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Erwarte mich in Paris (German Edition)

Erwarte mich in Paris (German Edition)

Titel: Erwarte mich in Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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die Bahn in die Banlieues einfuhr, stieg ich aus.  
    Mein Weg führte mich über Straßen, zwischen deren rissigem Asphalt Unkraut wucherte. Ich lief durch heruntergekommene Plattenbauten und an Spielplätzen vorbei, auf denen Junkies sich in der Dunkelheit einen Schuss setzten und ihr Besteck achtlos liegen ließen. Längst vergessene Autowracks standen verrostet herum. In einer Telefonzelle, deren Tür herausgerissen worden war, lag eine junge Frau mit ihrem neugeborenen Baby auf einer zerfetzten Matratze und sah mich aus glanzlosen Augen an.  
    Auch das war Paris.  
    Ein bitteres, hässliches Paris, vor dem Alain mich die ganze Zeit bewahrt hatte. Gehörte ich vielleicht hier her? Das faltige Gesicht einer alten Frau, die mir entgegen kam, gab mir keine Antwort darauf.  
    Als ich auf einen großen, leeren Platz trat, der sich zwischen hohen grauen Mauern erstreckte, brach schon der Abend an. Meine Füße liefen lautlos über die staubige Erde, auf das kleine Dorf aus alten, heruntergekommenen Wohnwagen zu. Mein Herz begann zu stolpern, während meine Schritte immer langsamer wurden. Kinder spielten in einiger Entfernung mit einem kaputten Fußball.  
    Ich lehnte mich an einen toten Baum und sah ihnen zu. Wie oft hatte ich genau so mit meinen Freunden gespielt, ohne mir Gedanken über das Morgen zu machen. Das war das Gute an der Kindheit - die Sorglosigkeit. Doch die ging irgendwann abhanden, so wie alles verloren ging.  
    „He, du“, rief ich einem Jungen zu, der müde dem Ball hinterher rannte. „Kennst du Piero?“  
    „Wer will das wissen?“, fragte er frech.  
    Statt einer Antwort hielt ich ihm einen Geldschein hin. „Sag ihm, dass ich hier auf ihn warte, und du bekommst noch mal so viel. Aber nur, wenn du schweigen kannst. Sonst prügle ich dir das Geld wieder heraus.“  
    Der Junge zupfte mir grinsend den Schein aus den Fingern und rannte davon.  
     

Zu Hause?
     
    Es wurde dunkel. Zwischen den Wohnwagen flackerten die ersten Feuer. Ich hatte mich auf den staubigen Boden gesetzt, den knorrigen Stamm des toten Baumes im Rücken, und wartete.  
    Der Anblick meines alten Zuhauses rief in mir die widersprüchlichsten Gefühle hervor. Ich vermisste meine Großmutter und das Leben als freier Zugvogel. Doch das, was mir die Gemeinschaft angetan hatte, würde mich nie wieder einen Fuß in ihr Dorf setzen lassen. Die Wunden waren zu tief und hatten zu viel in mir verletzt und aufgerissen. Wut empfand ich nicht mehr für sie. So waren ihre Regeln und Traditionen, nach denen sie lebten – nach denen ich einmal gelebt hatte. Doch nun gehörte ich nicht mehr dazu. Ich würde mich nie wieder daran halten oder unterordnen müssen.  
    Ein Schatten huschte auf mich zu. Dann baute sich der Junge vor mir auf und hielt mir fordernd seine Hand entgegen. „Wo bleibt meine Belohnung?“  
    „Wo bleibt Piero?“, entgegnete ich.  
    „Du musst dich nur umdrehen.“ Die Worte erklangen hinter meinem Rücken und ließen mich aufspringen. Geistesabwesend drückte ich dem Jungen das Geld in die Hand. Dass es zu viel war, bemerkte nur er. Lachend lief er davon.  
     „Du bist gekommen“, flüsterte Piero.  
    „Ich muss mit dir reden.“  
    „Wirklich?“  
    „Ja, wir haben einige Dinge zu klären.“  
    Pieros Augen funkelten in der Dunkelheit, als er mich ansah. Dann senkte er den Blick. Seine Hand strich fast zärtlich über die raue Borke des Stammes.  
    „Es tut mir leid.“ Seine Stimme zitterte. „Ich hatte das mit Serafon und dir nicht gewusst.“  
    „Nicht gewusst?“ Meine Stimme tropfte plötzlich vor beißendem Hohn. „Ganz Paris hat gewusst, mit wem ich zusammen lebe. Es steht immerhin täglich in den Zeitungen.“  
    „Zeitungen? Hast du vergessen, wer wir sind?“  
    „Nein, ich habe nicht vergessen, wer wir waren. Beste Freunde! Erinnerst du dich? Die würden sich so etwas nie antun.“  
     „Ich kann es nur wiederholen: Ich wusste es nicht!“ Pieros Stimme war leise, Bedauern schwang mit. „Es war eine Vereinbarung gewesen, die ich nicht brechen konnte. Tom hatte dir geholfen, und ich würde zu gegebener Zeit tun, was er verlangte.“  
    „Und da begehst du einfach einen Mord?“ Meine Stimme begann zu beben.  
    „Was ist das schon? Du hast keine Ahnung, was Paco Tag für Tag von mir verlangt. Dagegen ist ein Mord fast eine Bagatelle. – Und trotzdem tut es mir leid“, setzte er schnell nach. „Wenn ich gewusst hätte, wo du bist und bei wem du wohnst, hatte ich

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