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Erwarte mich in Paris (German Edition)

Erwarte mich in Paris (German Edition)

Titel: Erwarte mich in Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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verließ ich Piero und den stinkenden Kellerraum.  
     

Wer bin ich?
     
    Mehr denn je verschanzte ich mich in den nächsten Tagen in Alains Domizil. Nachdem die TV-Sender sich mit Bildern von der Beerdigung gegenseitig übertrafen, die zeigten, wie ich Hals über Kopf die Trauerfeier verließ, wagte ich keinen Fuß mehr vors Haus. Ich saß im Hof, im Schatten der Palmen, die mir leise säuselnde Lieder sangen und dachte nach.    
    Mehrmals stündlich läutete das Telefon. Doch ich ging nicht ran. Es waren eh nur Journalisten, die ein Exklusivinterview wollten. Christin erzählte mir von den Angeboten und den haarsträubenden Honoraren bei unserem gemeinsamen Abendessen. Noch immer brachte uns Jean alles, was wir brauchten. Ein Anruf bei dem kleinen Restaurant genügte, und wenig später stand es auf unserem Tisch.  
    Es hatte sich fast nichts geändert. Fast nichts – außer die Leere und Traurigkeit, die mich erfüllte, wenn ich den großen, leergefegten Esstisch sah, an dem Alain immer gearbeitet hatte. Christin hatte die Sachen mit den Worten: „Das Haus erinnert dich schon genug an ihn“ weggeräumt.  
    Doch nicht nur das Haus erinnerte mich an Alain. Auch die stillen, einsamen Nächte raubten mir den Schlaf. Mein Alkohol- und Tablettenkonsum erlebte einen enormen Aufschwung.  
    Hätte Christin dies bemerkt, wäre mir eine Standpauke sicher gewesen. Doch ich tat es heimlich, nachts, wenn ich allein in meinem Zimmer stand und aus dem Fenster starrte.  
    „Es wird Zeit, dass du dich mal wieder draußen blicken lässt“, überfiel mich Christin eines Abends und zog mich zum Kleiderschrank. „Hier, anziehen“, forderte sie und drückte mir einen dunkelgrauen Anzug in den Arm.  
    „Ich bin noch immer in Trauer, Christin.“  
    „Deshalb ja auch die gedeckte Farbe. Los komm, mach schon. Es ist nur ein kleiner Empfang. Ein junger Künstler stellt seine Bilder vor und hat ein paar Gäste eingeladen. Es wird dir gut tun, und dir zeigen, dass dich die Leute nicht fressen wollen.“  
    Widerwillig zog ich mich um. Wenn Christin sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, blieb mir eh keine andere Wahl, als ihr nachzugeben.  
    Wir fuhren zu einer Galerie am Ufer der Seine. Bei dem kleinen Empfang, wie Christin es genannt hatte, handelte es sich um eine ausgewachsene Vernissage. Hochgestellte Persönlichkeiten aus der Mode- und Künstlerbranche standen umher, tranken Champagner und betrachteten gelangweilt die Bilder. Bei diesen handelte es sich ausnahmslos um wässrig hingeworfene Landschaften. Ich konnte ihnen schon auf den ersten Blick nichts abgewinnen.  
    Als wir eintraten, wandten sich alle Augen in unsere Richtung.  
    „Christin“, flüsterte ich und umfasste ihr Handgelenk.  
    „Sie schauen doch nur. Lass sie“, flüsterte sie zurück und setzte ein Lächeln auf. „Komm, ich stell dich dem Künstler vor.“  
    Dieser war ein bärtiger, schüchterner Typ, der die ganze Zeit nervös seine Finger knetete.  
    „Ich freue mich, Sie zu meiner Ausstellung begrüßen zu dürfen, Monsieur Sherkow“, haspelte er schnell herunter.  
    Ich zuckte bei diesem Namen zurück. Ja, unter dem Namen war ich hier bekannt. Alain hatte dafür gesorgt.  
    „Darf ich Ihnen ein paar meiner Werke zeigen?“  
    Der Bärtige zog mich zu einer Wand und begann auf mich einzureden. Seine Stimme war zittrig und schrill. Jemand hielt mir ein Tablett mit Champagner entgegen. Ich griff mir gleich zwei Gläser.  
    „… und das ist ein Hauch von Morgenröte über dem Baikalsee.“  
    Ich horchte auf. „Sie waren schon einmal am Baikalsee?“  
    „Ähm, nein“, antwortete der Künstler schnell. „Aber ich habe mal eine Reportage darüber gesehen, die mich sehr inspiriert hat. Wenn Ihnen das Bild gefällt, würde ich mich freuen, es Ihnen als Leihgabe zu übergeben.“  
    Ich trank das zweite Glas aus und stellte es auf einem Tisch ab. „Nein, danke. In Natura ist der Baikal um einiges beeindruckender. Ich bevorzuge den direkten Anblick.“  
    Ich wendete mich von ihm ab und suchte zwischen den Besuchern nach Christin. Sie stand bei einer Gruppe Frauen und lachte.  
    „Christin. Ich will gehen“, flüsterte ich ihr eindringlich ins Ohr.  
    „Oh, Monsieur Sherkow … oder darf ich Nik sagen?“ Eine rothaarige Mittvierzigerin lächelte mich an. „Ich bin ja so froh, dass Christin es geschafft hat, Sie zu einem Besuch in der Öffentlichkeit zu bewegen. Wir haben Ihren Anblick so vermisst. Ich möchte Ihnen mein

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