ich hatte mich dem Tribunal entzogen. Das war so, als hätte ich mich eigenhändig aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Ich war ein Aussätziger, der gegen die Regeln verstoßen und sich dann auch noch der Strafe entzogen hatte.
Aber eigentlich hatte ja Piero diese Entscheidung für mich getroffen. Ohne sein Eingreifen würde ich noch immer an dem Ast hängen und jedem, der vorbeikam, meine Schmach und Schande zeigen - nackt, geschlagen und gedemütigt. Ich war mir sicher, dass ich, wäre ich dort geblieben, bis zum nächsten Tag verrückt oder ein völlig anderer Mensch geworden wäre. Ich war dicht am Wahnsinn vorbeigeschlittert. Noch einige Stunden mehr dieser Tortur ausgesetzt, hätte mein Weltbild, meinen Charakter, meine Neigungen, mein ganzes Wesen ein für alle Mal verändert.
Piero hatte mich davor bewahrt. Aber ob er jemals vergessen würde, welchen furchtbaren Anblick ich geboten hatte? Blutbesudelt, mit meinen eigenen Exkrementen und Körperflüssigkeiten beschmiert? Bei dem Gedanken begann ich wieder zu zittern, und ein heftiges Schluchzen drang aus meinem Mund.
Tom drehte sich zu mir um. „Klapp’ mir nur nicht zusammen! Das ist das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann.“
Mühsam schüttelte ich den Kopf und biss mir wieder auf die Fingerknöchel, die sich mittlerweile wund und aufgerissen anfühlten. Dann vergrub ich mein Gesicht in der Decke und kämpfte einen Moment mit einem Würgegefühl, welches sich bei den Gerüchen einstellte, die ich einatmen musste. Ich zwang mich durch den Mund zu atmen, und schloss die Augen.
Irgendwann hielt der Wagen. Tom öffnete die Tür und zog mich nach draußen.
„Beeil dich. Ich möchte nicht, dass dich jemand sieht!“ Ungeduldig zerrte er an meinem Arm.
Taumelnd stand ich neben dem Auto. Alles drehte sich um mich, während sich dunkle Schatten über meinen Geist zu legen drohten.
„Verdammt, reiß dich zusammen“, fluchte mein Helfer und zog mich zu einem Fahrstuhl.
Wie wir in seine Wohnung kamen, kann ich nicht mehr sagen. Es verlangte mir schon zu viel Anstrengung ab, überhaupt auf den Beinen zu bleiben.
Als helles
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